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Das Schwebebahn-Komplott

Das Schwebebahn-Komplott

Titel: Das Schwebebahn-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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schon so
klappen«, erwiderte Stefan und tat einen Schritt über
die Schwelle. Sand und Gesteinsbrocken knirschten unter seinen
Sohlen. Es roch muffig, irgendwie nach Verwesung. Wie er erfreut
feststellte, huschte kein Ungeziefer um seine Füße. Nach
wenigen Sekunden hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit
gewöhnt. Sie befanden sich in einem großen Raum, der von
der Aufteilung her an eine Halle in alten englischen
Herrenhäusern erinnerte. Eine steile Treppe führte in das
obere Stockwerk.
    »Willst du da
hoch?«, fragte Peter und blickte sich naserümpfend um.
»Womöglich brechen die morschen Holzstufen unter unserer
Last.«
    Stefan zuckte mit den
Schultern. »Dieser Müll hier überall; die alten
Möbel. Als hätte jemand das Haus fluchtartig verlassen,
um nie mehr zurückzukehren.«
    »Ja«,
stimmte Peter ihm zu. »Das ist wie in einem Gruselfilm. Man
ist vor Jahrzehnten vor einem Geist geflüchtet, der hier sein
Unwesen treibt.«
    Jetzt musste Stefan
leise lachen. »In dieser Bruchbude? Peter, ich bitte dich:
Auch Gespenster haben ihre Ehre. Das hier ist unter aller
Sau.«
    »Denkst du
...« Peter wurde jäh unterbrochen. Ein Geräusch
hatte ihn verstummen lassen. Im oberen Stockwerk hatte etwas
gepoltert. Sie hielten den Atem an und lauschten.
    »Was war
das?«, flüsterte Peter.
    »Der
Geist«, erwiderte Stefan und marschierte die Stufen
hoch.
    *
    Er hatte sich selten
so mies gefühlt.
    Michael Eckhardt war
lange genug Journalist. Er hatte genug erlebt, oft genug über
Schutzgelderpresser berichtet, um zu wissen, dass sich nicht selten
Psychopathen unter ihnen befanden. Jetzt steckte er selber in einem
solchen Fall. ›Augen zu und durch‹, hatte er sich
selbst Mut gemacht. Am späten Nachmittag hatte ihm Ulbricht
den präparierten Karton in die Redaktion gebracht,
der nach Wünschen der Bewegung 12. April die halbe Million
beinhalten sollte. Natürlich befanden sich nur alte Zeitungen
in der Pappschachtel, doch als Köder genügte das auch.
Die Techniker des Polizeipräsidiums hatten den Karton mit
einem winzigen Peilsender versehen. Sollte es den Polizisten nicht
gelingen, den Boten direkt am Ubergabeort zu stellen, dann
würde es ein Leichtes sein, ihn anhand des Senders ausfindig
zu machen. Heute endlich hatte die letzte Stunde der unseligen
Bewegung 12. April geschlagen.
    Ein Gefühl der
Genugtuung stieg in Eckhardt auf, als er den Wagen am
Schuchardplatz parkte und die Lichter abschaltete. Sekundenlang
hockte er vornüber gebeugt hinter dem Lenkrad seines Autos und
starrte hinaus in die Nacht. Die Straßenlaternen tauchten den
verlassenen Platz in ein bizarres, unwirkliches Licht. Vor wenigen
Minuten hatte es zu regnen begonnen. Zunächst ein aus der
Ferne kommendes Donnergrollen, und wenig später hatte ein
wahrer Platzregen eingesetzt, der sich jetzt den Weg in den
trockenen Waldboden der Konradswüste suchte. Eckhardt schlug
den Kragen seines Trenchcoats hoch und stieß mit einem
energischen Ruck die Wagentür auf. Er griff nach dem Karton,
den er auf dem Beifahrersitz deponiert hatte und stemmte sich ins
Freie. Die Luft roch würzig, nach Regen und Wald. Endlich war
die Hitze der vergangenen Tage vorüber. Eckhardt mochte diese
Sommergewitter, konnte stundenlang voller Faszination auf die
Blitze schauen, die vom Himmel zuckten. Nur heute hatte er andere
Sorgen.
    Möglichst
unauffällig blickte er hinüber zu dem Kastenwagen, der
etwas abseits stand. Wie Eckhardt wusste, war der Lieferwagen nicht
so verlassen, wie er nach außen hin wirkte. Im Laderaum des
Mercedes versahen Polizisten ihren Dienst, überwachten die
Zufahrtsstraßen zur Konradswüste an Monitoren und
standen in permanentem Funkkontakt zu ihren Kollegen. Der Erpresser
konnte nicht entkommen. Sämtliche Zufahrtsstraßen waren
abgeriegelt. Wer erst mal hier oben im Wald war, kam unbehelligt
nicht wieder ins Tal.
    Eckhardt atmete ein
letztes Mal tief durch und blickte auf die Armbanduhr, bevor er die
Wagentür zuschlug. Das satte Plopp durchschnitt das monotone
Prasseln des Regens wie ein Schuss die Stille der Nacht.
    »Eine Minute vor
elf«, sagte er zu sich selbst und überquerte die
Straße, als hinter ihm ein Motor aufheulte. Die Typen waren
früh. Er blickte sich um und erkannte unter den tief
hängenden Ästen des Waldes einen Scheinwerfer, der
förmlich auf ihn zuflog. Das Knattern des Motors
übertönte sogar das Grummeln des
Donners.          
    Ein Scheinwerfer?
Eckhardt stutzte.
    Ein einziger
Scheinwerfer? Dann

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