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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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war.«
    Sie schob ihren Stuhl zurück und erhob sich. »Sie sagt, dass sie und Vater immer einen Verdacht hatten. Der Arzt kam, und ging mit keiner Neuigkeit über die Geburt. Jeder war überzeugt, dass Lady Brightwell wieder ein ›Missgeschick‹ erlitten hatte. Und dann taucht plötzlich ein völlig gesunder Junge auf.«
    Judith bewegte sich träge durchs Zimmer. »Das waren natürlich nur Gerüchte, und nachdem du von Kopf bis Fuß wie ein Bradley aussiehst, wurde nichts unternommen. Aber dann hatte dein Vater dieses Lungenfieber – wann war das, vor sieben oder acht Jahren? Und mein Vater dachte, es würde sich lohnen, die Situation genauer zu betrachten. Er versuchte, die Hebamme zu finden, aber sie war bereits verstorben. Als Nächstes suchte er den Doktor auf, aber du weißt ja, wie Ärzte sind. Alle ganz der Gentleman, professionell und diskret. Zu erfolgreich, um sich von einem kleinen Bestechungsgeld, wie mein Vater es hätte anbieten können, kaufen zu lassen.« Sie atmete tief aus. »Also ließ er die Dinge wieder auf sich beruhen. Und dann starb er selbst, während dein Vater sich wieder erholte.«
    Sie drehte sich um und schaute ihm in die Augen. »Aber weißt du, Edward, dein liebes altes treues Kindermädchen wird langsam alt. Ihr Verstand lässt nach. Sie plappert immer wieder, dass mein Alexander dir in diesem Alter so ähnelt, und wie das nur möglich sein kann. Ich sagte ihr, es sei nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass du und ich Cousin und Cousine sind. ›Cousin und Cousine?‹, sagte sie und lachte, als hätte ich einen guten Witz gemacht. Das erste Mal hielt ich sie einfach nur für verwirrt. Ich dachte, wegen meines Ehenamens hätte sie vergessen, dass du und ich miteinander verwandt sind. Aber oft schien sie sich ihrer Sache ganz sicher zu sein. Ganz klar bei Verstand.«
    »Das ist natürlich kein Beweis«, sagte Edward und klang seiner Überzeugung nach glaubwürdig unbekümmert.
    »Brauchen wir denn einen Beweis?«, fragte sie rhetorisch. »Alles, was wir tun müssen, ist die Frage im Oberhaus mit genügend Indizien aufzubringen, sodass sie deinen Vater fragen. Würde er seine Landsleute anlügen? Mit seinen Taten vielleicht, aber nicht mit Worten, wenn er direkt angesprochen wird.«
    Beim Gedanken, dass sein Vater öffentlich von seinesgleichen verurteilt werden könnte, zuckte Edward zusammen.
    »Und dann bist da noch du, edler Edward. Du würdest nicht den rechtmäßigen Platz eines anderen Mannes einnehmen, wenn du wüsstest, wie du es jetzt tust, dass du keinen Anspruch darauf hast.«
    »Du schmeichelst mir, Judith. Aber wie kannst du so viel von jemand halten, der so niedrig geboren ist?«
    »Es ist alles eine Frage der Erziehung, nehme ich an.«
    »Du klingst wie Vater.« Edward blickte sie prüfend an und Traurigkeit machte sich in ihm breit. »Warum hast du das getan, Jude?«
    Sie zuckte die Achseln und erwiderte leichtfertig: »Ich hatte Angst, es nicht anders zu schaffen. Wieder in eingeschränkten Verhältnissen leben zu müssen. Du weißt, es war mir zuwider, damit aufzuwachsen, dass ständig Geschäftsinhaber und Geldeintreiber an die Tür klopften. Mein Vater hat all sein Geld verspielt und dann das Vermögen meiner Mutter, sodass ich mich kaum passend für den Eintritt in die Gesellschaft ausstatten konnte.«
    »In meinen Augen sahst du immer gut aus.«
    »Es hat mir nicht viel genützt. Ich habe einen schneidigen Marineoffizier geheiratet und war davon überzeugt, er würde im Krieg ein Vermögen machen. Stattdessen war ich am Ende eine Witwe ohne Vermögen und hatte noch die Kinder einer anderen Frau zu versorgen.«
    »Aber Vater sorgt finanziell für dich, oder nicht?«
    »Ja, aber wie lange?«
    Er wartete auf eine nähere Erklärung. Nachdem sie nun einmal angefangen hatte zu reden, schien sie bereit, alles aufzudecken.
    »Ich gebe zu, ein Teil von mir erfuhr nur sehr ungern von deiner niedrigen Geburt, denn das machte meine Pläne zunichte. Ich hatte gedacht, du und ich könnten heiraten, sobald meine Trauerzeit vorbei wäre.«
    »Dachtest du das?«
    Verlegen sprach sie schnell weiter, bevor er ähnliche Gedanken bestätigen oder leugnen konnte. »Du hast die Kinder so gern und als Freund von Dominick fühlst du eine gewisse Verantwortung.«
    »Das ist wahr.«
    Sie warf ihm einen Blick zu und wandte sich dann wieder ab. »Aber du hast Miss Harrington den Hof gemacht und sogar Miss Keene. Wenn du eine andere Frau heiraten würdest, wäre sie vielleicht nicht

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