Das Schweigen der Schwaene
Handbewegung. »Sehen Sie sich ruhig um. Sie werden sie nicht finden.«
»Das wäre Pech... für Sie.«
Randall sprang von seinem Sessel auf. »Wollen Sie mir etwa drohen? «
»Ich sage nur, daß ich sie zurückhaben will und daß Ihnen die Schwierigkeiten, die ich Ihnen machen werde, wenn Sie sie mir nicht sofort bringen, bestimmt nicht gefallen werden.«
»Wir sind Schwierigkeiten gewohnt. Dafür werden die Männer hier ja extra ausgebildet.«
»Hören Sie doch mit diesem Schwachsinn auf. Den Behörden in Panama City sind Sie sowieso ein Dorn im Auge, und sie werden sich freuen, wenn ihnen jemand die Möglichkeit gibt, den Laden dichtzumachen.«
»Weshalb? « fragte Randall erbost. »Schließlich hat niemand die Kleine auch nur angerührt, verdammt.«
»Wegen Entführung.«
»Sie ist freiwillig hierhergekommen. Himmel, sie hat sich mir quasi aufgedrängt. Das wird sie Ihnen bestätigen.«
»Trotzdem werde ich überall rumerzählen, Sie hätten sie entführt und einer Gehirnwäsche unterzogen. Über eine solche Geschichte sind die Zeitungen bestimmt mehr als froh.«
Nicholas lächelte. »Was meinen Sie? «
»Ich meine, daß Sie ein elender Hurensohn sind.« Und dann fragte er in beleidigtem Ton: »Wer ist sie? Ihre Frau? «
»Ja«, log Nicholas.
»Dann sollten Sie dafür sorge n, daß die Hexe in Zukunft zu Hause bleibt und mir nicht noch mal vor die Füße läuft.«
»Sagen Sie mir, wo sie ist, und ich nehme Sie Ihnen gerne wieder ab.«
Randall schwieg, und dann umspielte ein boshaftes Lächeln seinen Mund. »Warum nicht? « Er zog die Schublade seines Schreibtisch» auf, nahm eine Landkarte heraus und rollte sie auf. »Sie ist im Manöver. Sie wollte unbedingt beweisen, wie hart sie ist. Ich kann Ihnen nicht sagen, wo sie im Augenblick ist, aber mit Anbruch der Dämmerung wird sie dort zu finden sein.« Er stach mit dem Zeigefinger auf einen Punkt auf der Karte. »Sie kampieren immer an derselben Stelle. Cypress Island. Sie sollten mir dankbar sein. Nach dem heutigen Tag wird sie überglücklich sein, Sie wiederzusehen.« Sein Lächeln wurde breiter. »Aber vielleicht sind Sie nicht ganz so glücklich, sie wiederzusehen, wenn Sie erst mal durch die Sümpfe gewatet sind.«
»Einen anderen Zugang gibt es nicht zu der Insel? «
»Sie liegt mitten im Sumpf. Die nächste Straße ist zwei Meilen entfernt.« Randall zeigte auf eine Linie auf der Karte. »Sehen Sie? «
»Ich sehe, daß Sie ein selbstzufriedenes Arschloch sind.«
»Sie können auch hierbleiben und warten, bis sie zurückkommt.
Das wird in vier Tagen sein.«
Nicholas nahm die Karte und wandte sich zum Gehen.
»Viel Spaß bei der Suche. Und grüßen Sie die kleine Dame von mir.«
Allmählich empfand er Randalls Gebaren mehr als ärgerlich. Er blieb stehen. Nein, er hatte keine Zeit. Bedauerlich.
Er verließ das Büro.
»Trödeln Sie nicht rum, Billings«, sagte Wilkins, während er sich durch das hüfthohe Wasser schob. »Sie fallen zurück. Wir warten nicht.«
Nell ignorierte den Seitenhieb. Sie fiel nicht zurück. Hinter ihr kämpften sich noch vier Männer durch den Sumpf.
»Jeder, der zurückbleibt, wird den Alligatoren überlassen.«
Wieder versuchte er, ihr Angst einzujagen. Hoffentlich sah er nicht, wie erfolgreich er damit war. Vor ein paar Stunden hatte sie eins dieser gräßlichen Biester gesehen.
»Ich bleibe bei Ihnen«, flüsterte Peter hinter ihr. »Keine Angst.«
Aber sie hatte Angst. Sie hatte Angst, sie war erschöpft, und sie wollte nur noch fort von diesem gespenstischen Ort. Seit fast sieben Stunden quälte sie sich durch das schlammdunkle Wasser voran. Die Riemen ihres Rucksacks schnitten ihr in die Schultern und sie...
Neben sich im Wasser nahm sie eine lautlose Bewegung war.
Eine Schlange.
Gott, sie hatte Schlangen schon immer gehaßt.
»Schlafen Sie nicht ein, Billings.«
Sie riss ihren Blick von der Bedrohung fort, die sich ihr unter der Wasseroberfläche zu nähern schien, und schob sich weiter voran. Immer nur einen Schritt. Immer nur einen Fuß vor den anderen. Sie würde es schaffen. Irgendwann ging jeder Alptraum einmal vorbei.
Nur einer nicht.
Nicholas parkte den Mietwagen am Straßenrand und wühlte in der Tasche auf dem Beifahrersitz herum. Er zog sein Messer und ein weißes Taschentuch heraus, band sich mit dem Taschentuch die Haare aus der Stirn und schob das Messer in den Bund seiner Jeans. Nicht unbedingt die beste Ausrüstung für einen Marsch durch die Sümpfe, aber etwas anderes
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