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Das Schweigen der Schwaene

Das Schweigen der Schwaene

Titel: Das Schweigen der Schwaene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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nie etwas getan.
    Das war eine Lüge.
    Nein, es war wahr.
    Nun, da es nicht mehr von Bedeutung war, erkannte sie, wie wahr es war.
    Tu, was ich dir sage, sonst liebe ich dich nicht mehr.
    Diese unausgesprochene Drohung hatte ständig über ihr geschwebt. Zuerst seitens ihrer Eltern und dann durch Richard, und aus lauter Angst, diese Liebe zu verlieren, hatte sie stets gehorcht.
    Aber nun war diese Angst irrelevant, denn zu verlieren gab es für sie nichts mehr.
    Sie hatte bereits alles verloren, was ihr jemals wichtig gewesen war.
    Außer der Erinnerung an Jill.
    Und an den Mann, der ihr Mörder war.
    »Und? « fragte Joel, als Nicholas das Krankenzimmer verließ.
    »Ich weiß nicht. Sorg dafür, daß sie eine Weile alleine ist, damit es ein bißchen gärt.«
    »Was? «
    »Sie hatte eine offene Wunde, und ich habe ohne Betäubung mit einem glühenden Schürhaken darin herumgebohrt.«
    »Ich frage lieber gar nicht erst, was du damit meinst.«
    »Ist auch besser so. Du hättest bestimmt kein Verständnis dafür.« Er ging den Flur in Richtung der Fahrstühle hinab.
    »Aber ich denke, ich kann erst mal für eine Weile nach Idaho zurück. Es steht außer Frage, daß sie mich jetzt bestimmt nicht mehr sehen will. Ruf mich an, wenn du denkst, daß sie wieder halbwegs normal geworden ist. Ich habe noch ein paar Fragen an sie.«
    In jener Nacht bekam Nell kein Auge zu. Sie starrte in die Dunkelheit, und wieder und wieder hallten Taneks Worte in ihrem Ohr.
    Jill.
    Das Größerwerden, der Schulbeginn, die erste Party, das erste Rendezvous, das erste Kind. So viele erste Male, für die es keine Gelegenheit mehr gab.
    Das Monster hatte sie dieser ersten Male beraubt. Hatte sie all dieser Erfahrungen beraubt, hatte sie ihres Lebens beraubt. Nells Verlust war nichts im Vergleich zu dem, was Jill gestohlen worden war.
    Und sie lag tatenlos hier herum. Mit einmal Mal empfand sie Zorn. Brennenden, zerstörerischen, reinigenden Zorn.
    Die Kristallvase mit Lilien hätte lächerlich aussehen müssen in den großen Händen des jungen Mannes, der sie in ihr Zimmer trug, aber irgendwie tat sie das nicht. Irgendwo hatte sie ihn schon einmal gesehen, er war bei ihr gewesen in der Zeit der Dunkelheit. Sie suchte nach seinem Namen. »Sie sind Phil Johnson«, sagte sie.
    Er fuhr zu ihr herum. »He, Sie erinnern sich an mich.« Eilig trat er an ihr Bett. »Wie geht es Ihnen? Kann ich irgend etwas für Sie tun? Möchten Sie vielleicht ein Glas Orangensaft? «
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Im Augenblick nicht.«
    Sie blickte auf ihren Arm und stellte verwundert fest, daß er immer noch eingegipst war. Sie hatte das Gefühl, als wäre es hundert Jahre her, daß sie zum ersten Mal wach geworden war und Tanek neben ihrem Bett hatte sitzen sehen. Tanek. Sie unterdrückte eine Woge heißen Zorns. Tanek war egal. Sie mußte Ruhe bewahren, denn es war wichtig, daß sie einen klaren Kopf behielt. »Wie lange bin ich schon hier? Und wo ist
    ›hier‹ überhaupt? «
    »Sie sind seit zehn Tagen in Woodsdale.«
    »Woodsdale? « Sie erinnerte sich dunkel daran, daß Dr. Lieber gesagt hatte, sie würde in seine Privatklinik verlegt.
    Phil nickte. »Erinnern Sie sich an die Operation? «
    Sie tastete an ihrem Gesicht herum. Es lag unter einem dicken Verband.
    »Dr. Lieber will ihn dranlassen, bis alles vollkommen verheilt ist. Bei Schönheitsoperationen gibt es immer eine Reihe von blauen Flecken, und er denkt, Sie hätten in letzter Zeit genug Schocks erlitten...« Er unterbrach sich. »Tut mir leid. Ich soll mit Ihnen über nichts reden, was Sie aufregen könnte.« Er verzog das Gesicht. »Und was tue ich? Ich bin einfach ein wenig einfühlsamer Kerl. Soll ich vielleicht lieber gehen? «
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich furchtbar schwach.
    Was meinen Sie, wie lange ich in diesem Bett liegenbleiben muss? «
    »Da müssen Sie Dr. Lieber fragen. Aber wahrscheinlich würden Sie sich gleich ein bißchen besser fühlen, wenn Sie essen würden.« Er setzte ein verführerisches Lächeln auf. »Diese Schläuche in Ihrem Arm sind bestimmt nicht sonderlich angenehm.«
    »Ich werde essen«, sagte sie. »Aber erst muß ich mit Dr. Lieber sprechen. Könnten Sie ihn bitten, zu mir zu kommen, sobald er die Zeit dazu hat? «
    »Aber sicher. Heute morgen ist er im Krankenhaus in der Stadt, aber ich denke, er kommt bald zurück.« Er nickte in Richtung der Blumenvase auf dem Tisch. »Hübsch. Soll ich nachsehen, von wem sie sind? «
    »Das ist hübsch,

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