Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
verbreitet hat. Ich schäme mich für das, was ich gerade gesagt habe.« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Ich bin momentan nicht ich selbst.«
    Edward grinste halbherzig. »Ich auch nicht.«
    Lord Brightwell sah nachdenklich zu Boden. »Felix ist jung und verantwortungslos und lässt bereits Anzeichen davon erkennen, dass er in Sebastians zügellose Fußstapfen tritt. Trotzdem ist er nicht so ein Schuft, wie mein Bruder es war. Zumindest jetzt noch nicht. Ich werde mich darum kümmern, dass er versorgt ist. Und Judith und die Kinder natürlich auch.«
    »Hmm«, machte Edward und schüttelte den Kopf. »Es ist seltsam. Judith hat oft Bemerkungen darüber gemacht, dass sie und ich uns ähnlicher sehen als sie und Felix. Ich frage mich, ob sie eine Ahnung hatte, wie nah sie der Wahrheit kam.«
    »Ich bezweifle es.«
    »Jetzt verstehe ich, warum du mich vor ihren romantischen Vorstellungen gewarnt hast.«
    »Ja. Du siehst, mein Junge, du bist wirklich ein Bradley. Mein einziger Sohn und der älteste Sohn deines Onkels – zumindest soweit wir wissen.«
    »Aber das Gesetz …«
    »Geh mir weg mit dem Gesetz.«
    »Nein, Vater. Das ändert nichts daran, was ich bin. In den Augen des Gesetzes kann ich nicht dein Erbe sein.«
    »Dann müssen die Augen des Gesetzes wegschauen.«
    Edward schüttelte grimmig den Kopf. »Die verschleierte Frau würde dir nicht zustimmen.«

47
     
Frauen sahen die Gouvernante als Bedrohung ihres Glücks.
M. Jeanne Peterson, Suffer and Be Still
     
    Als die Post an diesem Tag kam, schnappte sich Judith einen Brief von Hodges und begab sich schnell nach oben. Edward beobachtete sie mit trauriger Ergebenheit.
    Ein paar Minuten später betrat er Judiths private Räume zum ersten Mal in seinem Erwachsenenleben. Er tat dies, ohne anzuklopfen.
    Judith saß an einem eleganten Damenschreibtisch, über die Nachricht gebeugt.
    »Hallo Judith. Wieder ein Brief?«
    Sie hob den Kopf mit scharfem Blick und musterte sein Gesicht. »Ja … aber er ist nur von Mama.« Sie machte eine lässige Handbewegung und begann, das einzelne Blatt wieder zusammenzufalten.
    »Darf ich?«, fragte er mit gespielter Gleichgültigkeit und streckte seine Hand aus. Ihre Blicke verfingen sich. Als sie ihm den Brief nicht aushändigte, zog er ihn ihr aus den Fingern.
    Er holte den ersten Drohbrief aus seiner Tasche und verglich die beiden, als wären sie nichts Bedeutsameres als zwei verschiedene Zeitungsberichte desselben Ereignisses. »Und wie geht es Mama dieser Tage?«, fragte er gleichmütig.
    Sie beobachtete ihn mit reglosen Zügen und wachsamen Augen. Mit überzeugendem Desinteresse antwortete sie: »Es geht ihr ganz gut, denke ich.«
    »Das vermute ich. Jetzt, wo sie Grund hat zu glauben, dass ihr Sohn Brightwell Court erben wird.«
    »Wird er das?«, fragte Judith mit verräterisch hoher Stimme.
    »Es ist wahrscheinlich, wie du gut weißt. Hier sagt sie, und das finde ich sehr interessant: ›Siehst du Anzeichen dafür, dass er nachgibt? Oder muss ich noch einmal schreiben?‹«
    Judith schluckte. »Das könnte sich auf etwas völlig Beliebiges beziehen.«
    Edward steckte sich beide Briefe in die Tasche. »Wie lange weißt du es schon?«
    Sie betrachtete ihn mit ruhigen, großen blauen Augen. »Wir sind schließlich nicht diejenigen, die Unrecht getan haben«, sagte sie und ließ jede Verstellung fallen.
    »Nichts Illegales, auf jeden Fall. Es sei denn, man nimmt deinen Anteil bei dem Erpressungsversuch hinzu.«
    Ihre hellen Brauen hoben sich.
    »Ja, nach deinem Besuch – oder war es deine Mutter – war der Ehemann der Hebamme inspiriert, es mit einer Erpressung zu versuchen.«
    Sie schüttelte den Kopf, die Lippen leicht geöffnet. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten. Der tattrige alte Narr schien seinen eigenen Namen kaum zu kennen, als ich bei ihm war. Er erinnerte sich, dass seine Frau etwas über seltsame Vorgänge in Brightwell Court vor vielen Jahren murmelte. Ja, es hätte vielleicht mit einem Baby zu tun, aber so genau könne er das nicht sagen.« Sie zuckte die Achseln. »Ich habe vielleicht ein Geheimnis angedeutet, aber niemals Erpressung vorgeschlagen.«
    »Trotzdem denke ich, dass der Wachtmeister den Zusammenhang höchst interessant finden könnte. Als Friedensrichter finde ich es jedenfalls sehr interessant.«
    »Ich habe mit diesem Kreuzzug nicht angefangen«, verteidigte sich Judith. »Und ich habe darauf bestanden, dass Mama eine Weile Ruhe gibt, nachdem Lady Brightwell gestorben

Weitere Kostenlose Bücher