Das Schweigen der Schwaene
sie vor das Schaufenster des Lederwarengeschäfts und sah sich die dort ausgestellten Taschen an.
Abermals warf sie einen eiligen Blick über die Schulter zurück.
Gefällt dir das, du Schwein?
Ich hoffe, es macht dir Spaß. Aber dieses Mal geht die Sache anders aus.
»Du machst mir angst«, sagte Nell.
»Dazu besteht noch keine Veranlassung. Ich bin vorsichtig, und er scheint nicht in Eile zu sein. Er will es genießen«, sagte Tania. »Hast du irgendeinen Ort, an den ich ihn locken kann? «
»Das Häusche n am Meer, das Jamie gemietet hat. Es liegt ziemlich einsam und wäre für Maritz sehr verführerisch. Im Augenblick wird es noch von Jamie und Nicholas bewohnt, aber die beiden verschwinden bald.« Sie gab Tania die Adresse und eine kurze Wegbeschreibung durch. »Bist du sicher, dass es Maritz ist? Schließlich hast du ihn nicht gesehen.«
»Ich bin sicher. Ich brauche ihn nicht zu sehen. Wir stehen einander näher als siamesische Zwillinge. Ich rufe dich an, wenn er bereit ist, ins Netz zu gehen.«
»Übermorgen fahre ich nach Bellevigne raus.«
»Stimmt, es ist ja fast Silvester. Frohes Neues Jahr.«
30 . Dezember Paris
»Du bist dünner geworden«, sagte Nicholas, als sie ihm öffnete.
»Warst du krank? «
Sie schüttelte den Kopf. »Madame Dumoit fand mich
›entsetzlich fett‹, und wenn ich nicht abgespeckt hätte, hätte sie mich wohl noch vor der Modeschau geschasst. Sie hätte mich mal vor Medas sehen sollen.« Er sah wie immer aus - hart, fit, wie aus Stahl gemacht.
Er zog eine Braue hoch. »Darf ich hereinkommen? «
»Oh, natürlich.« Eilig ließ sie ihn an sich vorbei. Sie hatte ihn angestarrt, als hätte sie noch nie einen Mann gesehen. »Ich war nicht sicher, ob du tatsächlich kommst.«
Er legte seine Jacke ab und warf sie über einen Stuhl. »Ich sagte doch, dass ich kommen würde.«
»Das ist einen Monat her.«
»Wir hatten beide viel zu tun. Aber ich kann ja wohl kaum zulassen, dass du dich ohne einen Plan nach Bellevigne begibst.« Abermals zog er eine Braue hoch. »Hättest du vielleicht einen Kaffee für mich? «
»Bereits gemacht.« Sie ging in die Kochnische und schenkte den Kaffee ein. »Hast du was von der Ranch gehört? «
»Ich habe letzte Woche mit Michaela telefoniert. Peter geht es gut. Er wohnt jetzt ständig auf der Bar X. Ich habe Michaela gesagt, dass sie ihn von dir grüßen soll.«
»Und Jamie? «
»Dem geht's gut.«
»Ist er immer noch in dem Häuschen am Meer? «
»Nein, er ist mit mir nach Paris gekommen. Er wohnt im Intercontinental Hotel.«
Sie hielt ihm seine Tasse hin. »Fährt er mit dir nach Bellevigne raus? «
Er schüttelte den Kopf. »Das ist mit Gardeaux nicht abgemacht.
Ich fahre alleine hin.« Er nickte ihr zu. »Abgesehen von Ihnen, Madame.«
Er nahm den Kaffee, trug ihn ins Wohnzimmer und blickte in den Kamin. »Gas? « Als sie nickte, bückte er sich und drückte auf den Knopf »So ist's besser. Ich hasse feuchte, kühle Abende.«
Wieder nickte sie. Was war nur los mit ihr? Wie unter Zwang sah sie ihn ununterbrochen an. »Setz dich doch.« Sie nahm ihre Tasse und folgte ihm zum Sofa vor dem Kamin. Sie wusste, was los war mit ihr. Sie hatte ihn vermisst. Gott, wie hatte sie ihn vermisst!
»Jamie hat mir erzählt, Tania wäre hier.«
Sie erstarrte. »Nicht in Paris.«
»Du hast sie also nicht gesehen? «
»Wohl kaum. Schließlich stand in der Zeitung, dass sie auf Hochzeitsreise ist.«
Er musterte sie, und instinktiv spannte sie sich an. Bereits des öfteren hatte sie das Gefühl gehabt, als könnte er ihre Gedanken lesen, doch jetzt durfte er das auf keinen Fall.
Er wandte sich einem anderen Thema zu. »Wann ist Dumoits Modenschau? « Sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie erleichtert sie darüber war. »Um ein Uhr mittags. Wir werden morgen früh nach Bellevigne gebracht. Nach der Show sollen wir uns unter die Gäste mischen und Dumoits Kleider zeigen.«
»Den ganzen Tag über? «
Sie nickte. »Und abends ziehen wir uns für die Party extra noch mal um.«
»Gut.« Er kniete sich vor den Kamin, nahm ein
zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Jackentasche und breitete es auf dem Fußboden aus. »Dies hier ist der Grundriss von Bellevigne.« Er wies auf den Grundriss in der Mitte des detaillierten Plans. »Das ist das Haupthaus, in dem ein Großteil der Aktivitäten während des Festes stattfinden wird. Ich werde um elf Uhr abends kommen, so dass es bestimmt bereits hoch hergehen wird.« Er zeigte auf ein
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