Das Schweigen der Laemmer
entfernt. Die Achsel-haare ebenfalls. Schauen Sie, wie sie sich den Flaum auf der Ober- lippe gebleicht hat. Sie hat ziemlich auf ihr Äußeres geachtet, aber sie hat sich eine Zeitlang nicht darum kümmern können.«
»Was ist mit der Wunde?«
»Ich weiß nicht«, sagte Starling. »Ich hätte gesagt, eine Aus-trittsschußwunde, bis auf die Tatsache, daß das da oben wie der Abdruck eines Halsbands und eines Maulkorbs aussieht.«
»Gut, Starling. Es ist eine Kontakteintrittswunde über dem Brustbein. Die Explosionsgase breiten sich zwischen dem Knochen und der Haut aus und sprengen den Stern um das Loch heraus.«
Auf der anderen Seite der Wand keuchte eine Orgel, als der Gottesdienst vor der Leichenhalle begann.
»Unrechtmäßiger Todesfall«, steuerte Dr. Akin kopfnickend bei. »Ich muß mindestens bei einem Teil dieses Gottesdienstes dabeisein. Die Familie erwartet immer von mir, daß ich die letzten Meter mitgehe. Lamar wird Ihnen hier drin helfen, sobald er das musikalische Opfer dargebracht hat. Ich nehme Sie beim Wort, daß Sie Beweismaterial für den Pathologen in Claxton sicherstel-len, Mr. Crawford.«
»An der linken Hand hier hat sie zwei Fingernägel abgebrochen«, sagte Starling, als der Doktor weg war. »Sie sind nach hinten hoch im lebenden Fleisch abgebrochen, und es sieht aus, als seien Schmutz oder irgendwelche harten Partikel unter einige der anderen eingedrungen. Können wir Beweismaterial mitnehmen?«
»Nehmen Sie Schmutzproben und ein paar Splitter Nagellack«, sagte Crawford. »Wir sagen's ihnen, nachdem wir die Ergebnisse erhalten haben.«
Lamar, ein hagerer Leichenhallenassistent mit Säufernase, kam herein, während sie damit beschäftigt war. »Sie müssen wohl mal Maniküre gewesen sein«, sagte er.
Sie waren froh festzustellen, daß die junge Frau keine Fingerna-gelspuren in den Handflächen hatte - ein Indiz dafür, daß sie, wie die anderen, gestorben war, bevor ihr noch irgend etwas anderes angetan wurde.
»Wollen Sie ihr die Abdrücke mit dem Gesicht nach unten abnehmen?« fragte Crawford.
»Wäre einfacher.« »Machen wir zuerst die Zähne, und dann kann Lamar uns helfen, sie umzudrehen.«
»Nur Bilder oder eine Tabelle?« Starling befestigte das Zubehör für die Zahnabdrücke an der Vorderseite der Fingerab-druckkamera, innerlich erleichtert, daß alle Teile im Beutel waren.
»Nur Bilder«, entgegnete Crawford. »Eine Tabelle kann einen ohne Röntgenbilder aus dem Konzept bringen. Mit den Bildern können wir einige der fehlenden Frauen eliminieren.«
Lamar war mit seinen Organistenhänden sehr behutsam.
Nach Starlings Anweisung öffnete er den Mund der jungen Frau und zog ihre Lippen zurück, so daß Starling ihr die Eins-zu-eins-Polaroid gegen das Gesicht legen konnte, um die Vorderzähne in allen Einzelheiten aufzunehmen. Dieser Teil war leicht, doch sie mußte die Backenzähne mit einem Gaumenspie -
gel fotografieren und von der Seite auf das Leuchten durch die Wange achten, um sicherzugehen, daß der Röhrenblitz um das Objektiv herum die Mundhöhle beleuchtete. Beim gerichtsmedizinischen Unterricht hatte sie nur gesehen, wie es gemacht wurde.
Starling sah zu, wie der erste Polaroid-Abzug der Backenzähne sich entwickelte, regulierte die Helligkeitskontrolle und versuchte es erneut. Dieser Abzug war besser. Er war sehr gut.
»Sie hat etwas im Hals«, sagte Starling,
Crawford betrachtete das Bild. Es zeigte ein dunkles zylindri-sches Objekt direkt hinter dem Gaumensegel. »Geben Sie mir die Taschenlampe.«
»Wenn eine Leiche aus dem Wasser kommt, hängen oft Blätter und so Sachen im Mund«, sagte Lamar und half Crawford beim Betrachten.
Starling nahm eine Zange aus ihrem Beutel. Sie blickte Crawford über die Leiche hinweg an. Er nickte. Es dauerte nur eine Sekunde, bis sie es hatte.
»Was ist es, eine Art Samenschote?« fragte Crawford.
»Nee, Sir, das ist ein Insektenkokon«, sagte Lamar. Er hatte recht.
Starling legte ihn in ein Glas.
»Vielleicht wollen Sie den County Agent einen Blick drauf werfen lassen«, meinte Lamar. Mit dem Gesicht nach unten ließen sich von der Leiche mühelos Abdrücke machen. Starling war auf das Schlimmste gefaßt gewesen - es waren jedoch keine der ermüdenden und kniffligen Injek-tionsmethoden oder Fingerlinge notwendig. Für die Abdrücke verwendete sie dünnes Verarbeitungsmaterial, das in einem wie ein Schuhlöffel geformten Gerät steckte. Sie machte auch einen Satz Fußsohlenabdrücke, für den Fall, daß sie als
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