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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Tischglobus gleiten, der auf dem Schreibtisch von Edwards Vaters stand. »Dann spricht sie vielleicht mit einem Akzent und fürchtet, sie würde sich selbst verraten, wenn sie spräche. Sie ist eine« – Judith machte eine dramatische Geste mit ihrer schlanken Hand – »preußische Prinzessin, die vor einem grausamen Ehemann geflohen ist.«
    Sein Interesse erlosch. »Was für ein Unsinn, Judith. Du liest zu viele Romane, das hab ich dir schon immer gesagt.«
    Sie seufzte. »Na, gut. Du hast sicher recht.« Sie begutachtete die Süßigkeiten in einem Teller auf dem Schreibtisch und wechselte das Thema. »Sind deine Eltern ohne Zwischenfälle aufgebrochen?«
    »Ja, genau nach Plan.«
    »Es tut mir leid, dass ich ihre Gesellschaft verpasst habe. Ich hatte die Absicht, rechtzeitig zurück zu sein, wurde aber bei Mama aufgehalten.« Judith nahm sich ein Bonbon. »Ach, Italien … Dominick und ich haben unsere Hochzeitsreise dorthin gemacht, weißt du?«
    »Tatsächlich? Ja, ich glaube, ich erinnere mich daran.«
    »Du warst zu der Zeit in Oxford. Hast uns gleich nach dem Hochzeitsfrühstück verlassen.«
    Edward rief sich ins Gedächtnis, dass Dominick Howe nur zwei Jahre später gestorben war, an den Verletzungen, die er sich beim spanischen Unabhängigkeitskrieg zugezogen hatte.
    Judith seufzte erneut. »Wie gern würde ich Italien wieder besuchen! Ich beneide deine Eltern wirklich.«
    »Tu das nicht. Die Reise dient mehr der Genesung als dem Vergnügen. Obwohl Vater hofft, dass sie auch einige Sehenswürdigkeiten anschauen können, sollte das Klima den Gesundheitszustand meiner Mutter verbessern.«
    »Ist dies ihre erste Italienreise?«
    »Ja.«
    »Haben sie keine Hochzeitsreise gemacht?«
    Er atmete tief durch und schürzte die Lippen. »Ich weiß es nicht. Das war ein Weilchen vor meiner Zeit.«
    Sie hob eine perfekt geformte blonde Braue. »Hast du nie danach gefragt?«
    »Nein.«
    Sie musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Du besitzt auf jeden Fall keine große Neugier, Cousin.«
    »Du dagegen, liebe Cousine, hast genug für uns beide.« Er erhob sich und die beiden verließen gemeinsam die Bibliothek.
    »Wärst du so nett und würdest mir Alexander herunterbringen?«, fragte sie, während sie vor dem Empfangszimmer stehen blieb. »Die vielen Treppen möchte ich momentan nicht in Angriff nehmen.«
    »Natürlich. Ich wollte ohnehin nachschauen, wie es den Kindern geht. Soll ich alle drei bringen? Vielleicht könnte ich den beiden älteren eine Reitstunde geben, wenn du nichts dagegen hast.«
    »Wie du möchtest.«
    Er verbeugte sich und trat in die Eingangshalle.
    Sie rief ihm nach: »Und beobachte unbedingt das neue Kindermädchen, während du dort bist.«
    Er drehte sich mit hochgezogenen Brauen um. »Und nach was soll ich Ausschau halten? Nach einer königlichen Brosche, die sie versehentlich nicht versteckt hat? Oder nach einem Abdruck an ihrem Ringfinger?«
    Sie warf ihm einen schrägen Blick zu. »Verspotte mich, wenn du willst, Edward. Aber eines Tages werde ich ihr Geheimnis lüften.«

     
    Olivia war gerade damit fertig, Audreys Haar zu flechten und ein Band daran zu befestigen, als sich die Tür zum Kinderzimmer quietschend öffnete. Die junge Becky war draußen, um das Badewasser der Kinder auszugießen, und Miss Peale war noch damit beschäftigt, den kleinen Alexander anzuziehen.
    »Cousin Edward!« Andrew warf seinen Ball beiseite und rannte durchs Zimmer. Lord Bradley ließ sich auf ein Knie fallen, als der Junge in seine Arme stürmte.
    Er schmunzelte. »Guten Morgen, Andrew. Ich nehme an, du hast gut geschlafen.«
    »Ich habe geträumt, ich wäre ein Drachen.«
    Lord Bradley lachte gutmütig. »Du fliegst auf jeden Fall schon wie einer.«
    Audrey ging auf ihn zu, als er sich erhob, blieb aber ein paar Meter entfernt stehen. Ihr Blick war schüchtern und bewundernd zugleich. Sie zog an ihrem Zopf und biss sich auf die spröde Lippe.
    Lord Bradley lächelte ihr zu und schenkte ihr die Aufmerksamkeit, nach der sie sich offensichtlich sehnte. »Guten Morgen, Miss Audrey. Wie siehst du heute hübsch aus! Mir gefällt deine Frisur.«
    »Unser neues Kindermädchen hat das gemacht.«
    Er zögerte. »Tatsächlich, hat sie das?«
    Sein Blick schweifte durchs Zimmer und traf Olivias, die an der Tür zum Schlafzimmer stand. Sie machte einen Knicks. Seine Augen verweilten noch einen Moment auf ihr, bevor er sich wieder Audrey zuwandte.
    »Nun gut, ich bin nur gekommen, um zu sehen, wie es euch allen

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