Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
merkte sie, dass Audreys Kopf an ihrer Schulter lag und Andrew sich unter ihrem anderen Arm zusammengekuschelt hatte. Ein kleiner, bittersüßer Schmerz durchzog sie. Danke, dass du mich an diesen Ort geführt hast, allmächtiger Gott.

7
     
Mrs Goddard war die Leiterin (…) eines echten, ehrlichen, altmodischen Internats, wo eine vernünftige Menge von Kenntnissen und Fähigkeiten zu einem vernünftigen Preis vermittelt wurde.
Jane Austen, Emma
     
    Am folgenden Morgen schickte Miss Peale Olivia in die Küche hinunter, um das Frühstück zu holen. Olivia hoffte, sie würde sich nicht verlaufen. Sie hüpfte leichtfüßig die zahlreichen Treppenstufen hinunter, bis sie das Untergeschoss erreicht hatte. Dort passierte sie zwei geschlossene Türen, die offene Tür einer Vorratskammer und eine weiß getäfelte Speisekammer mit Regalen voller Porzellan und Einmachgläsern. Das Scheppern von Pfannen und der Geruch von herzhafter Wurst und warmem Brot wiesen ihr den Weg in die Küche, deren kleine hohe Fenster stolz verrieten, dass sie nicht vollständig im Keller lag. Ein gewaltiger Herd, ausgerüstet mit Bratenspießen und Kesselhaken, nahm den größten Teil einer Wand ein, während sich an den anderen Wänden bis zur Decke reichende Schränke und Regale befanden, gefüllt mit Töpfen, Formen und anderen Küchenutensilien. Ein langer Arbeitstisch füllte die Mitte des Raums aus. An seinem oberen Ende gab eine breite, gut gepolsterte Frau, die um die Fünfzig sein mochte, mit fester, aber freundlicher Stimme zwei dünnen jungen Küchenhilfen Anweisungen.
    Mrs Hinkley kam durch eine zweite Tür hereingerauscht, einen strengen Ausdruck auf dem Gesicht und mit unübersehbarer Autorität in ihrem Auftreten. Ein hochgewachsener Diener folgte ihr.
    »In den oberen Räumen wird mehr Kaffee benötigt, Mrs Moore. Und warum, wenn ich fragen darf, ist der Frühstückstisch im Aufenthaltsraum der Dienerschaft noch nicht gedeckt?«
    »Keine Sorge, Mrs Hinkley«, beruhigte sie die rundliche Frau. »Wir sind nur eine Minute im Rückstand. Hier bitte, Osborn.« Sie händigte dem Diener eine silberne Kaffeekanne aus. »Tragen Sie das nach oben. Und, Edith, bring dieses Tablett in den Aufenthaltsraum der Dienerschaft, bevor Mr Hodges einen Anfall bekommt.«
    Als Mrs Hinkley Olivia wartend an der Türschwelle sah, verfinsterte sich ihre düstere Miene noch mehr.
    »Mrs Moore«, sagte sie. »Dies ist Olivia Keene, das neue zweite Kindermädchen.«
    Mrs Moore hielt in ihren hektischen Vorbereitungen inne und lächelte Olivia freundlich zu. »Was für ein hübsches Ding Sie sind. Willkommen, meine Liebe. Das Tablett fürs Kinderzimmer steht hier schon für Sie bereit. Bitte lassen Sie mich wissen, wenn Sie gern etwas anderes hätten als Brot und Milch. Die Kinder wollen nichts anderes, aber wenn Sie gern Haferbrei oder Eier hätten, müssen Sie es mir nur sagen.«
    Olivia schloss Mrs Moore sofort ins Herz, aber Mrs Hinkley versetzte ihr einen Dämpfer.
    »Wir sind hier kein Hotel, Mrs Moore«, erklärte die Haushälterin. »Sie soll essen, was Sie vorbereitet haben und dankbar dafür sein. Kommen Sie, Mädchen, stellen wir Sie den anderen vor, damit das erledigt ist.«
    Sie hob ihre Hand und wartete mit nicht allzu großer Geduld darauf, dass Olivia zu ihr trat.
    Als sie den langen schmalen Aufenthaltsraum der Dienerschaft vor Mrs Hinkley betrat, waren ihre Nerven aufs Äußerste angespannt und ihre Ohren liefen rot an. Es verunsicherte sie, dass sich ihr so viele Augenpaare zuwandten, um sie zu mustern.
    Mrs Hinkley stellte sich an ihren Platz am oberen Ende des Tisches. »Dürfte ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten – dies ist Olivia Keene, das neue zweite Kindermädchen.«
    »Miss Peale hat gesagt, wir sollen sie Livie nennen«, warf Doris ein.
    Mrs Hinkley runzelte die Stirn über diese Unterbrechung und fuhr fort: »Sie ist zur Probe hier – neu in Stellung seit gestern. Aufgrund einer Verletzung, die ihr zugefügt wurde, bevor sie zu uns kam, ist sie momentan nicht in der Lage zu sprechen.«
    Doris beugte sich zu einem anderen Dienstmädchen hinüber und flüsterte laut: »Hab ich’s dir nicht gesagt?«
    Ein junger Mann mit rotbraunem Haar grinste über den Tisch. »Manche von uns wünschten, du würdest ebenfalls unter einer solchen Einschränkung leiden, Dory.«
    Mrs Hinkley brachte die beiden mit einem eisigen Blick zum Schweigen. »Sie werden nicht mit ihr sprechen, es sei denn, Ihre Pflichten würden es erfordern. Sollte sie eine

Weitere Kostenlose Bücher