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Das Schweigen der Schwaene

Das Schweigen der Schwaene

Titel: Das Schweigen der Schwaene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Mama«, hatte Jill gesagt. »Sogar noch schöner, als wenn die Blumen im Garten stehen.«
    Der Schmerz schnürte ihr die Kehle zu, doch tapfer kämpfte sie dagegen an. Sie könnte nicht funktionieren, wenn sie sich derart von ihrem Schmerz blenden ließ.
    »Alles in Ordnung? « fragte Phil besorgt.
    »Ja, alles in Ordnung«, sagte sie. »Lesen Sie mir bitte die Karte vor.«
    »Da steht nur ein Name drauf. Tania Viados. Eine Freundin? «
    Sie schüttelte den Kopf. »Den Namen habe ich noch nie gehört.«
    »Tja, aber offenbar hat sie von Ihnen gehört.« Er steckte die Karte in den Strauß zurück. »Schöne Blumen. Anders als die üblichen Sträuße. Sehen aus, als hätte jemand sie direkt im Urwald gepflückt.«
    »Das sind Lilien.« Es kostete Nell ungeheure Anstrengung, normal zu sein. Am liebsten hätte sie die Augen zugemacht und weitergeschlafen. Nein, das ließe sie nicht zu. Bishe r klappte es doch sehr gut. Dieser nette Mann, Phil Johnson, schien nicht zu bemerken, wie hohl und oberflächlich ihr Gebaren war. »Ich muß mich bei ihr bedanken... wenn ich herausgefunden habe, wer sie ist.«
    Phil nickte. »Im St. Josephs Krankenhaus stehen bestimmt noch jede Menge Blumen für Sie. Es dauert nur immer ein bißchen, das Zeug hierher zu schicken.«
    Er irrte sich. Richard konnte ihr keine Blumen mehr schicken, und auch sonst hatte sie niemanden mehr. »Egal.« Sie musterte ihn. »Sie sehen sehr kräftig aus. Haben Sie mal Football gespielt? «
    »Ja, bei ›Notre Dame‹.«
    »Dann wissen Sie doch sicher über Krafttraining Bescheid? «
    »Ein bisschen.«
    »Ich hasse es, mich so schwach zu fühlen. Denken Sie, Sie könnten mir irgendein Gerät besorgen, mit dem ich ein bißchen trainieren kann, solange ich hier rumliegen muss? «
    »Vielleicht später.«
    Nur mit Mühe verbarg sie ihre Ungeduld. »Ich würde wirklich gern sofort anfangen. Sie können mir ja vielleicht erklären, wie ich anfangen muß. Ich habe nicht die Absicht, mich zu überanstrengen. Ich werde sehr vorsichtig sein.«
    Er nickte verständnisvoll. »Ich weiß, wie Sie sich fühlen. Wenn ich hier so tatenlos herumliegen müßte, würde ich verrückt. Ich werde Dr. Lieber fragen, ob es in Ordnung ist, wenn Sie ein bißchen was tun.«
    »Danke.«
    Sie sah ihm nach, als er den Raum verließ. Mach nur nicht die Augen zu. Versink nur nicht wieder in der Dunkelheit. Es klappte doch alles ganz gut. Er würde versuchen, ihr zu helfen, und dann hülfe sie sich selbst. Wenn sie sich auf sich selbst verlassen könnte, wäre es einfacher. Ihr Blick fiel auf den Blumenstrauß. Tania Viados. War sie in jener Nacht einer der Partygäste gewesen? Außer an Elise Gueray erinnerte sie sich an niemanden mehr. Die Party. Sie erinnerte sich vage darin, daß Nadine na ch ihrem Sturz in der Nähe gewesen war. Was war mit Martin und Sally geschehen? Sie nahm an, sie sollte sich Sorgen machen um sie.
    Nein, das sollte sie nicht. Sie hatte die beiden nie gemocht, und von nun an war es mit jeder Form der Heuchelei vorbei.
    Richard war auf der Party umgekommen. Warum stimmte sie diese Tatsache nicht trauriger? Er hätte es verdient, daß sie um ihn trauerte. Aber Jill war tot, und in ihrem Herzen war für die Trauer um irgendjemand anderen kein Platz.
    »Ich höre, Sie fühlen sich viel besser«, sagte Joel Lieber, als er ihr Zimmer betrat. Lächelnd setzte er sich auf den Stuhl neben dem Bett. »Wurde auch Zeit. Ich habe mir schon richtiggehend Sorgen um Sie gemacht.«
    Sie glaubte ihm. Sie bezweifelte, daß Joel Lieber jemals etwas sagte, was er nicht ehrlich empfand. »Wie krank bin ich? «
    »Es heilt alles prächtig. Sie haben einen gebrochenen Arm und ein gebrochenes Schlüsselbein. Die anderen Wunden waren etwas häßlicher, aber ich habe dafür gesorgt, daß man keine Narben sehen wird. In drei Wochen kann der Gips wohl ab.«
    Sie berührte die Verbände an ihrem Gesicht. »Und die hier? «
    »Ich habe ein bißchen um die Augen herum genäht, aber die Fäden kann ich wohl innerhalb der nächsten Tage ziehen.«
    »Und was ist das hier in meinem Gesicht? Ich spreche so komisch.«
    »Sie haben eine Klammer, mit der Ihr Kiefer gerichtet wird.
    Aber das Ding kommt auch bald weg. Sie haben bestimmt noch ein paar blaue Flecken, aber ich könnte die Verbände schon mal abnehmen, damit Sie eine Vorstellung davon bekommen, wie Ihr Gesicht aussehen wird.«
    »Nein, das brauchen Sie nicht. Ich warte lieber noch. Ich wollte nur wissen, wann ich entlassen werden kann. In einem

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