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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Glücksspiel Aufmerksamkeit zu schenken. Es waren sechsunddreißig Stunden vergangen, seit die Polizei von Baltimore County ihre eidliche Aussage aufgenommen hatte (über eine kettenrauchende, mit zwei Fingern tippende Schreibkraft:
    »Schauen Sie, ob Sie das Fenster da aufkriegen, wenn der Rauch Sie stört.«) und sie aus ihrem Gerichtsbezirk mit einer Mahnung entließ, daß Mord kein Bundesverbrechen sei.
    Die Nachrichten des Sendernetzes am Sonntagabend zeigten Starlings Streit mit den Kameraleuten vom Fernsehen, und sie hatte das untrügliche Gefühl, daß sie tief in der Scheiße steckte.
    Und die ganze Zeit hindurch kein Wort von Crawford oder von der Außenstelle Baltimore. Es war, als ob sie ihren Bericht in ein Loch hinuntergeworfen hätte.
    Das Kasino, in dem sie nun stand, war klein - es war in einem Möbelwagenanhänger in Betrieb gewesen, bis das FBI es aufflie -
    gen ließ und in der Schule als Lehrmittel aufbaute. Der enge Raum war mit Polizisten aus vielen Verwaltungsbezirken überfüllt; Starling hatte dankend die Sitzplätze von zwei Texas Rangern und einem Detektiv von Scotland Yard abgelehnt.
    Der Rest ihrer Klasse befand sich den Gang hinunter im Akade-miegebäude und suchte im echten Motelteppich des Schlafzimmers für Sexualverbrechen nach Haaren und bestäubte die ›Bank in der Stadt X‹ mit Pulver für Fingerabdrücke. Starling hatte als Studentin der höheren Semester für Gerichtsmedizin so viele Stunden mit Untersuchungen und Fingerabdrücken verbracht, daß sie statt dessen zu dieser Vorlesung geschickt wurde, die zu einer Vortragsreihe für Polizisten auf Besuch gehörte.
    Sie fragte sich, ob es einen anderen Grund dafür gab, daß man sie von der Klasse getrennt hatte: Vielleicht isolieren sie dich, bevor du rausfliegst.
    Starling stützte sich mit den Ellbogen auf die das Spielfeld des Würfeltischs umgrenzende Linie und versuchte sich auf die Transaktionen illegaler Gelder beim Glücksspiel zu konzentrie -
    ren. Worüber sie jedoch nachdachte, war, wie sehr das FBI es haßte, seine Agenten außerhalb der offiziellen Pressekonferenzen im Fernsehen zu sehen.
    Dr. Hannibal Lecter war ein gefundenes Fressen für die Medien, und die Baltimorer Polizei hatte Reportern fröhlich Starlings Namen geliefert. Immer wieder sah sie sich in den Sonntags-abendnachrichten des Sendernetzes. Da war ›Starling vom FBI‹ in Baltimore und hämmerte mit dem Wagenhebergriff gegen die Garagentür, während der Kameramann versuchte, darunter durch-zugleiten. Und hier war ›Federal Agent Starling«, wie sie sich mit dem Wagenhebergriff in der Hand dem Assistenten zuwandte.
    Bei der Rivalensendergruppe hatte die Station WPIK, die keinen eigenen Film besaß, ein Gerichtsverfahren wegen Körperverletzung gegen ›Starling vom FBI‹ und das Bureau selbst angekündigt, da der Kameramann Staub- und Rostteilchen in die Augen bekam, als Starling gegen die Tür schlug.
    Jonetta Johnson vom WPIK war landesweit in jedem Fernseher mit der Enthüllung zu sehen, daß Starling die Überreste in der Garage durch ›eine unheimliche Bindung mit einem Mann gefunden hatte, den Sachverständige als... Monster! gebrandmarkt haben‹.
    WPIK hatte offensichtlich eine Quelle in der Anstalt.
    FRANKENSTEINS BRAUT! schrie der National Tattier von seinen Supermarktregalen.
    Vom FBI gab es keinen öffentlichen Kommentar, doch innerhalb des Bureaus gab es bestimmt jede Menge davon, dessen war Starling sicher.
    Beim Frühstück hatte einer ihrer Klassenkameraden, ein junger Mann, der reichlich After-shave trug, Starling als ›Melvin Pelvis‹
    bezeichnet, eine dumme Wortspielerei mit dem Namen von Melvin Purvis, Hoovers G-Man Nummer eins in den dreißiger Jahren.
    Was Ardelia Mapp zu dem jungen Mann sagte, ließ ihn erblei-chen, und er ließ sein Frühstück unangetastet auf dem Tisch stehen.
    Nun fand Starling sich in einem merkwürdigen Zustand, in dem sie nicht überrascht werden konnte. Einen Tag und eine Nacht lang hatte sie sich der klingenden Stille eines Tauchers ausgesetzt gefühlt. Sie hatte vor, sich zu verteidigen, wenn sie die Gelegenheit dazu bekam.
    Der Dozent drehte das Rouletterad, während er sprach, ließ je -
    doch die Kugel nie fallen. Als sie ihn so betrachtete, war Starling überzeugt, daß er die Kugel in seinem Leben nie hatte fallen lassen. Er sagte gerade etwas: »Clarice Starling.« Warum sagte er
    ›Clarice Starling«? Das bin ich.
    »Ja«, sagte sie.
    Der Dozent deutete mit dem Kinn auf die Tür hinter

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