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Das Schweigen der Schwaene

Das Schweigen der Schwaene

Titel: Das Schweigen der Schwaene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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eilig.« Er lächelte Tania an. »Ich muß mein Flugzeug erwischen. Bis dann.«
    Nell beobachtete, wie er in Richtung des Wagens ging. Dies war das erste Mal gewesen, daß er von einer Reise sprach. London vielleicht?
    »Komm rein.« Tania zog sie in den Flur. »Ich will dir zeigen, was für...«
    »Wunder hier vollbracht worden sind«, beendete Nell ihren Satz. »Der Garten ist bereits die reinste Pracht.«
    »Aber kalt. Joel ist nun mal Chirurg, so daß er eine Vorliebe für klare, strenge Linien hat. Aber drinnen braucht man Wärme. Ich habe ihm gesagt, daß er kein Haus haben kann, das so ordentlich wie einer seiner Schnitte ist.« Sie zerrte ihren Gast ins Wohnzimmer. »Drinnen braucht man Aufregung und Farben.«
    »Die habt ihr ganz bestimmt.« Die Sessel und Sofas im Raum waren schlicht und modern, aber sie wiesen luxuriöse hellbraune Bezüge auf, und überall lagen burgunderrote, beige-und orangefarbene Kissen herum. Streifen, Blumenmuster und Wandbehänge, die sich hätten beißen müssen, verliehen dem Zimmer ein exotisches und zugleich eigenartig gemütliches Flair. Ein cremefarbener Berberteppich bedeckte den mit Eichenparkett ausgelegten Fußboden, der weich und warm schimmerte. »Es ist wunderbar.«
    »Meine Großmutter hat immer gesagt, selbst der härteste Boden würde weich, wenn man nur genug Kissen benutzt.« Tania verzog das Gesicht. »Nun, sie konnte schließlich nicht immer tiefschürfend sein. Aber du mußt zugeben, daß sie recht hatte mit ihrer Theorie.«
    »Deine Zigeuneroma? «
    Sie nickte. »Du hättest das Haus sehen sollen, bevor ich kam.
    Dänisch modern und furchtbar kalt.« Sie tat, als erschaudere sie.
    »Nicht gut für Joel. Er ist ein Mann, der Wärme nur dann annehmen kann, wenn sie ihm aufgezwungen wird.« Sie lächelte. »Also zwinge ich sie ihm auf.«
    »Die Einrichtung ist sehr ungewöhnlich. Hast du schon mal an ein Studium als Innenarchitektin gedacht? «
    Tania schüttelte den Kopf. »Ich fange im Herbst ein Studium an, aber ich habe eher an Literatur gedacht.« Sie ging zur Tür.
    »Komm, ich zeige dir, welches Zimmer du hast. Es bietet eine schöne Aussicht auf den Wasserfall, und du wirst sehen, wie beruhigend das ist.« Sie rannte eine Wendeltreppe hinauf und riß die Tür zu einem der oben gelegenen Zimmer auf. »Gefällt es dir? «
    Wieder tauchte Nell in ein Meer von Farben ein. Der Raum wies sämtliche Schattierungen einer sonnigen Herbstlandschaft auf, Gold, Rostfärben und Scharlachrot. Auf dem Bett lag eine Tagesdecke in Jägergrün, und überall standen Messingtöpfe mit Efeu und Kristallvasen mit hohen, stolzen Chrysanthemen herum. Das niedrige Bücherregal wies eine Reihe luxuriös in Leder gebundener Bände auf. »Sehr schön.«
    »Das dachte ich mir«, stellte Tania zufrieden fest. »Es heißt, daß Blau beruhigt, aber ich dachte mir, daß dir dieser Raum am besten gefällt. Und ich habe Phil extra heute morgen zum Blumenpflücken losgeschickt.«
    Nell war gerührt. »Da hast du dir aber unnötig viel Mühe gemacht. Aber weißt du, so lange bleibe ich sicher nicht hier.«
    »Auf jeden Fall lange genug, um dich wohlzufühlen in meinem Haus«, erwiderte Tania ungerührt. »Und jetzt lasse ich dich allein, damit du dich vor dem Essen noch ein wenig ausruhen und die Kleider aus dem Kleiderschrank anprobieren kannst.«
    »Was für Kleider? «
    »Die, die ich bei Dayton's bestellt habe an dem Tag, als du mich so schnöde verlassen hast.«
    Nell starrte sie verwundert an. »Daß du irgendwelche Kleider bestellt hast, hast du bisher nie erwähnt.«
    »Hätte ich das etwa tun sollen? « Tania wandte sich zum Gehen.
    »Ich halte nichts davon, meine Zeit zu verschwenden. Außer auf dich zu warten, hatte ich ja nichts zu tun.«
    »Aber warum hast du mir nichts davon erzählt? «
    »Warum hätte ich das tun sollen? Du warst mir gegenüber sehr unfreundlich, und ich wollte, daß du Schuldgefühle deswegen bekamst, statt zu denken, ich käme schließlich auch sehr gut ohne dich zurecht.«
    Nell merkte, daß sie lächelte, als sich die Tür ihres Zimmers schloß. Tania kam ihr wie eine warme, unerwartete Brise vor.
    Wenn sie in der Nähe war, wurde man unweigerlich in ihre unbekümmerte Freundlichkeit eingehüllt.
    Sie blickte auf den Kleiderschrank, beschloß, sich ihre neue Garderobe später anzusehen, und trat ans Fenster. Der Wasserfall war kaum hundert Meter entfernt, und das Plätschern des Wassers war tatsächlich so besänftigend, wie Tania behauptete. Phil kniete

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