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Das Schweigen des Glücks

Das Schweigen des Glücks

Titel: Das Schweigen des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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die noch zu tun waren. Sobald er seine Maschinen wieder auf den Anhänger geladen hatte, schnallte er sich den Werkzeuggürtel um. Er befestigte ein paar lose Planken im Zaun, erneuerte den Kitt an drei Fenstern, flickte ein Fliegengitter, das ausgerissen war, und tauschte bei der Außenbeleuchtung eine durchgebrannte Glühbirne aus. Dann wandte er sich dem Schwimmbecken zu, füllte frisches Chlor nach, leerte die Siebe, fischte Blätter und anderen Unrat aus dem Wasser und reinigte die Filter.
    Er ging erst ins Haus und sprach mit Melissa, als er mit den Arbeiten fertig war, und auch dann blieb er nur wenige Minuten.
    »Es sind noch ein paar Dinge zu tun«, sagte er auf dem Weg zur Tür. »Ich komme morgen wieder und kümmere mich darum.«
    Am nächsten Tag arbeitete er wie besessen bis zum Einbruch der Nacht.
    Melissas Eltern fuhren in der Woche darauf wieder fort und Taylor füllte die Leere, die sie hinterließen. Wie im Sommer bei Denise kam er nun fast jeden Tag bei Melissa vorbei. Zweimal brachte er Abendessen mit – erst Pizza, dann gegrilltes Hühnchen – und obwohl er sich in Melissas Nähe ein wenig unbehaglich fühlte, glaubte er, eine gewisse Verantwortung für die Jungen zu haben.
    Sie brauchten eine Vaterfigur.
    Zu dieser Entscheidung war er ein paar Tage zuvor, nach einer weiteren schlaflosen Nacht, gekommen. Die Idee selbst jedoch hatte er schon während seiner Tage im Krankenhaus gehabt. Er wusste, er würde Mitch nicht ersetzen können, und das hatte er auch nicht vor. Auch würde er sich in keiner Weise in Melissas Leben einmischen. Wenn die Zeit kam, dass sie einen anderen Mann kennen lernte, würde er sich still aus dem Staube machen, und bis dahin würde er da sein und die Dinge in die Hand nehmen, die vorher Mitch gemacht hatte: Rasenmähen. Ballspiele und Angelausflüge mit den Jungen. Kleinere Arbeiten im Haus. Was immer.
    Er wusste, was es hieß, ohne Vater aufzuwachsen. Er erinnerte sich, wie er sich nach jemandem außer seiner Mutter gesehnt hatte, mit dem er sprechen konnte. Er erinnerte sich, wie er im Bett gelegen und das Weinen seiner Mutter im Nebenzimmer gehört hatte und wie schwer es im Jahr nach dem Tod seines Vaters gewesen war, mit seiner Mutter zu sprechen. Wenn er zurückdachte, sah er deutlich, wie seine Kindheit plötzlich vorbei gewesen war.
    Mitch zuliebe würde er es nicht zulassen, dass es seinen Jungen ebenso erging.
    Er war überzeugt, dass Mitch sich das von ihm gewünscht hätte. Sie waren wie Brüder gewesen und Brüder sorgten füreinander. Außerdem war er der Patenonkel. Es war seine Pflicht.
    Melissa schien nichts dagegen zu haben, dass er angefangen hatte vorbeizukommen. Sie hatte ihn nicht gefragt, warum er es tat; vermutlich bedeutete das, dass sie seine Gründe verstand. Die Jungen waren immer ihre Hauptsorge gewesen und jetzt, da Mitch tot war, hatte sich dieses Gefühl sicherlich verstärkt.
    Die Jungen. Sie brauchten ihn jetzt, daran zweifelte er nicht.
    In seinen Überlegungen hatte er gar keine Wahl. Als er die Entscheidung getroffen hatte, konnte er wieder essen und seine Albträume hörten unvermittelt auf. Er wusste, was zu tun war.
    Am folgenden Wochenende, als Taylor kam, um sich um den Rasen zu kümmern, atmete er scharf ein, als er in die Einfahrt zu Melissas Haus einbog. Er blinzelte, um sich zu vergewissern, dass seine Augen ihn nicht trogen, aber als er wieder guckte, hatte es sich nicht bewegt.
    Ein Schild von einem Immobilienhändler.
    Zu verkaufen.
    Das Haus war zu verkaufen.
    Er saß bei laufendem Motor in seinem Truck, als Melissa aus dem Haus kam. Sie winkte ihm zu, woraufhin Taylor endlich den Schlüssel drehte und den Motor abstellte. Er drückte die Tür auf und ging zu ihr. Er konnte die Jungen im Garten hinter dem Haus hören, sie aber nicht sehen.
    Melissa umarmte ihn.
    »Wie geht es dir, Taylor?«, fragte sie und sah ihn aufmerksam an. Taylor trat einen Schritt zurück und vermied es, sie anzusehen.
    »So ganz gut, denke ich«, sagte er verstört. Er nickte zur Straße hinüber.
    »Was hat das mit dem Schild auf sich?«
    »Ist das nicht offensichtlich?«
    »Du willst das Haus verkaufen?«
    »Hoffentlich.«
    »Warum?«
    Melissa schien in sich zusammenzusinken, als sie sich zum Haus umdrehte.
    »Ich kann hier einfach nicht mehr leben… «, sagte sie endlich. »Zu viele Erinnerungen.«
    Sie drängte mit einem Blinzeln die Tränen zurück und starrte wortlos auf das Haus. Plötzlich sah sie so müde, so niedergeschlagen aus, als

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