Das Schweigen der Schwaene
sich den Nacken. »Vielleicht hat sie auch nur eine weitere falsche Spur gelegt. Sie könnte überall sein.«
»Was wirst du tun? «
»Was schon? Ich fliege in dreißig Minuten nach Florida, und am späten Vormittag müßte ich in Ocachobi sein. Ich schicke Phil zu euch zurück für den Fall, daß sie plötzlich vernünftig wird und nach Hause kommt.«
»Das ist nicht nötig. Ich bin ja hier.«
»Es ist nötig«, sagte er grimmig. »Wenn sie auftaucht, laßt sie bloß nicht wieder gehen. Ich muß unbedingt mit ihr reden.«
Sie kamen.
Nells Muskeln spannten sich unter der Decke an, als sie hörte, wie irgendjemand durch die Dunkelheit zu ihrer Pritsche kam.
Seit Stunden wartete sie auf diesen Augenblick.
Sie versuchten noch nicht einmal, leise zu sein. Warum sollten sie auch? Niemand würde ihr zur Seite stehen.
Außer Peter. Schlaf weiter, Peter. Gib ihnen keinen Grund, dir weh zu tun.
Sie kamen näher. Vier Schatten in der Dunkelheit. Wer war der vierte Mann? Es war egal. Sie alle waren der Feind.
»Mach das Licht an. Ich will ihr Gesicht sehen, wenn ich ihn ihr reinramme.«
Es wurde hell.
Scott. Sanchez. Blumberg. Der vierte Mann war schon älter, mit einem Durchschnittsgesicht und schütterem Haar.
»Sie ist wach. Guckt nur, Jungs, sie wartet schon auf uns.«
Scott trat neben ihr Bett. »Weißt du, es gefällt uns nicht, wenn sich irgendwelche Lesben einbilden, besser als wir zu sein.«
»Verschwinden Sie.«
»Das können wir nicht. Wir wollen dir doch schließlich zeigen, daß wir ebenfalls gute Kletterer sind. Wir werden dich so oft besteigen, daß du morgen früh O-Beine hast.« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Und jetzt sei schön still, und tu brav, was wir dir sagen. Wir mögen es nicht, wenn sich Frauen als Soldaten verkleiden. Irgendwie macht uns das gar nicht an.
Also zieh dich aus.«
»Lasst sie in Ruhe«, mischte sich Peter ein.
Er saß auf dem Rand seiner Pritsche und sah in seiner khakifarbenen Unterwäsche noch zerbrechlicher und linkischer als vorher aus.
»Halt's Maul, Blödmann«, sagte Scott, ohne ihn anzusehen.
»Ihr dürft ihr nicht wehtun Sie hat euch ja auch nicht wehgetan.«
»Ob wir ihr wehtun, liegt ganz bei ihr. Sie braucht nur zu tun, was wir ihr sagen, vielleicht hat sie dann sogar Spaß dabei«, sagte Sanchez.
»Verschwinden Sie«, wiederholte Nell.
Peter eilte neben ihre Pritsche. »Tut ihr nicht weh.«
Er hatte Angst. Sie sah, daß sein Wangenmuskel zuckte und daß seine Hände zitterten. »Geh wieder ins Bett, Peter.«
»Vielleicht will der Blödmann seinen Schwanz ja auch mal 'n bisschen nass machen«, sagte Scott. »Nee, dazu ist er nicht Manns genug.«
»Sie denken, wenn man eine Frau vergewaltigt, ist man ein ganzer Mann? « fragte sie.
»Was ich denke, wirst du gleich sehen.« Er beugte sich zu ihr hinab und riß ihre Decke zurück.
Sie hob die Pistole an, die darunter verborgen gewesen war, und richtete sie auf seinen Unterleib. »Ich sehe nur, daß Sie keinen Penis mehr haben werden, wenn Sie sich nicht auf der Stelle verziehen.«
»Scheiße.« Instinktiv trat er einen Schritt zurück.
»Wir könnten sie einfach überwältigen«, sagte Sanchez. »Wir nehmen ihr die Knarre ab und schieben sie in ihre Möse rein.«
»Ja, das könnten Sie tun«, sagte Nell, wobei sie ihrer Stimme einen möglichst ruhigen Klang verlieh. »Warum tun Sie's nicht, Scott? Vielleicht erwische ich Sie ja nicht alle. Natürlich würde
mein erster Schuß Sie zum Eunuchen machen, und der zweite wäre für Sanchez bestimmt. Danach hätte ich es vielleicht ein bißchen eilig und würde größere Ziele nehmen wie Bauch oder Brust.«
»Das wird sie nicht tun«, mischte sich Blumberg ein. »Das wäre ja Mord.«
»Und Mord ist viel schlimmer als Vergewaltigung.« Nells Griff um die Waffe verstärkte sich. »Aber das sehe ich anders als sie.«
»Dafür würden sie dich einbuchten und den Schlüssel wegschmeißen, und du kämst nie wieder aus dem Bau.«
»Sie würden es versuchen.« Sie begegnete seinem Blick, und dann sah sie die Männer der Reihe nach an. »Aber ich würde es tun. Ich lasse mir nicht wehtun, und ich lasse mich auch nicht aufhalten. Sie stellen sich mir in den Weg, und das kann ich nicht zulassen. Rührt mich an, und ich niete euch um.« O Gott, sie klang wie eine Schauspielerin in einem schlechten Film.
Scott riß die Augen auf, und er flüsterte: »Du bist ja verrückt.«
»Kann sein.«
Er wich vor ihr zurück.
»Du läßt dir doch wohl
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