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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Evangelist die Arme aus.
    »Dr. Lecter, wir beide wissen, was dies ist. Man ist überzeugt, daß Sie mit mir reden werden.«
    Schweigen. Unten im Korridor pfiff jemand ›Over the Sea to Skye‹.
    Nach fünf Minuten sagte sie: »Es war sonderbar, dort hinzuge-hen. Irgendwann würde ich gern mit Ihnen darüber sprechen.«
    Starling zuckte zusammen, als das Essenstablett aus Lecters Zelle rollte. In dem Tablett lag ein sauberes, gefaltetes Handtuch.
    Sie hatte nicht gehört, daß er sich bewegte.
    Sie sah es an, nahm es mit einem merkwürdigen Gefühl der Schwäche und rieb sich das Haar trocken. »Danke«, sagte sie.
    »Warum fragen Sie mich nicht nach Buffalo Bill?« Seine Stimme war nahe, auf gleicher Höhe mit ihr. Er mußte ebenfalls auf dem Boden sitzen.
    »Wissen Sie etwas über ihn?«
    »Vielleicht, wenn ich den Fall sehen würde.«
    »Ich habe diesen Fall nicht«, sagte Starling.
    »Sie werden diesen hier auch nicht haben, wenn man damit fertig ist, Sie benutzt zu haben.«
    »Ich weiß.«
    »Sie könnten die Akten über Buffalo Bill bekommen. Die Berichte und die Bilder. Ich würde es gern sehen.«
    Darauf wette ich. »Dr. Lecter, Sie haben damit angefangen. Nun erzählen Sie mir bitte was über die Person im Packard.«
    »Sie haben eine ganze Person gefunden? Merkwürdig. Ich habe nur einen Kopf gesehen. Wo ist denn Ihrer Meinung nach der Rest hergekommen?«
    »Schon gut. Wessen Kopf war es?«
    »Was können Sie berichten?«
    »Man hat erst die Vorarbeit geleistet. Weißer, etwa siebenund-zwanzig, amerikanische wie auch europäische zahnärztliche Arbeiten. Wer war er?«
    »Raspails Liebhaber. Raspail, unser Flötenbläser.«
    »Wie haben die Umstände ausgesehen - wie ist er gestorben?«
    »Umschweife, Officer Starling?«
    »Nein, ich werde es später fragen.«
    »Lassen Sie mich Ihnen etwas Zeit ersparen. Ich hab's nicht getan; es war Raspail. Raspail mochte Matrosen. Dies war ein skan-dinavischer namens Klaus noch was. Raspail hat mir nie den Nachnamen gesagt.« Dr. Lecters Stimme sank tiefer. Vielleicht lag er auf dem Boden, überlegte Starling. »Klaus kam von einem schwedischen Boot in San Diego. Raspail lehrte dort einen Sommer am Konservatorium. Der junge Mann machte ihn wild. Der Schwede roch eine gute Sache und haute von seinem Boot ab. Sie kauften so ein scheußliches Wohnmobil und tanzten wie die Sylphiden nackt durch die Wälder. Raspail behauptete, der junge Mann sei untreu, und erwürgte ihn.«
    »Hat Raspail Ihnen das erzählt?«
    »0 ja, unter dem vertraulichen Siegel der Therapiesitzungen.
    Es war wohl eine Lüge. Raspail hat die Tatsachen immer ausge-schmückt. Er wollte gefährlich und romantisch erscheinen. Der Schwede starb wahrscheinlich bei irgendeiner banalen erotischen Asphyxiepraktik. Raspail war zu schlaff und schwach, um ihn er-würgt zu haben. Ist Ihnen aufgefallen, wie dicht Klaus unter dem Kiefer abgesäbelt wurde? Wahrscheinlich, um ein durch Hängen erzeugtes hohes Ligaturmal zu entfernen.«
    »Aha.«
    »Raspails Traum vom Glück war zerstört. Er packte Klaus' Kopf in eine Bowlingtasche und kam nach Osten zurück.«
    »Was hat er mit dem Rest gemacht?«
    »Ihn in den Hügeln begraben.«
    »Hat er Ihnen den Kopf im Wagen gezeigt?«
    »O ja, im Verlauf der Therapie entwickelte er allmählich das Ge-fühl, daß er mir alles erzählen konnte. Er ging aus, um ziemlich oft bei Klaus zu sitzen, und zeigte ihm die Valentinsbilder.«
    »Und dann ist Raspail selbst... gestorben. Warum?«
    »Offen gestanden, ich bekam sein Gejammer gründlich satt.
    Das Beste für ihn, wirklich. Die Therapie brachte nichts. Vermutlich haben die meisten Psychiater ein oder zwei Patienten, die sie gern an mich verweisen würden. Ich habe mich nie zuvor darüber unterhalten, und nun wird es mir langweilig.«
    »Und Ihr Abendessen für die Orchesterfunktionäre?«
    »Haben Sie noch nie Leute zu Besuch und keine Zeit zum Einkaufen gehabt? Sie müssen sich mit dem begnügen, was im Kühlschrank ist, Clarice. Darf ich Sie Clarice nennen?«
    »Ja. Ich glaube, ich werde Sie einfach -«
    »Dr. Lecter nennen - das scheint Ihrem Alter und Ihrer Position höchst angemessen«, sagte er.
    »Ja.« »Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie in die Garage gingen?«
    »Ängstlich.«
    »Warum?«
    »Mäuse und Insekten.«
    »Haben Sie etwas, dessen Sie sich bedienen, wenn Sie sich Mut zusprechen wollen?« fragte Dr. Lecter.
    »Nichts, das meines Wissens funktioniert, ausgenommen auf das aus zu sein, hinter dem ich her

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