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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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unverdienten Heiligenschein.
    »Mein Vater verlangt das nicht von dir. Du bist seine Nichte. Er wird dich immer lieben.«
    Ihre runden Schultern bebten, aber er spürte keine Befriedigung, keinen Sieg. Denn egal, ob sie blieb oder fortging – in seinem Herzen hatte er sich von dieser Frau verabschiedet, die er seit der Kindheit geliebt hatte, als Kameradin, Cousine, Vertraute und Freundin.

     
    Drei Wochen später stand Felix steif vor ihnen in der Bibliothek, unfähig, Edwards Blick zu begegnen. Stattdessen fixierte sein Blick Lord Brightwells Krawatte und er erklärte, als hätte er es auswendig gelernt: »… Wenn mein Onkel mich öffentlich als seinen rechtmäßigen Erben anerkennt und Edward bereit ist, von seinem Anspruch zurückzutreten und das daraus resultierende neue Testament nicht anzufechten, dann werden wir keine weiteren Maßnahmen ergreifen und keine rechtliche Entschädigung wegen arglistiger Täuschung verlangen.«
    Lord Brightwells Augen loderten. »Entschädigung? Solange ich lebe, steht dir nichts zu. Nichts.«
    Felix schrumpfte sichtbar unter der Empörung seines Onkels.
    »Alles, was ich dir gegeben habe – dein Schulgeld, deine Auslagen, die jährliche Zuwendung –, all das habe ich dir aus Großzügigkeit gegeben, nicht aus einer Verpflichtung heraus.«
    »Ich –« Felix begegnete dem Blick des Earls und jeder Widerspruch erstarb. Stattdessen murmelte er: »Das dachte ich auch immer, Mylord.«
    »Wer hat dann diesen kleinen Monolog für dich verfasst? Deine Mutter, nehme ich an?«
    Verlegen nickte Felix. »Sie sagt, dass du das alles nicht aus Großzügigkeit für mich getan hast, sondern aus einem Schuldgefühl heraus.«
    »Und habe ich deine verwitwete Schwester aus dem gleichen Grund aufgenommen? Traut man mir keine christliche Barmherzigkeit zu?«
    Felix reckte trotzig und abwehrend das Kinn. »Ich habe nicht gesagt, ich wäre der gleichen Meinung wie meine Mutter, Mylord. Aber wenn ich Lord Brightwell bin, werde ich selbst für Judith sorgen.«
    »Sehr anständig«, erwiderte der Earl gedehnt. »Aber spannst du nicht gerade die Trauerkutsche vor das Pferd? Solange ich lebe, wärst du nur mein voraussichtlicher Erbe – ohne Titel, ohne Geld, ohne Privilegien. Und eins sollst du wissen, Neffe: Ich beabsichtige, sehr lang zu leben.«
    Felix schluckte. »Ich persönlich bin froh, wenn es so ist«, erklärte er ernsthaft. »Ich habe keine große Sehnsucht nach der Adelswürde. Das ist mit schrecklich viel Verantwortung verbunden.«
    »Es erleichtert mich, das zu hören. Denn wer weiß«, sagte der Earl, »vielleicht heirate ich ja noch einmal und bekomme einen eigenen Sohn? Der wird dann mein Erbe und du erhältst nichts.«
    »Mama hat Angst davor. Sie war so froh zu hören, dass Miss Keene nicht mehr da ist.«
    »Ach, war sie das?«
    »Mir persönlich wäre es recht, kein Lord zu sein. Außer … es würde mir helfen, die Hand einer gewissen Dame zu gewinnen.«
    »Miss Harrington, nehme ich an«, warf Edward ein.
    Das Gesicht des jungen Mannes wurde flammend rot. »Ich fürchte, so ist es.«
    Lord Brightwell beachtete dieses Geständnis nicht, sondern fragte: »Hast du nicht etwas Jura in Oxford studiert, Felix? Dir muss klar sein, mein Junge, dass es nichts zu gewinnen gibt außer einem Skandal, wenn wir diese Geschichte während meiner Lebenszeit bekannt machen. Edward muss von nichts zurücktreten. Er ist genauso ein einfacher Bürger wie du. Nur der älteste Sohn kann gesetzlicher Erbe sein, und als solcher kann er den Ehrentitel benutzen, den ich durch meinen zweiten, niedrigeren Rang als Baron von Bradley besitze, aber die Adelswürde bleibt bei mir. Verstehst du? Du kannst niemals Lord Bradley sein. Und erst nach meinem Tod würdest du Lord Brightwell werden.«
    Sein Neffe machte ein langes Gesicht.
    »Du wirst feststellen, mein Junge, dass nicht bei jeder würdigen Frau ein Titel nötig ist, um sie zu gewinnen.«
    Felix schob die Unterlippe vor. Er war offensichtlich nicht davon überzeugt.
    »Folgendes schlage ich vor«, sagte Lord Brightwell. »Ich werde meinem Testament ein volles Geständnis beifügen, das Täuschungsmanöver aufdecken und die volle Schuld auf mich nehmen, sodass alle gravierenderen Konsequenzen mich treffen – ich werde zu tot sein, um mich darüber zu bekümmern – und nicht Edward, der für diese Sache nichts kann. Er wird den Ehrentitel verlieren und viele in der Gesellschaft werden ihn zurückweisen, wenn die wahre Natur seiner Geburt bekannt wird.

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