Das Schweigen der Schwaene
Bücher überhaupt von Nutzen war, und zum anderen wußte Gardeaux vielleicht im Augenblick noch nicht, daß Nicholas im Besitz von Simpsons Büchern war, aber er fände es gewiß bald heraus. Von dem Moment an stünde Pardeau unter ständiger Beobachtung, und es wäre das Beste, abzuwarten, bis die Aufmerksamkeit des Gegners nachzulassen begann.
Nicholas überflog das zweite Buch, stellte fest, daß es dem ersten sehr ähnlich war, und legte es in seine Aktentasche zurück. Dann zog er den DIN A4-Umschlag hervor, auf dessen Vorderseite der Name Medas geschrieben stand.
Er zog die einzelnen Blätter heraus, von denen das erste die Namenliste war, die ihm an jenem Tag von Jamie in Athen ausgehändigt worden war. Er legte es zur Seite und nahm das zweite Blatt.
»Himmel.« Mit einem Mal saß er kerzengerade auf seinem Sitz.
»Ich muß Nell sehen. Ich will, daß sie von hier verschwindet, Tania.« Tanek betrat den Flur. »Wo ist sie? «
»Freut mich ebenfalls, dich zu sehen«, sagte Tania und schloß hinter ihm die Tür.
»Tut mir leid. Wo ist sie? «
»Sie ist bereits verschwunden. Einfach weg.«
Er wirbelte zu ihr herum. »Weg? Wohin? «
Sie schüttelte den Kopf. »Sie hat drei Nächte hier geschlafen, und gestern morgen war sie fort. Sie hat eine Nachricht hinterlassen.« Sie ging zum Tisch und zog die Schublade auf.
»Eine sehr nette Nachricht, in der sie sich für unsere Gastfreundschaft bedankt und sagt, daß sie sich bei uns melden wird.«
Sie gab ihm den Zettel. »Soweit ich weiß, hat sie kaum Kleider mitgenommen. Nur Tennisschuhe und ein paar Jeans. Also kommt sie bestimmt bald zurück.«
»Darauf verlass dich lieber nicht.« Er hatte keine Ahnung, wohin in aller Welt Nell aufgebrochen war. Ihre Nachricht war warm, akribisch höflich und vollkommen uninformativ. »Hat sie mit der Post ein Päckchen gekriegt? «
»Vor zwei Tagen.«
Die Papiere, die es ihr ermöglichten, sich frei zu bewegen. »Wo ist Phil? «
»Im Garten.« Sie runzelte die Stirn. »Aber du darfst ihm nicht die Schuld daran geben, daß sie verschwunden ist. Er ist auch so schon am Boden zerstört.«
»Ich gebe ihm die Schuld daran.« Er ging zur Tür. »Aber ich habe nicht vor, ihn deshalb zu erschießen. Vielleicht ist dir das ja ein kleiner Trost. Ich bin gleich wieder da.«
Phil war tatsächlich am Boden zerstört, und er sah Nicho las schuldbewußt an, als der sich ihm näherte. »Ich weiß. Ich hab's versaut. Aber ich habe sie die ganze Zeit im Auge behalten. Ich habe sogar im Auto in der Einfahrt geschlafen.«
»Wobei geschlafen offenbar das Schlüsselwort ist.«
Phil nickte betrübt. »Ich habe nicht damit gerechnet. Sie schien hier bei Ms. Viados so zufrieden zu sein.«
Nicholas hatte ebenfalls nicht damit gerechnet. Nicht so schnell.
Er hatte gedacht, um sich von dem traumatischen
Friedhofsbesuch zu erholen, brauchte sie ein wenig Zeit. »O. k.
Es ist nun mal passiert. Hast du versucht, sie zu finden? «
Phil nickte erneut. »Ms. Viados sagt, du hättest bei der First Union Bank ein Konto auf den Namen Eve Billings für sie eingerichtet. Ich habe ihre Spur bis dorthin zurückverfolgt. Sie hat Geld abgehoben und ist damit zum Bahnhof gefahren. Es war ganz leicht. Sie hat ein Gesicht, das man nicht so schnell vergisst.«
»Und wohin wollte sie? «
»Preston, Minnesota. Dort ist sie ausgestiegen und hat einen Wagen gemietet. Den hat sie dann am O'Hara-Flugha fen in Chicago wieder abgegeben. Welchen Flug sie genommen hat, weiß ich noch nicht. Die Reservationszentren rücken die Namen ihrer Kunden nicht gerne heraus, und es würde eine Ewigkeit dauern, wenn ich mich bei jedem Flug einzeln erkundige, ob sie von irgendwem gesehen worden ist.« Er machte eine Pause.
»Wenn ich Zugang zu einem Computer hätte, würde ich natürlich eine Möglichkeit finden, die Dateien der Fluggesellschaften anzuzapfen und...«
»Sie versucht, uns in die Irre zu führen. Sie benutzt bestimmt einen falschen Namen und bezahlt alles in bar. Gültige Kreditkarten hat sie nicht.«
Phil verzog das Gesicht. »Pech.«
»Aber sie hat einen Paß.« Er dachte nach. »Vielleicht gibt es einen Weg. Falls sie ein bestimmtes Ziel im Auge hatte, hat sie unter Umständen vom Haus aus telephoniert, um alles vorzubereiten. Oder hatte sie sonst irgendwo Zugang zu einem Telefon? «
»Sie und Ms. Viados waren im Supermarkt, aber ich habe sie hingefahren und habe Ihnen die Tüten getragen. Sie hat nirgends telefoniert.«
»Komm.« Entschlossen
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