Das Schweigen der Laemmer
Journalistin. »Ach, Officer, wir wollen in jeder Hinsicht kooperieren. Offen gestanden, dieses Team kostet Geld, und ich möchte nur wissen, ob ich es überhaupt hierlas-sen soll, bis die anderen Beamten kommen. Werden Sie mir sagen, ob eine Leiche da drin ist? Die Kamera läuft nicht, nur zwischen uns. Sagen Sie's mir, und wir werden warten. Wir werden brav sein, ich verspreche es. Wie steht's?«
»An Ihrer Stelle würde ich warten«, sagte Starling.
»Danke, das werden Sie nicht bereuen«, sagte Jonetta Johnson.
»Sehen Sie, ich habe einige Informationen über Split City Mini-Storage, die Sie wahrscheinlich gebrauchen könnten. Würden Sie mit Ihrer Taschenlampe auf die Cliptafel leuchten? Mal sehen, ob ich es hier finden kann.«
»Die fahrbare WEYE-Anlage ist gerade ins Tor eingebogen, Jo-ney«, sagte der Mann, Harry.
»Ah, hier ist es. Vor zwei Jahren gab es einen Skandal, als man zu beweisen versuchte, daß Split City Tauschhandel trieb und -
was war es gleich, Feuerwerkskörper? - einlagerte.« Jonetta Johnson schaute einmal zu oft über Starlings Schulter.
Starling drehte sich um und sah den Kameramann auf dem Rücken, mit Kopf und Schulter in der Garage; der Assistent hockte neben ihm, bereit, die Minikamera unter der Tür durchzu-reichen.
»Hey!« sagte Starling. Sie fiel neben ihm auf dem nassen Boden auf die Knie und zog ihn am Hemd. »Sie können da nicht hinein-gehen. Hey! Ich habe Ihnen doch verboten, das zu tun.«
Und die ganze Zeit über redeten die Männer in einem fort sanft auf sie ein. »Wir werden nichts berühren. Wir sind Profis, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Die Polizei wird uns sowieso reinlassen. Es ist in Ordnung, Schätzchen.«
Ihre schmeichlerischen Einschläferungsversuche ließen sie aus-rasten.
Sie rannte zu einem Wagenheber am Ende der Tür und betätigte den Griff. Mit schrillem Knirschen senkte die Tür sich fünf Zentimeter. Sie betätigte ihn erneut. Nun berührte die Tür die Brust des Mannes. Als er nicht hervorkam, zog sie den Griff aus der Muffe und trug ihn zu dem flach hingestreckten Kameramann zurück.
Es flammten weitere helle Kamerascheinwerfer auf, und in ihrem grellen Licht schlug sie mit dem Wagenhebergriff fest gegen die Tür über ihm, so daß Staub und Rost auf ihn hinunterrieselten.
»Geben Sie acht«, sagte sie. »Sie hören nicht zu, oder? Kommen Sie da raus. Jetzt. Noch eine Sekunde, und Sie werden wegen der Vernichtung von Beweismitteln verhaftet.«
»Immer mit der Ruhe!« entgegnete der Assistent. Er legte die Hand auf sie. Sie drehte sich zu ihm um. Hinter dem grellen Licht wurden schreiend Fragen gestellt, und sie hörte Sirenen.
»Hände weg und verschwinde, Freundchen.« Sie stand auf dem Knöchel des Kameramanns und blickte dem Assistenten ins Gesicht, den Wagerhebergriff an ihrer Seite herunterhängend. Sie hob ihn nicht hoch. Das war auch gut so. Im Fernsehen sah sie auch so schon schlecht genug aus.
9. Kapitel
Im Halbdunkel schienen die Gerüche des Trakts für Gewaltver-brecher durchdringender. Ein Fernsehapparat, der ohne Ton auf dem Korridor lief, warf Starlings Schatten an die Gitter von Dr.
Lecters Zelle.
Sie konnte nicht in das Dunkel hinter den Gittern sehen, doch sie wollte den Pfleger nicht bitten, das Licht von seiner Station aus heller zu stellen. Der ganze Trakt würde sofort erleuchtet, und sie wußte, daß die Polizei von Baltimore County das Licht stunden-langvoll angehabt hatte, während sie Lecter schreiend mit Fragen bombardierte. Er hatte sich geweigert zu reden, doch dadurch reagiert, daß er für sie ein Origami-Hühnchen faltete, das pickte, wenn man den Schwanz auf und ab bewegte. Wütend hatte der rangälteste Polizeibeamte das Hühnchen in der Eingangshalle im Aschenbecher zerdrückt, als er Starling mit einer Geste bedeutete, hineinzugehen.
»Dr. Lecter?« Sie hörte ihr eigenes Atmen und Atmen weiter unten den Gang entlang, doch kein Atmen aus Miggs' leerer Zelle. Miggs' Zelle war ungemein leer. Sie spürte ihre Stille wie einen Luftzug.
Starling wußte, daß Lecter sie aus dem Dunkel heraus beobachtete. Es vergingen zwei Minuten. Ihre Beine und ihr Rücken schmerzten von ihrem Kampf mit der Garagentür, und ihre Kleidung war feucht. Weit genug vom Gitter entfernt setzte sie sich auf ihren Mantel auf den Boden, die Füße unter sich angezogen, und schob ihr nasses, verschmutztes Haar über ihren Kragen, damit es ihr nicht mehr am Hals klebte.
Hinter ihr auf dem Bildschirm breitete ein
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