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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Thema. »Sie kümmern sich sehr um die Kinder, mehr als viele Väter es tun, und Ihre Aufmerksamkeit tut ihnen so gut, aber –«
    »Aber es kommt Ihnen merkwürdig vor?«
    »Ich bin nur neugierig und will Sie in keiner Weise kritisieren.«
    Lord Bradley nickte. »Ihr Vater war ein guter Freund von mir, wie ich bereits erwähnte, obwohl er älter war als ich. Er war eine Art Vertrauensperson oder Ratgeber für mich.«
    »Sie fühlen sich … in gewisser Weise … verpflichtet?«
    Er hob die Schultern, als wolle er ein unbequemes Kleidungsstück abschütteln. »Nicht direkt, nein. Ich frage mich allerdings, wie man sich Kindern gegenüber, die sowohl Vater als auch Mutter verloren haben, nicht verpflichtet fühlen kann.«
    »Mir scheint, manchen gelingt dies ganz gut. Denken Sie nur an die Waisenhäuser.«
    Er seufzte. »Sie werden mich für noch seltsamer halten, als es ohnehin der Fall ist.«
    »Das ist unmöglich«, scherzte sie.
    Er streifte sie mit einem prüfenden Blick, als wolle er sichergehen, dass sie es im Spaß meinte. »Na gut, dann habe ich ja nichts zu verlieren. Wissen Sie, als ich elf Jahre alt war, gab ich mir selbst ein Versprechen. Ich schrieb es sogar auf.«
    Als er zögerte, schaute sie ihn erwartungsvoll an.
    »Ich weiß, dass Sie meinen Vater verehren, Miss Keene, und ich kann nicht leugnen, dass er immer äußerst gütig und großzügig war. Er ist ein guter Mann, und ich möchte ihn nicht schlecht machen, nicht dass Sie mich missverstehen.«
    »Aber?« Sie glitt an den Rand des Weihers und blieb stehen, um ihm ihre ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden.
    Er hielt neben ihr an. »Aber er war sehr oft in London. Als Mitglied des Parlaments war er verpflichtet, von Januar bis Juni oder sogar Juli dort zu sein. Sechs oder sieben Monate im Jahr. Manchmal noch länger. Meine Mutter und ich verbrachten die Saison mehrmals in London bei ihm – dort lernte ich auch Dominick Howe kennen –, aber wir sahen Vater trotzdem selten. Selbst wenn er bei uns im Stadthaus war, war er immer mit Rechnungen, Korrespondenz oder Sonstigem beschäftigt. Mutter fand das Stadtleben bald ermüdend. Ich glaube, ihre Gesundheit war schon damals angegriffen. So blieben wir mehr und mehr zu Hause. Und auch wenn Vater nach Brightwell Court zurückkehrte, verbrachte er mehr Zeit mit seinem Sekretär als mit mir.« Er hob die Hand. »Ich will das nicht kritisieren oder Mitleid erwecken, Miss Keene, sondern nur die Situation skizzieren, die mich veranlasste, meinem zukünftigen Ich ein schriftliches Versprechen zu geben.«
    Sie nickte und verglich unwillkürlich seinen Vater mit ihrem. Er hatte viele Stunden mit ihr verbracht, auch wenn kaum welche davon idyllisch gewesen waren – er hatte sie in Mathematik abgefragt, ihr gezeigt, wie seine Bücher zu führen waren, wie man Gewinnquoten ausrechnete. Dazu kamen all die Stunden bei den Pferderennen und in der Krone und Krähe .
    »Ich sehe mich noch als vielleicht Neunjährigen«, fuhr Lord Bradley fort, »als Nächstes war ich zehn Jahre alt, dann schließlich elf und stand mit meiner Angelrute an der Gartenpforte und wartete auf meinen Vater, der wieder einmal versprochen hatte, mit mir Angeln zu gehen – ›morgen‹, ›morgen‹.«
    »Hat er es nie getan?«
    Lord Bradley schüttelte den Kopf. »Wir waren ein paar Mal auf der Jagd und spielten ab und zu Schach zusammen, aber geangelt haben wir nie. Ich erinnere mich, dass Croome dort an mir vorbei kam, gerade als mein Vater schließlich auftauchte – nur um mir zu sagen, dass er einfach nicht weg konnte. Croome bot an, mit mir zu gehen. Aber mein Vater lehnte das ab. Ich weiß noch, dass mir der Wildhüter auf seltsame Weise leid tat, obwohl ich sonst immer Angst vor ihm gehabt hatte« – er verzog das Gesicht – »und bis heute noch habe.«
    Der arme Mr Croome , dachte Olivia. Schon damals war er ein Außenseiter gewesen.
    »Bitte entschuldigen Sie. Ich rede so unaufhörlich wie Mr Tugwell. Und das alles nur, um zu sagen, dass ich danach ins Schulzimmer hinaufrannte, Papier und Schreibfeder suchte und mir ein Versprechen aufschrieb – ich versprach mir, niemals zu vergessen, was es bedeutete, elf Jahre alt zu sein und wofür ein Sommertag war, und wenn ich selbst einmal einen Sohn hätte, auf jeden Fall mit ihm angeln zu gehen.« Er warf ihr einen verlegenen Blick zu. »Ich drückte es vielleicht etwas übertrieben aus, aber Sie verstehen, was ich meine.«
    Sie grinste. »Ganz und gar.«
    »Ich weiß, dass Audrey und

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