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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Martin, und sie sagte es zu sich selbst. »Wir sind besser als dieser Raum.
    Wir sind besser als dieser verdammte Ort«, sagte sie laut. »Wir sind besser als das, wo auch immer er dich gefangenhält. Hilf mir.
    Hilf mir. Hilf mir.« Einen Augenblick lang dachte sie an ihre verstorbenen Eltern. Sie fragte sich, ob sie sich ihrer nun schämen würden - nur diese Frage, nicht ihre Zweckmäßigkeit, keine Qua-lifikationen - so, wie wir sie immer stellen. Die Antwort war nein, sie würden sich ihrer nicht schämen.
    Sie wusch sich das Gesicht und ging auf den Gang hinaus.
    Der Pfleger Alonzo stand mit einem versiegelten Päckchen von Crawford im Korridor. Es enthielt eine Landkarte und Anweisungen. Sie las sie beim Ganglicht rasch durch und drückte auf den Knopf, damit Barney sie einlassen konnte.

25. Kapitel
    Dr. Lecter saß an seinem Tisch und studierte seine Korrespondenz. Starling fand es einfacher, sich der Zelle zu nähern, wenn er sie nicht anschaute.
    »Doktor.«
    Schweigen gebietend hielt er einen Finger hoch. Als er seinen Brief zu Ende gelesen hatte, saß er versonnen da, den Daumen seiner sechsfingerigen Hand unter dem Kinn und den Zeigefinger gegen die Nase. »Was halten Sie von dem hier?« fragte er und legte das Dokument in das Essenstable tt.
    Es war ein Brief vom Bundespatentamt.
    »Dies betrifft meine Kreuzigungsuhr«, sagte Dr. Lecter. »Sie wollen mir kein Patent geben, raten mir aber, das Gesicht urheber-rechtlich zu schützen. Hier, schauen Sie.« Er legte eine Zeichnung in der Größe einer Serviette in das Tablett, und Starling zog sie durch. »Sie haben vielleicht bemerkt, daß die Hände bei den meisten Kreuzigungen auf, sagen wir, viertel vor drei oder frühestens auf zehn vor zwei weisen, während die Füße auf sechs sind. Auf diesem Zifferblatt ist Jesus am Kreuz, wie Sie da sehen, und die Arme drehen sich, um die Zeit anzuzeigen, genau wie die Zeiger bei den beliebten Disney-Uhren. Die Füße bleiben auf sechs, und oben im Heiligenschein dreht sich ein kleiner Sekundenzeiger.
    Was meinen Sie?«
    Die Qualität der anatomischen Skizze war sehr gut. Der Kopf war ihrer.
    »Sie werden sehr viel an Detail verlieren, wenn es auf Arm-banduhrengröße reduziert wird«, sagte Starling.
    »Stimmt, leider, aber denken Sie an die Normaluhren. Meinen Sie, dies sei ohne Patent sicher?«
    »Sie würden Quartzuhrwerke kaufen - oder etwa nicht? -, und die sind bereits patentiert. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, Patente beziehen sich nur auf einzigartige mechanische Entwürfe, und ein Urheberrecht bezieht sich auf Muster.«
    »Sie sind aber keine Rechtsanwältin, oder? Das braucht man doch beim FBI nicht mehr.«
    »Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu machen«, sagte Starling und öffnete ihren Aktenkoffer.
    Barney war im Anmarsch. Sie machte den Aktenkoffer wieder zu. Sie beneidete Barney um seine ungeheure Ruhe. Seine Augen zeigten keine positiven Anzeichen von Rauschgift, und es steckte beachtliche Intelligenz hinter ihnen.
    »Verzeihung«, sagte Barney. »Wenn Sie sich mit einer Menge Papierkram herumschlagen müssen, gibt es ein Schulpult im Wandschrank, das die Psychiater benutzen. Wollen Sie's?«
    Schulimage. Ja oder nein?
    »Können wir uns jetzt vielleicht unterhalten, Dr. Lecter?«
    Der Doktor hob eine offene Handfläche hoch.
    »Ja, Barney. Danke.«
    Nun sitzend und Barney in sicherer Entfernung.
    »Dr. Lecter, die Senatorin hat ein bemerkenswertes Angebot.«
    »Das entscheide ich. Haben Sie so schnell mit ihr gesprochen?«
    »Ja. Sie hält nichts zurück. Dies ist alles, was sie hat. Verhan-deln kommt also nicht in Frage. Nur dies, alles, ein einziges Angebot.« Sie sah von ihrem Aktenkoffer hoch.
    Dr. Lecter, Mörder von neun Menschen, hatte die Fingerspit-zen unter der Nase gegeneinandergelegt und beobachtete sie. Hinter seinen Augen war unendliche Nacht.
    »Wenn Sie uns helfen, Buffalo Bill so rechtzeitig zu finden, daß Catherine Martin unversehrt gerettet werden kann, bekommen Sie folgendes: Verlegung ins Krankenhaus der Veteran's Administration in Oneida Park, New York, in eine Zelle mit Blick auf die Wälder rings ums Krankenhaus. Die maximalen Sicherheitsmaß-
    nahmen gelten nach wie vor. Man wird Sie bitten, dabei zu helfen, mit einigen Insassen bundesstaatlicher Anstalten durchgeführte schriftliche psychologische Tests auszuwerten, allerdings nicht unbedingt Insassen, die Ihre eigene Anstalt teilen. Sie werden die Beurteilungen blind machen. Keine Identitäten. Sie werden

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