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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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wiederholte die Frau. »Keiner ist bereit, ihn abzulösen.«
    Der Wachtmeister deutete mit einem Nicken auf die Frau. »Meine gute Ehefrau.«
    »Bei was hat der Bedienstete des Earls Sie erwischt?«, erkundigte sich Mrs Hackam. »Beim Stehlen?«
    Ein Earl? »Nein«, protestierte Olivia. »Ich habe nichts ge-«
    »Keine Zeit, mir Ihre Jammergeschichte jetzt anzuhören, Mädchen. Ich hab ein Gasthaus zu führen, und wir sind heute Abend proppenvoll.«
    »Proppenvoll.« Seine Frau nickte zustimmend.
    Mr Hackam fasste Olivias Ellbogen. »Heute Abend kommen Sie erst einmal in die Arrestzelle, und wir kümmern uns morgen um die Sache.«
    Der Wachtmeister führte sie aus dem Nebenzimmer der Gaststätte, durch eine Seitentür hinaus und zu einem fensterlosen achteckigen Gebäude in etwa 20 Meter Entfernung.
    »Gericht wird hier in meinem bescheidenen Gasthof regelmäßig gehalten, aber die Friedensrichter sind heute alle in Brightwell Court und ich kann mir Ihren Fall momentan nicht anhören.«
    Er schloss die schwere Tür auf und schob sie energisch, aber nicht grob ins Innere. Die Tür fiel hinter Olivia zu und ließ sie in völliger Dunkelheit zurück. Sie hörte, wie der Schlüssel knirschend herumgedreht wurde und die Schritte sich entfernten. Müdigkeit und Angst überfielen sie, und sie hätte nicht sagen können, was davon überwog.
    War das Gottes Strafe für ihre Tat? Sie machte sich erneut große Vorwürfe, nicht direkt zum Pfarrhaus gegangen zu sein.
    Olivia zwinkerte und versuchte, ihre Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Es war doch nicht völlig dunkel – ein kleiner roter Punkt glühte ein paar Meter von ihr entfernt. Das Auge einer Ratte? Nein, eine brennende Zigarre. Plötzlich flackerte eine Flamme auf und erwachte zum Leben. Sie beleuchtete einen großen Mann, der einen Kerzenstummel in der einen und eine Zigarre in der anderen Hand hielt.
    Ihr sank das Herz, und ihr Magen zog sich zusammen. Borcher!
    Der riesige Mann hob die Kerze hoch und spähte zu ihr hin. Sie betete, dass er sie nicht von ihrer Begegnung in Chedworth Wood erkennen würde.
    »Schau mal einer an, was haben wir denn da?« Er trat näher und hielt ihr die Kerze nahe ans Gesicht. Im tanzenden Licht verzogen sich seine fetten Lippen zu einem raubtierhaften Grinsen. »Die wilde Göre aus dem Wald.«
    »Nein, ich –«
    Er warf die Kerze beiseite und rammte Olivia hart gegen die Tür. Schmerz schoss ihr durch den Rücken. Sie drehte sich zur Tür und hämmerte mit den Fäusten dagegen. »Hilfe! Zu Hilfe, bitte!« Ihre Schreie brachen jäh ab, als Borcher ihr eine Hand auf den Mund schlug und sie mit der anderen am Arm packte und ruckartig zurückriss. Er kicherte ihr teuflisch ins Ohr und sein stinkender Atem würgte sie.
    »Ich hab dir gesagt, ich würde dich kriegen, Mädchen, und jetzt hab ich dich.«
    Sie wehrte sich und versuchte zu schreien, aber hinter seiner dicken Hand drang nur ein gedämpftes Murmeln hervor. In ihrem Kopf drehte sich alles. Nein, nein, nein! Sie öffnete den Mund und versuchte, ihm in die Hand zu beißen.
    »Nicht noch einmal, Schätzchen.« Er zog seine Hand weg, jedoch nur, um ihren Hals mit beiden Händen zu umklammern. Er drückte zu, bis Olivia dachte, seine Daumen würden ihre Luftröhre zerdrücken. In ihrer Kehle platzte etwas.
    Olivia würgte und kämpfte gegen den Schmerz und das Ersticken. Sie wurde von Panik ergriffen, als sie sich abquälte, um wenigstens eine winzige Menge Luft einzusaugen. Hatte ihre Mutter die gleiche Erfahrung gemacht? Wenigstens war es Olivia gelungen, sie zu retten. Oh Gott , betete sie lautlos. Bitte vergib mir. Ich wollte ihn nur aufhalten … Sie hoffte, er würde es kein zweites Mal versuchen. Bitte halte deine Hand über ihr , flehte Olivia lautlos, als ihr Bewusstsein sich trübte und die Tore des Denkens sich fest verschlossen.
    Es wurde schwarz um sie.
    Vage nahm sie ein Geräusch wahr. Ein Schlüssel im Schloss? Die Tür wurde donnernd aufgeschlagen, wobei Olivia nichts von dem Laternenlicht sehen konnte, das zweifellos hereinflutete. Borcher knurrte und stieß sie unsanft weg, während er sie losließ. Sie wäre zu Boden gefallen, doch starke Arme fingen sie auf. Sie versuchte zu atmen, doch ihre Kehle fühlte sich wie zugeschnürt, wie zerquetscht an. Sie keuchte schmerzerfüllt auf und nahm den Schweißgeruch eines Mannes und Rauch aus einer Pfeife wahr. Röchelnd schnappte sie nach Luft und merkte, dass ihr Sehvermögen zurückkehrte. Der Wachtmeister stellte sie

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