Das Schwebebahn-Komplott
residierte? Wenn das alles stimmte und er noch
eins und eins zusammenzählen konnte, dann näherten sie
sich der Lösung des Falls mit riesengroßen
Schritten.
22.
Kapitel
Langsam wuchs seine
innere Unruhe.
Nervös scharrte
er mit den Stiefelspitzen im weichen Waldboden herum und warf einen
Blick auf die Armbanduhr. Noch fast zwei Stunden. Er wusste schon
gar nicht mehr, wie lange er sich bereits in diesem Versteck
aufhielt. Dennoch: In zwei Stunden sollte es endlich soweit sein.
Dann würde sich herausstellen, ob sich die Mühen der
letzten Tage gelohnt hatten. Dann war die Stunde der Entscheidung
gekommen, und wenn alles klappte, war er noch heute um eine halbe
Million reicher. Genug Geld, um seine Schulden abzuzahlen, genug
Geld, um sich ein schönes Leben zu machen. Er hatte es satt,
jeden Cent zweimal umzudrehen, bevor er ihn ausgab. Er war jung,
wollte verreisen, vielleicht irgendwo im Süden ein neues Leben
beginnen. Verdient hatte er es sich.
Jetzt reckte er seine
lahmen Knochen und erhob sich. Das Zwitschern der Vögel
hörte er schon gar nicht mehr - diese Idylle war nur
trügerisch. Er musste auf der Hut sein. Noch zwei Stunden. Das
monotone Rauschen der nahen Autobahn drang an seine Ohren. Obwohl
man die Bahn durch das dichte Grün des Waldes nicht sah, so
war man sich doch stets bewusst, mitten in der Zivilisation zu
stehen. Daran konnte auch der Barmer Stadtwald nichts ändern.
Vorsichtig drückte er die Äste zur Seite. Die Luft war
rein - er befand sich alleine am Rande der Lichtung. Nun konnte er
es wagen. Wachsam verließ er sein Versteck. Eilig huschte er
hinüber zum hölzernen Pavillon, der Wanderern bei einem
Unwetter Unterschlupf bieten sollte. Der Wetterschutz befand sich
mitten auf einer Rodung. Von hier aus konnte man unten im Tal die
ersten Lichter der Stadt erkennen. In der Ferne schälte sich
ein Wasserturm aus dem Dunst. War es der Hatzfelder Wasserturm?
Oder der Nächstebrecker?
Es war ihm egal.
Scheißegal.
Wenn alles klappte,
dann gehörte die Bewegung 12. April in den nächsten zwei
Stunden der Vergangenheit an. Und wenn nicht...
Er wagte kaum, sich
diesen Gedanken auszumalen.
Es musste
klappen.
Wind kam auf. So
plötzlich, dass er über das bedrohliche Rauschen in den
Wipfeln der hohen Bäume erschrak. Beunruhigt blickte er sich
um. Er war noch immer alleine. Wieder blickte er sich um: in die
Richtung, aus der er gekommen war. Nein, von hier aus konnte man
sein Versteck nicht ausmachen. Auch das Motorrad konnte man nicht
sehen. Er hatte es sorgfältig mit Zweigen abgedeckt. Direkt
vor dem Holzpavillon führten zwei breite Waldwege zusammen und
bildeten so einen Rundwanderweg, der von der
Kaiser-Wilhelm-Höhe hinüber zum Pilgerheim im Barmer Wald
führte.
Ein Unwetter kam auf;
unter das Rascheln des Waldes mischte sich jetzt ein entfernter
Donnerschlag. Der Himmel hatte sich zugezogen. Dicke, unheilvolle
Wolken zogen über das Tal und bauschten sich zu einer
schwarzen Wand auf. Mit einem teuflischen Grinsen auf den Lippen
betrachtete er das Naturschauspiel. In der Ferne grollte bereits
der erste Donnerschlag. Es war wie eine passende Kulisse zu einem
Theaterstück.
Zu seinem
Theaterstück.
Ja, der Abend
würde stimmungsvoll enden. Jetzt war er sich seiner Sache
sicher. Alles würde gut ausgehen. Bestimmt.
*
»Das ist keine
Straße, das ist ein Zustand«, schimpfte Stefan,
während er den Käfer durch die enge Gasse schleuste. Er
wagte nicht daran zu denken, was geschehen würde, wenn ihm
jetzt ein anderes Fahrzeug entgegenkam.
»Beeil dich
bitte«, drängte Peter. Seine Unruhe wuchs. Nervös
kaute er auf der Unterlippe, während er vornüber gebeugt
auf dem Beifahrersitz kauerte. »Wir sind unmittelbar vor dem
Ziel, das spüre ich.«
»Was ist denn,
wenn Heike sich gar nicht hier aufhält?«, fragte Stefan
gallig. »Sollte dieser Gembowsky tatsächlich hier
wohnen, dann wäre er ein Idiot, seine Geisel hier
aufzubewahren. So dumm kann er gar nicht sein.«
»Warte es ab.
Vielleicht gehen wir mal sensibler vor als die Mannschaft von
diesem Ulbricht.« Peter schürzte die Lippen »Unser
Auto ist unauffälliger als die Polizeiwagen. Ich kann mir
bildhaft vorstellen, wie die Polizei mit einer Hundertschaft hier
auftaucht und das Haus von diesem Gembowsky durchsucht. Wenn er
tatsächlich eine Leiche im Keller hat, dann hat er sie
vermutlich nicht in diesem Keller aufbewahrt.«
»Peter -
bitte.«
Als Heikes Bruder sich
seiner Worte bewusst wurde, schoss ihm das Blut in
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