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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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gefällt mir schon besser.«
    Sie hatte sich die Kufen angeschnallt, bevor er mit seinen eigenen fertig war, und eilte aufs Eis, um Audrey beizustehen, die mit ihren dünnen Armen wedelte und aussah, als würde sie jeden Moment stürzen. Andrew hackte mit den Kufen ins Eis, während er sich fortbewegte. Er fiel zwar nicht um, man konnte es jedoch auch nicht eislaufen nennen.
    »Du musst gleiten, Andrew, gleiten!«, rief sie.
    Edward bewegte sich zu Andrew hinüber und hielt ihn an der Hand fest. Miss Keene fasste Audrey am Arm und versuchte sie zu stabilisieren, während sie ihr mit ruhiger Stimme Anweisungen für die richtige Lauftechnik gab. Plötzlich fingen die Arme des Mädchens wieder an zu rudern, die Füße rutschten unter ihr weg und sie fiel nach hinten, wobei sie Miss Keene mit sich riss. Sie schlugen beide hart auf dem Eis auf. Edward zuckte mitfühlend zusammen, überließ Andrew sich selbst und eilte schnell zu ihnen hinüber. Er bückte sich über die am Boden liegenden Gestalten. »Ist alles in Ordnung bei euch?«
    »Wir haben uns lächerlich gemacht und sind voller blauer Flecke, sonst ist alles in Ordnung.«
    »Es tut mir leid, Miss«, sagte Audrey. Mit schmerzlicher Miene mühte sie sich ab, wieder auf die Beine zu kommen.
    »Macht nichts, Audrey. Mit der Zeit wirst du es beherrschen.«
    Edward streckte Miss Keene die Hand hin, und als sie danach griff, zog er sie ruckartig nach oben. Die schnelle Bewegung brachte ihn aus dem Gleichgewicht und er fiel rückwärts. Da er Miss Keenes Hand immer noch festhielt, riss er sie mit sich, bevor er daran denken konnte, sie loszulassen. Er traf zuerst auf dem Eis auf und Miss Keene fiel auf seine Brust, sodass er fast keine Luft mehr bekam.
    Als Edward die Augen wieder öffnete, musste er blinzeln. Das Licht der vom Schnee reflektierten Sonne blendete ihn und es war eine ungewohnte Erfahrung, eine Gouvernante über sich liegen zu haben.
    Wenn seine Atmung nicht beeinträchtigt wäre, dachte er, wäre es alles andere als unangenehm. Ihre blauen Augen, vor Schreck weit aufgerissen, trafen auf seine. Einen Moment lang starrten sie einander einfach nur an.
    Dann fing Audrey an zu kichern und Andrew lachte laut auf. Das brach den Bann zwischen ihnen. Miss Keenes Gesicht überzog sich mit einer tiefen Röte. Sie wandte den Blick ab, stützte sich auf und kam mit etwas weniger Anmut als sonst wieder auf die Beine.
    Andrew, der nichts von ihrem Unbehagen spürte, lachte weiter.
    »Es ist nicht nett, über das Missgeschick anderer Menschen zu lachen«, brummte Edward und warf Andrew einen gespielt strengen Blick zu, der nur für einen weiteren Ausbruch des Gelächters bei seinem jungen Cousin sorgte.
    Eine Viertelstunde später glitt Lord Bradley neben Olivia. »Ich sehe, dass Sie uns alle zum Narren gehalten haben, als Sie zu Beginn hingefallen sind. Sie bewegen sich sehr graziös auf dem Eis, Miss Keene.«
    »Danke, Mylord.« Olivia war seit ihrer Kindheit nicht mehr eisgelaufen, und es klang ihr noch in den Ohren, wie Miss Cresswell gesagt hatte, dass sich Damen zu ihrer Zeit an so einem Zeitvertreib nicht beteiligt hätten. Sie hätten sich vielleicht in einer Eiskutsche schieben lassen, aber eislaufen …?
    Die Söhne von Mr Tugwell tauchten auf dem Weiher auf, winkten und riefen ihnen Grüße zu. Sie luden Andrew zu einem Spiel ein, bei dem ein Ball mit Besen und Stöcken über das Eis geschlagen wurde.
    Audrey saß auf dem Mühlstein neben der Nichte von George Linton, die ungefähr gleich alt war, und bald steckten sie die mit Hauben bedeckten Köpfe zusammen, tauschten Vertraulichkeiten aus und plauderten miteinander.
    Während die Kinder so angenehm beschäftigt waren, liefen Lord Bradley und Olivia weiter übers Eis. Olivia genoss das freie Gleiten, die frische Luft und den seltenen Moment, dass niemand etwas von ihr wollte.
    »Es freut mich zu sehen, dass Sie Ihren Spaß haben, Miss Keene«, bemerkte Lord Bradley.
    Sie lächelte ihn an.
    »Bezahlen wir Sie dafür?«, neckte er sie.
    »Sehr wenig.«
    »Aha. Gut.«
    »Und Sie, Mylord, haben Sie auch Ihren Spaß?«, fragte sie zurück.
    »Ich glaube, ja. Das Gefühl ist in letzter Zeit nicht mehr so häufig, aber doch, ich glaube, ich erkenne es als Freude.«
    Sie schüttelte den Kopf und lachte. »Bitte nehmen Sie mir es nicht übel, Mylord, aber was haben Sie sonst noch zu tun, außer das Leben zu genießen?«
    Er verzog das Gesicht.
    Sie merkte, dass sie ihn verärgert hatte, und wechselte schnell das

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