Das Schweigen der Tukane
erklärte.»
«Wir reden vom gleichen Borer, oder?»
«Ich bin auch erstaunt. Es geschehen halt doch noch Zeichen und Wunder. Entgegen der gestrigen Abmachung wollte Georg die Sache auf seine Weise regeln, ohne den Staatsanwalt. Doch davon wollte der nichts wissen und bellte in den Hörer: ‹Das ist mein letztes Wort, ihr erscheint pünktlich in meinem Büro oder ich miste deinen Augiasstall höchstpersönlich aus.› Das hat Big Georg anscheinend verstanden. Chapeau!»
«Tja, unser Herr Staatsanwalt hat versteckte Talente.»
«Ich geh dann mal. Grüss Nadine von mir. Und Kopf hoch, das stehen wir gemeinsam durch. Wenn du mich brauchst, Anruf genügt.»
«Danke, Peter.»
Kaum war Strub weg, betrat der Koloss vom Waaghof schwitzend Ferraris Büro. Er liess sich stöhnend auf den Besucherstuhl fallen, der arg knackste.
«Willst du nicht lieber auf meinen Stuhl sitzen?»
Georg bewegte sich hin und her.
«Lass nur. Der hält schon. Ich war gerade mit zwei von meinen Leuten bei Borer. Mann, ging der voll zur Sache. Eigentlich wollte ich die Angelegenheit ja selbst regeln, aber er steht in der Hierarchie weiter oben. So musste ich mich wohl oder übel fügen.»
«Wir sollten uns auf die Lösung der beiden Morde konzentrieren, Georg. Diese Polemik rund um den Fall bringt nichts. Überhaupt nichts. Sie blockiert nur alle.»
«Ganz deiner Meinung, Francesco. Deswegen bin ich auch nicht hier. Es ist eine Sauerei, was Hartmann da angezettelt hat. Du weisst, dass ich bedingungslos hinter meinen Leuten stehe, aber so nicht. Ich wollte fragen, wie es Nadine geht?»
«Dreh dich um, dann weisst du es.»
Georg erhob sich umständlich. Er ging auf Nadine zu, die zögernd Ferraris Büro betrat, und nahm sie in die Arme.
«Mädchen, was machst du nur für Sachen?! Lass dich doch nicht von so einem Idioten wie Hartmann provozieren. Du siehst verdammt schlecht aus.»
«Danke für das Kompliment, Georg.»
Er liess sich wieder auf den Stuhl plumpsen.
«Pass auf sie auf, Francesco, und zwar gut. Sonst reiss ich dich in Stücke … Der zweite Punkt, weshalb ich hier bin: Wir sind rund um die Uhr einsatzbereit. Ihr ruft, wir kommen. Ich will, dass dieses Schwein gefasst wird!»
«Das wollen wir auch. Leider tappen wir ziemlich im Dunkeln. Kein wirklicher Ansatzpunkt, kein Motiv, kein Verdacht. Es ist wie verhext. Der Tod von Grauwiler hinterlässt nur Verlierer. Wenn du etwas tun willst, dann treibe bitte Nora und Julie auf. Lebendig. Und bitte Georg, keine unnötige Hektik. Wir wollen alle das Schwein kriegen, doch ohne ganz Basel in Schutt und Asche zu legen.»
«Verstanden. So, jetzt muss ich ein sehr unangenehmes Gespräch führen, mit den Eltern von Thuri. Die wissen noch nicht, dass ihr Sohn tot ist. Thuri ist … war zwar Christophs Mann, aber er hat mich darum gebeten.»
Ferrari wusste nur zugut, wie schwierig diese Aufgabe war. Was sollte man sagen? Was konnte man sagen? Die richtigen Worte zu finden angesichts des Unfassbaren, war beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Und doch musste das Entsetzliche ausgesprochen werden.
«Da ist übrigens noch die Adresse von diesem Thomas Lutz. Er wohnt an der Hegenheimerstrasse. Also dann, bis später. Und haltet schön die Ohren steif», sagte es und schnaubte davon.
Ferrari versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Thuri sprach also vorgestern mit Nora, nach Aussage des Wirtepaares stritten sie sich sogar. Wollte er, dass sie sich der Polizei stellte, oder ging es um die Entführung von Julie? Wie auch immer, zu einer Einigung kam es nicht, denn Thuri fuhr ohne Nora weg. Wieso wählten sie die Langen Erlen als Treffpunkt? Es gab durchaus Orte, die weniger frequentiert wurden. Vielleicht, weil Nora sich in der Nähe versteckte? Möglich. Und nur einen Tag später traf Thuri an gleicher Stelle eine oder mehrere Personen. Was war geschehen? Kam es zum Streit, drohte Thuri, seine Kollegen zu informieren? Was wusste er, dass er zum Schweigen gebracht werden musste? Und wer der bisher Vernommenen konnte den Mauerstein halten und damit zuschlagen? Praktisch alle männlichen Verdächtigen, dieser Ansatz würde sie nicht wirklich weiterbringen.
In den nächsten Stunden gingen Nadine und Ferrari die Liste der Freier durch und kontaktierten sie. Sie hatten Glück, alle waren am Samstagmorgen zu Hause. Einige wie Markwalder gaben sofort zu, Kunde bei Nora gewesen zu sein. Andere zierten sich zuerst. Doch auch diese Spur schien im Sand zu verlaufen, zumal alle Befragten glaubhaft
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