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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Washington kommend, überquerte sie bei starkem abendlichen Gegenverkehr den Potomac River.
    Der junge Mann am Steuer schien einen gewaltigen Respekt vor Crawford zu haben und fuhr mit übertriebener Vorsicht, fand Starling. Sie konnte es ihm nicht verübeln; es war ein Glaubensar-tikel in der Akademie, daß der letzte Agent, der unter Crawfords Kommando eine Sache voll in den Sand gesetzt hatte, nun Diebstähle in den Radarabwehranlagen entlang des nördlichen Polar-kreises untersuchte.
    Crawford war schlechter Laune. Neun Stunden waren vergangen, seit er die Fingerabdrücke und Bilder des Opfers gesendet hatte, und sie war noch immer nicht identifiziert. Zusammen mit den Troopern von West Virginia hatten er und Starling bis in die Dunkelheit hinein ergebnislos die Brücke und das Flußufer abge-sucht.
    Starling hatte gehört, wie er vom Flugzeug aus telefonierte und eine Nachtschwester für zu Hause bestellte.
    Die schlichte FBI-Limousine schien nach dem Blue Canoe wunderbar ruhig, und das Reden war einfacher.
    »Ich werde das Notstandsbulletin und den latenten Beschreibungsindex verschicken, wenn ich Ihre Abdrücke mit zum Erkennungsdienst hochnehme«, sagte Crawford. »Sie fassen mir einen Zusatz für die Akte ab. Einen Zusatz, keinen 302 - wissen Sie, wie man das macht?«
    »Ich weiß, wie.«
    »Angenommen, ich bin die Kartei, sagen Sie mir, was es Neues gibt.«
    Sie brauchte einige Sekunden, um es zusammenzubekommen -
    sie war froh, daß Crawford anscheinend mehr an dem Gerüst am Jefferson Memorial interessiert war, an dem sie vorbeifuhren.
    Der latente Beschreibungsindex im Computer des Erkennungsdiensts vergleicht die charakteristischen Merkmale eines Verbrechens, das untersucht wird, mit den bekannten Neigungen von in der Kartei erfaßten Kriminellen. Wenn der Index auf ausgespro-chene Ähnlichkeiten stößt, schlägt er Verdächtige vor und produ-ziert ihre Fingerabdrücke. Ein menschlicher Operator vergleicht dann die Fingerabdrücke in der Kartei mit am Tatort entdeckten latenten Abdrücken. Von Buffalo Bill gab es noch keine Abdrücke, doch Crawford wollte gerüstet sein.
    Das System erfordert kurze, präzise Angaben. Starling versuchte, mit einigen aufzuwarten.
    »Weiß, weiblich, späte Teenjahre oder Anfang zwanzig, erschossen, unterer Torso und Oberschenkel abgebalgt -«
    »Starling, der Index weiß bereits, daß er junge weiße Frauen umbringt und ihre Torsos abhäutet - verwenden Sie im übrigen
    ›abhäutet‹, ›abgebalgt‹ ist ein ungewöhnlicher Begriff, den ein anderer Beamter vielleicht nicht benutzt, und Sie können nicht sicher sein, ob das verdammte Ding ein Synonym liest. Er weiß bereits, daß der Täter sie in Flüssen ablädt. Er weiß nicht, was hier neu ist. Was ist hier neu, Starling?«
    »Dies ist das sechste Opfer, das erste skalpierte, das erste, dem dreieckige Lappen von den Schultern hinten entfernt wurden, das erste, das in die Brust geschossen wurde, das erste mit einem Kokon im Hals.« »Sie haben abgebrochene Fingernägel vergessen.«
    »Nein, Sir, sie ist das zweite Opfer mit abgebrochenen Fingernägeln.«
    »Sie haben recht. Hören Sie, notieren Sie in Ihrem Zusatz für die Akte, daß der Kokon vertraulich ist. Wir werden ihn zum Eliminieren falscher Geständnisse verwenden.«
    »Ich frage mich, ob er das schon früher gemacht hat- einen Kokon oder ein Insekt zu plazieren«, sagte Starling. »Es wäre ein leichtes, das bei einer Autopsie zu übersehen, besonders bei einer Wasserleiche. Sie wissen, der ärztliche Leichenbeschauer sieht eine offensichtliche Todesursache, es ist heiß da drinnen, und man will damit fertig werden... können wir das zurückverfolgen?«
    »Wenn wir müssen. Sie können sich darauf verlassen, daß die Pathologen behaupten, sie würden nichts übersehen, ist doch klar. Die Leiche der Jane Doe aus Cincinnati ist noch draußen im Kühlraum. Ich werde sie bitten, sie sich anzusehen, doch die anderen vie r sind unter der Erde. Exhumierungsanordnungen rütteln die Leute wach. Wir mußten es bei vier Patienten machen, die unter Dr. Lecters Betreuung verschieden sind, nur um uns davon zu überzeugen, woran sie starben. Lassen Sie sich gesagt sein, es bedeutet sehr viel Ärger, und es verstimmt die Verwandten. Ich mache es, wenn ich muß, aber warten wir erst mal, was Sie im Smithsonian herausfinden, bevor ich mich entscheide.«
    »Skalpieren... das ist doch selten, oder?«
    »Ungewöhnlich, ja«, entgegnete Crawford.
    »Dr. Lecter hat aber gesagt,

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