Das Schweigen der Tukane
husten.
«Du … du … Das kannst du nicht …», keuchte er.
«Und wieso nicht?»
«Wegen mir!»
«Aha!»
«Weil … natürlich kannst du tun und lassen, was du willst … du bist alt genug … ich meine, nein, nein und nochmals nein, das geht nicht. Mein letztes Wort!»
«So, so. Wegen dir.»
«Ja, genau. Ich … ich habe mich an dich gewöhnt.»
«Grossartiges Argument!»
«Ich … ich meine, weil ich dich brauche. Ohne dich macht es keinen Spass. Ich will, dass du bleibst. … Wir sind ein verdammt gutes Team. Oder etwa nicht?»
«Doch, das sind wir, aber …»
«Nix aber! Ich brauche dich und …»
«Und?»
«Es ist keine Lösung, einfach wegzulaufen», Ferrari biss sich auf die Lippen. Ich bin der grösste Trottel auf Gottes Erden! So ein dummes Argument, na ja, es ist zwar wahr, doch so mache ist das Ganze nur noch schlimmer. Etwas mehr psychologisches Geschick wäre nicht schlecht.
«Du meinst wie damals in Bern, oder?»
Jetzt gehts los! Tja, meine Schuld. Ich lerne wohl nie, im richtigen Moment den Mund zu halten.
«Ich … nein … ganz und gar nicht. Da warst du noch jung …»
«Und jetzt bin ich eine alte Schachtel.»
Bravo! Komm, Francesco, setz noch einen drauf. Es wird dir schon noch etwas einfallen.
«Du weisst ganz genau, was ich meine.»
«Seit ich hier bin, läuft immer etwas schief. Nehmen wir einmal Borer. Der Herr Staatsanwalt hat mich von Anfang an auf der Latte und ein grosser Teil der Kollegen kann mich nicht ausstehen. Die halten nur still, weil sie dich fürchten.»
«Niemand hat Angst vor mir», brummte Ferrari.
«Da irrst du dich gewaltig. Die wissen genau, was passiert, wenn du durchdrehst.»
«Ich behandle meine Kolleginnen und Kollegen immer mit Respekt.»
«Ha! Jetzt trägst du aber dick auf. Stichwort Peter Strub. Wie viele Male bist du schon an ihn geraten?»
«Moment mal! Der provoziert mich.»
«Aktuelles Beispiel. Was willst du mit dem Zettel machen?»
«Ich lasse ihn von Frank untersuchen oder noch besser von Peter und seinen Leuten.»
«Strub?»
«Der war früher mal im Labor. Ein Alleskönner, der kriegt das problemlos hin.»
«Aber nur mit Noldis Geräten.»
«Das wird ja wohl kein Problem sein. Die gehören der Polizei, und nicht ihm persönlich.»
«Und wenn sich Noldi weigert?»
«Dann schlage ich deinen Noldi zu Brei.»
«Et voilà. So viel zum Thema Respekt.»
«Wie … Halt, halt! So spielen wir das Spiel nicht, Madame. Du verdrehst alles und lenkst vom eigentlichen Thema ab.» Der Kommissär setzte zum Angriff an. «Also gut, dann hau doch ab. Renn weg! Aber weit weg. Nicht nach Bern. Da zeigen auch alle mit den Fingern auf dich. Du musst ins Ausland, am besten nach Alaska … Bringen Sie mir bitte noch ein Bier, ein grosses!»
«Alaska ist bestimmt reizvoll.»
«Blödsinn! Du bist meine Partnerin, ich brauche dich. Hier ist dein Platz. Geht denn das nicht in deinen Bauernschädel hinein?»
Bravo! Kaum schaut dein Kopf aus dem ersten Fettnäpfchen heraus, versinkst du voll im nächsten. Dass ich hinterrücks mit Nationalrat Kupfer konspiriere, hatte sie sicher schon abgehakt.
«Es scheint dir wirklich etwas an mir zu liegen. Das war schon beinahe eine Liebeserklärung, Marke Ferrari.»
«Unsinn! Ich bin jetzt über zwanzig Jahre in diesem Job. Und ich war immer allein unterwegs. Seit einigen Jahren …»
«Fünf, ums genau zu nehmen.»
«Schon fünf Jahre? Wie die Zeit vergeht. Unglaublich. Und jetzt willst du die fünf Jahre einfach wegwerfen? Bedeute ich dir denn gar nichts?»
«Doch … ach Scheisse! Du hast ja recht und ich will auch gar nicht weg. Diese Feindseligkeiten gehen mir einfach unter die Haut.»
«Das verstehe ich, darum muss das ein Ende haben, und zwar sofort. Zusammen kriegen wir das hin.»
Nadine nickte. Erleichtert lehnte sich Ferrari zurück und leerte das Glas in einem Zug. Das tat gut. Schweigend beobachteten sie die Menschen, die aus dem Bus stiegen, als Kuster sich zu ihnen setzte. Er bestellte ebenfalls ein Bier.
«Das war ein neuer Kunde, ein Zulieferer von Elektronikteilen. Der erste Koreaner, der bei uns … bei mir anklopft. Anscheinend lanciert eine Schweizer Firma ein Plagiat. In den meisten Fällen ist es ja umgekehrt. Doch die Zeiten ändern sich.»
«Entschuldigen Sie unseren Überfall, aber so bin ich zu einem Bier gekommen.»
«Und ich auch!», lachte Kuster.
«Im Laufe der Ermittlungen sind Ungereimtheiten aufgetaucht. Obwohl Peter Grauwiler ein vermögender, für meine
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