Das Schwebebahn-Komplott
Kind in der Stadt. Deshalb könnte es interessant
werden, den Feinden mal auf den Busch zu klopfen.«
»Das klingt
logisch«, musste sie zugeben.
»Sag ich
doch.« Mit einem triumphierenden Grinsen ließ er sie
alleine. ›Eins zu null‹, dachte er euphorisch. Dann
kehrte er an sein Pult zurück. Dass ein reicher
Geschäftsmann zahlreiche Bekannte hatte, war nicht von der
Hand zu weisen. Sicherlich gab es unter diesen Bekannten nicht nur
Freunde. Aber wer war Feind, wer Freund Spielsbergs gewesen? Wo
konnte man mehr über Spielberg erfahren? Zunächst in
seinem Büro.
In der Schublade des
Schreibtisches wühlte Stefan nach dem Telefonbuch und suchte
den Namen. Einen Augenblick später hatte er den
Anrufbeantworter des Büros an der Strippe. Eine weibliche
Stimme erklärte, dass das Büro zur Zeit nicht besetzt sei
und man gerne eine Nachricht auf Band hinterlassen könne. Man
würde bei nächster Gelegenheit
zurückrufen.
Darauf konnte Stefan
verzichten.
Also musste er wieder
los.
*
Briller Viertel, beste
Wohnlage. Er parkte den Käfer unter einem der weit ausladenden
Bäume. Wie er aus dem Telefonbuch erfahren hatte, wohnte
Spielberg am Dr. Tigges-Weg in Elberfeld.
Als Stefan ausstieg
und sich einen Weg durch die hier geparkten Nobelkarossen bahnte,
registrierte er die himmlische Ruhe des Villenviertels. Nur wenn
der Wind ungünstig stand, konnte man das entfernte Rauschen
der Autobahn hören. Dazu musste man allerdings den Atem
anhalten. Naserümpfend betrachtete er die dunklen Limousinen,
vornehmlich die mit der bayerischen Niere im Kühlergrill
und die mit dem
schwäbischen Protzstern auf dem wuchtigen Kühler. Einmal
mehr wunderte sich Stefan über die prunkvolle architektonische
Vielfalt der Häuser. Es gab keinen Stil, den es zum Ende des
neunzehnten Jahrhunderts nicht im Briller Viertel gegeben hatte.
Seltsamerweise war ein Großteil der Gebäude vom Krieg
verschont geblieben und bis zum heutigen Tage erhalten. So auch die
Villa von Rolf Spielberg, auf die Stefan jetzt zielstrebig
zumarschierte. Es war ein imposantes Domizil mit zahlreichen,
dunkelrot verklinkerten Giebeln und einem hoch aufragenden
Satteldach, in das mehrere Gauben eingelassen worden waren. Die
Sprossenfenster und der Natursteinsockel erinnerten eher an ein
altes, englisches Landhaus als an eine Fabrikantenvilla mitten im
Bergischen Land. Die dreigeschossige Pracht lag inmitten eines
parkähnlichen Gartens, der von einer halbhohen Sandsteinmauer
eingeschlossen wurde. Ein breiter Kiesweg führte auf das
Portal zu, das von zwei Marmorlöwen bewacht wurde, die die
breiten Stufen flankierten.
Die Vögel
zwitscherten, als Stefan die Treppe betrat und den goldenen
Klingelknopf drückte. Neben der Eingangstür erkannte er
ein ebenfalls vergoldetes Täfelchen mit der Aufschrift Rolf
Spielberg, Immobilienmakler. Wie Stefan vermutete, diente die Villa
Spielberg sowohl als Wohnhaus wie als Arbeitsplatz. Wahrscheinlich
hatte er sich im Erdgeschoss ein geräumiges Büro
eingerichtet, in dem er seine Klientel empfangen hatte.
Als sich im Haus
nichts rührte, betätigte der Reporter die Klingel noch
einmal. Wieder ertönte im Innern der Villa ein dezenter Gong.
Stefan lauschte. Nichts, keine Schritte, die heranschlurften, kein
Hundegebell, kein verhaltenes Flüstern. Stille.
Mit einem
enttäuschten Seufzer auf den Lippen wandte Stefan sich um und
schaute in den Garten. Wie nicht anders erwartet, war der Rasen
pedantisch kurz geschnitten - vermutlich mit einer
Nagelschere.
Sein Blick glitt an
der Fassade der Villa hoch. Dabei berührte er mit dem Arm
leicht die Tür und stellte überrascht fest, dass sie
lediglich angelehnt war. Sein Herz schlug einige Takte schneller.
Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Er spähte durch den
Türspalt. Abgestandene Luft wehte ihm entgegen, ansonsten
erkannte er nicht viel, da die Halle in völliger Dunkelheit
vor ihm lag. Noch immer lauschte er angestrengt in die herrschende
Stille im Inneren des luxuriösen Hauses. Seine berufliche
Neugier war erwacht.
Sollte er es
riskieren?
Sekundenlang haderte
Stefan mit sich, bevor er einen letzten Blick über die
Schulter warf. Was sollte schon geschehen? Er war ja nicht
eingebrochen, hatte dem Sekretariat des Maklers einen ganz
offiziellen Besuch abstatten wollen. Die Luft war rein. Ein Schritt
über die Schwelle und Stefan würde mehr wissen. Hoffte er
jedenfalls. Ein letztes Mal atmete er tief durch, dann war er in
der Villa verschwunden. Also, auf ins
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