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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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wenn Sie wollen. Sie hat mich einmal gesehen, bevor sie hierher kam. Mit einer Meute Tunichtgute im Wald von Chedworth.«
    »Chedworth –? Was hat unser Wildhüter dort gemacht?«
    »Ich nehme mir ab und zu einen Tag frei. Nachdem ich mehr als dreißig Jahre für Ihren Vater und davor für seinen Vater gearbeitet habe, steht mir das zu, nicht wahr?«
    »Aber was –?«
    »Diese Männer sind Wilderer, aber nicht hier, Mylord. Nicht, nachdem ich sie einmal erwischt habe. Sie hatten massenweise Rebhühner mit dem Netz gefangen.«
    »Wann war das? Ich erinnere mich nicht, davon gehört zu haben. Haben Sie sie zum Wachtmeister gebracht?«
    »Das ist lange her. Und nein, hab ich nicht. Einer von diesen Männern war kaum mehr als ein Junge. Ein anderer hatte eine Frau, die gerade das erste Kind erwartete. Ich konnte es nicht. Also hab ich eine Art Handel mit ihnen gemacht. Sie würden nie mehr einen Fuß auf den Besitz von Brightwell setzen, und ich würde sie nicht vor Gericht bringen.«
    »Aber kann man sich auf das Wort eines Wilderers verlassen?«
    »Ich sage nicht, dass ich ihnen vertraut habe. Jedenfalls nicht Borcher und diesem anderen Schuft. Grobe, ungehobelte Hunde sind das. Also bin ich ihnen gefolgt, verstehen Sie, und sie haben es nicht gemerkt, den ganzen Weg zurück in den Wald von Chedworth, wo sie ihr Lager haben.«
    Edward kratzte sich am Hals. »Wollen Sie mir sagen, Sie wären Miss Keene begegnet, als Sie dieses eine Mal dort waren? Das ist doch lächerlich.«
    »Nein, ich gehe alle zwei Wochen hin, so ungefähr.«
    »Warum? Stecken Sie mit ihnen unter einer Decke? Ich kann mir keinen anderen Grund vorstellen, warum jemand eine solche Entfernung auf sich nehmen sollte, außer um davon zu profitieren.«
    »Können Sie das nicht? Ich hätte Ihnen mehr Vorstellungskraft zugetraut, junger Mann. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand wildert, ist viel geringer, wenn ein Mann den Bauch voll hat.«
    Edward blickte den alten Wildhüter scharf an. Er wollte ihn verletzen, so wie er selbst verletzt worden war. »Wer ist Alice Croome?«
    Das Gesicht des Mannes wurde schlaff und dann wie versteinert. Ein misstrauisches Licht leuchtete in seinen verwaschenen Augen auf. »Was hat Ihr Vater Ihnen erzählt?«
    »Ich weiß nicht, wer mein Vater ist. Wissen Sie es?« Als Croome zögerte, zischte Edward: »Sind Sie es?«
    Der alte Mann riss die Augen weit auf und gab ein bellendes freudloses Lachen von sich. »Anscheinend haben Sie doch Fantasie, allerdings eine verdorbene. Wenn ich wüsste, wer Ihr Vater war, hätte ich ihn schon vor langer Zeit für alles umgebracht, was er meiner süßen Alice angetan hat. Aber sie wollte mir nie sagen, wer ihr Gewalt angetan hatte. Ausgerechnet ihr, die keiner Fliege etwas zuleide tun konnte.«
    »Alice war Ihre …«
    »Mein Mädchen. Meine eigene Tochter.« Seine Stimme zitterte. »Das liebenswürdigste Geschöpf, das Gott je geschaffen hat.«
    Croomes Tochter. Es wurde immer schlimmer. »Wo ist sie jetzt?«
    »Was hat Lord Brightwell Ihnen dazu gesagt?«
    »Er hat mir überhaupt nichts gesagt.«
    »Wie haben Sie es dann erfahren?«
    Edward schüttelte den Kopf und stieß ein schnaubendes Lachen aus. »Von meinem alten Kindermädchen. Die ehrwürdige Miss Peale vergisst in diesen Tagen sehr viel und erinnert sich gleichzeitig an Dinge, die sie eigentlich vergessen sollte.«
    Croome schien tief in Gedanken versunken und nickte verständnisvoll.
    Edward musterte ihn. »Anscheinend ist sie nicht die Einzige, die die Geschichte kennt, denn wir haben mehr als einen Drohbrief erhalten. Sie wissen nicht zufällig etwas darüber?«
    Croome machte ein böses Gesicht. »Ich weiß nichts von Drohbriefen, außer dem von Borcher. Meinen Sie, ich würde die Hand gegen Sie erheben und Ihnen Schaden zufügen? Ich? Wenn Sie alles sind, was mir in dieser Welt von den Meinen geblieben ist? Und warum habe ich Lintons Angebot für den doppelten Lohn abgelehnt? Und Sackvilles, der mir noch einmal die Hälfte mehr geboten hat, und dazu ein Haus, das nicht über mir zusammenbricht? Warum bleibe ich hier? Wo sich niemand außer mir für den Wald und das Wild interessiert? Seit dem vierten Earl hat es keinen Sportsmann mehr gegeben. Bin ich hiergeblieben und hab auf den richtigen Augenblick gewartet, damit ich Ihnen eines Tages einen Drohbrief schreiben kann? Niemals!«
    Es brachte Edward durcheinander, so viele Sätze auf einmal von dem wortkargen Mr Croome zu hören.
    »Verzeihen Sie mir. Ich habe nicht

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