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Das Schweigen der Schwaene

Das Schweigen der Schwaene

Titel: Das Schweigen der Schwaene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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hatte er nicht.
    Er stieg aus und blickte schlechtgelaunt auf das gelbe Wasser, das auf der gegenüberliegenden Straßenseite begann. Randalls Karte zufolge kam er mit dem Wagen nicht näher an die Insel heran. Er bückte sich und schnürte seine Tennisschuhe fester zu.
    Er hätte Glück, wenn er durch den Schlamm und das faulige Wasser käme, ohne daß er einen der Schuhe verlor.
    Er hatte Sümpfe schon immer gehaßt. Aber natürlich wäre es zuviel verlangt gewesen, daß sich Nell für ein nettes, sauberes Berglager wie das in Washington entschied. Nein, sie mußte sich in die heißen, schlammigen Sümpfe stürzen, wo es zwischen Moskitos, Alligatoren und zweibeinigen Raubtieren wie Randall herumzukriechen galt. Am liebsten hätte er sie erwürgt. Mit knirschenden Zähnen sprang er ins Wasser und machte sich auf den Weg.
    »Anscheinend haben wir ein kleines Problem.« Wilkins lächelte, als er zu ihnen zurückgewatet kam. »Ich brauche einen Freiwilligen.«
    Nell sah ihn verschwommen vor sich und verstand kaum noch, was er sagte.
    »Also? «
    Sie wartete darauf, daß er sie direkt ansprach, doch dann sah er Peter an. »Du meldest dich doch bestimmt freiwillig, nicht wahr, Drake? Gut. Du bist genau der Richtige für diesen Job. Jung und schnell. Geh an den Kopf der Kolonne.«
    »Was soll ich tun? «
    »Wir haben ein kleines Entsorgungsproblem. Vorn ist der Weg versperrt.«
    »O. k.« Peter ging los.
    Sie bedachte den Sergeant mit einem argwöhnischen Blick. Jung und schnell. Warum schnell? Sie eilte Peter nach.
    Großer Gott.
    Sie blieb wie angewurzelt stehen.
    Die Schlange war wie eine farbenfrohe Girlande um den tiefsten Ast der Zypresse drapiert. Ohne sie zu streifen, kämen sie nicht darunter hindurch.
    »Wollen Sie besser sehen? « fragte Wilkins neben ihr. »Mach die Schlange los, Drake.«
    »Warten Sie.« Sie befeuchtete ihre Lippen. »Was ist das für eine Schlange? «
    »Nur eine kleine Milchschlange.«
    »Warum gehen wir nicht einfach drum herum? «
    »Gute Soldaten laufen vor Problemen nicht davon. Sie lösen sie.«
    Milchschlange. Dieser Name rief irgendeine Erinnerung in ihr wach. Es gab eine andere Schlange, die mit der Milchschlange fast identisch war. Nur die Reihenfolge der Streifen war anders.
    Sie wußte noch, daß ihr von ihrem Großvater einmal ein Reim beigebracht worden war, damit sie wußte, welches die harmlose und welches die giftige Schlange war.
    Aber sie erinnerte sich weder an die andere Schlange noch an den Reim.
    »Los, Drake«, wies Wilkins den Jungen an.
    Korallenschlange. Das Reptil, das der Milchschlange zum Verwechseln ähnlich sah, war die tödliche Korallenschlange.
    »Stop! «
    Peter blickte lächelnd über die Schulter zurück. »Keine Angst, ich hatte eine zahme Schlange zu Hause, als ich noch ein kleiner Junge war. Man packt sie einfach hinter dem Kopf, und dann
    kann sie einem nichts mehr tun.«
    »Nicht, Peter. Vielleicht ist sie giftig. Die Milchschlange und die Korallenschlange sehen sehr ähnlich aus.«
    »Es ist nur eine kleine Milchschlange. Sehen Sie, die goldenen Streifen liegen direkt neben den roten. Das heißt, daß sie harmlos ist.«
    Wilkins sah Peter mit zusammengekniffenen Augen an. »Los, Junge.«
    Peter ging in Richtung des Reptils.
    Rot neben schwarz.
    Warum nur erinnerte sie sich nicht an den Reim.
    »Ganz ruhig«, flüsterte Peter der Schlange zu. »Ich tue dir nichts, meine Süße. Ich hänge dich nur woanders hin.«
    Bei dem fast zärtlichen Klang seiner Stimme rann ihr ein kalter Schauder den Rücken hinab. Bestimmt streichelte er die Schlange gleich noch.
    Wilkins sah dem Jungen lächelnd zu.
    Der Sergeant mag mich nicht.
    Aber Wilkins brächte doch sicher nicht absichtlich ein Kind wie Peter in Gefahr? Auch wenn er ihn noch so sehr verachtete.
    Vielleicht war die Schlange ja tatsächlich so harmlos, wie er behauptete.
    Oder vielleicht irrte er sich.
    Rot auf schwarz...
    »Nein!« Sie stieß Peter beiseite, machte einen Satz, packte die Schlange hinter dem Kopf und schleuderte sie mit aller Kraft in den Sumpf. Drei Meter von ihr entfernt schlug das Tier auf der Wasseroberfläche auf.
    »Das hätten Sie nicht tun sollen.« Peter bedachte sie mit einem vorwurfsvollen Blick. »Der Sergeant hat gesagt, daß das meine Aufgabe ist.«
    »Sei ruhig«, knurrte sie. Wahrscheinlich war es eine Milchschla nge gewesen, aber sie hatte es einfach nicht geschafft, ruhig zuzusehen. O Gott, ihr wurde schlecht. Immer noch spürte sie die klamme Kälte der

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