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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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geglaubt.«
    »Aber sogar er hält Lord Brightwell für meinen Vater!«
    Tränen liefen über Dorotheas Wangen. »Wenn wir nur damals nicht die römischen Ruinen besucht hätten.« Sie schüttelte den Kopf. »Ruinen, in der Tat.«
    »Ich dachte, wenn es wahr wäre, würde das erklären …«, begann Olivia, aber Tränen schnürten ihr die Kehle zu.
    Lord Brightwell fügte hinzu: »Ich habe Olivia gebeten, mir zu erlauben, dass ich sie öffentlich als mein Mündel annehme, obwohl wir uns nicht sicher sein konnten, dass sie meine Tochter ist. Aber Olivia hat sich standhaft geweigert. Sie muss es irgendwie in ihrem Herzen geahnt haben.«
    »Oh Olivia.« Zerknirscht schüttelte ihre Mutter den Kopf. »Deshalb habe ich mich nicht zu erkennen gegeben, als Lord Brightwell das erste Mal hier war. Ich dachte, du wärst vielleicht glücklicher mit ihm, anstatt wieder mit mir und meinem traurigen Los vereint zu sein.«
    »Olivia war trostlos, Sie verloren zu haben«, erklärte Lord Brightwell. »Ich könnte nie Ihren Platz einnehmen.«
    Leise rannen die Tränen über Olivias Gesicht.
    »Es tut mir leid, dass dir all das zugestoßen ist, Olivia. Am meisten tut es mir leid, dass du so schlecht von deinem Vater gedacht hast.« Ihre Mutter legte die Hand ans Kinn. »Das Leben war nicht immer so grässlich, oder? Wir kamen zeitweilig ganz gut miteinander aus, wenn dein Vater nüchtern war …«
    Olivia fühlte sich wie taub. Ihre Mutter sprach weiter, doch ihre Worte wurden undeutlich.
    Stattdessen hörte sie das Klirren von Gläsern, das leise Gewirr männlicher Stimmen und die tiefe Stimme ihres Vaters, die sagte: »Mein kluges Mädchen.« Die Herzlichkeit dieses Lobs erfüllte sie. Ein undurchdringlicher Schleier legte sich auf ihren Blick, und ihre Mutter und Lord Brightwell verschwammen. Wie lange hatte sie nicht mehr an die Abende am Feuer gedacht, an Zahlenspiele am Küchentisch und wie ihr Vater gesungen hatte? Zu lange. Ja, es hatte schlechte Zeiten gegeben. Und sie hatte sie abgehakt wie Zahlen in einer Spalte, ohne daran zu denken, die guten Zeiten mit zu berücksichtigen. Sie hatte die Bücher gefälscht.
    Plötzlich war es Olivia peinlich, die Freundlichkeit des Earls so in Anspruch genommen zu haben. Ja, sie hatte ihm ihre Zweifel genannt. Aber sie hatte es zugelassen, dass er weiter hoffte und dass ihre Beziehung wuchs.
    Lord Brightwell saß neben ihr und hielt noch immer ihre Hand. Sogar fester als vorher. Aber Olivia spürte, wie sie sich innerlich zurückzog. Edwards Gesicht erschien vor ihrem inneren Auge. Seine Miene voller Verachtung. Wie zufrieden würde er sein, wenn er erfuhr, dass sie doch keinen Anspruch an den Earl hatte.
    Olivia wischte sich die Augen. Ihr wurde klar, dass sie noch etwas Anderes bekennen musste. »Als wir das Schlimmste fürchteten, Mama«, begann sie, »öffnete ich den Brief in deiner kleinen Börse. Lord Brightwell und ich brachten ihn zu deiner Mutter und deiner Schwester.«
    Dorothea riss die Augen weit auf und erblasste. »Ich wünschte, ihr hättet das nicht getan.«
    »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, versicherte ihr Olivia. »Deine Mutter und deine Schwester haben mich in ihrem Haus willkommen geheißen. Auch Tante Georgianas Mann. Sie sind sehr freundlich, Mama, und Großmutter bedauert die lange Trennung zwischen euch. Ich weiß, dass sie dich auch sehr gern sehen würden.«
    »Meinst du wirklich?«
    Olivia hatte ihre Mutter selten so unsicher erlebt. »Begleitest du mich zurück zu den Crenshaws? Es wird ein ziemlicher Schock für sie sein, das gebe ich zu. Wir dachten, wir würden dich nie wiedersehen. Es wird ein wunderbarer Schock sein, das versichere ich dir.«
    »Ich weiß nicht … Vielleicht kannst du ihnen die Neuigkeit beibringen, und wenn sie mich wirklich treffen wollen … könntest du mir schreiben und es mir mitteilen?«
    »Bist du sicher? Du könntest jetzt mit mir zusammen dorthin fahren und ihnen persönlich begegnen.«
    Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Das ist alles zu plötzlich. Und ich habe hier jetzt meine Schülerinnen. Vielleicht ein anderes Mal?«
    »Könnte ich dann heute Nacht bei dir bleiben?«, fragte Olivia. »Meinst du, es würde den Schwestern etwas ausmachen? Ich möchte dich nicht schon so bald wieder verlassen, nachdem ich dich gerade erst wiedergefunden habe.«
    Dorothea lächelte. »Du kannst mein Zimmer mit mir teilen. Dagegen werden sie nichts haben.«
    Lord Brightwell stand auf und schlug vor: »Ich könnte Ihnen morgen die

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