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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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beanspruchen?
    Offenbar lebendig, ein Mensch von Fleisch und Blut, kam er auf ihrer Straße daher. Aber hatte sie sich nicht selber – und Kieran und ihre beste lebenslange Freundin Lolly und auch ihr Neffe Aaron – sehr intensiv mit dem Skelett dieses Menschen beschäftigt? Weder Haut noch Haar hatten seine Knochen verschönt. Man hatte ihn nur an seiner Kleidung identifizieren können und an dem Beutel mit den Dachdeckerwerkzeugen, die man ihm ehrenhalber mit ins Grab gelegt hatte, ein Grab,das in ihrem Garten ausgehoben und später aufgewühlt worden war. Er war tot, so tot, wie man nur sein kann. Hatten sie und Lolly nicht das Skelett für ein anständiges Begräbnis hergerichtet? Hatten sie nicht mit eigenen Händen und mit Kittys kostbarster, angenehm duftender Seife jeden Knochen gewaschen – Schulterblatt, Kniescheibe, Brustwirbel, Schlüsselbein –, einen nach dem anderen, und in saubere Sachen gesteckt, die ihr Neffe hatte hergeben müssen? War sie nicht dabei gewesen, als man die Totenwache feierlich beging, bei der dieser Mann in einem mit weichem Zeug ausgeschlagenen Sarg lag, der aus den Brettern ihrer Bücherregale gezimmert war? Hatte sie nicht mit eigenen Augen gesehen, wie das Heim ihrer Vorfahren, in dem die eingesargten Knochen sicher geruht hatten, nebst Garten und allem, was darin war, allmählich in die Wogen der Westlichen See glitt?
    Jetzt war er wiedergekehrt, darauf aus, in der Burg Kissane herumzuspuken. Stimmt schon, ermordet hatten sie ihn. Das gab sie zu. Aber deshalb wiederkehren? Nichts konnte rechtfertigen, dass er in ihre Welt eindrang. Sie hatte ihn nicht umgebracht, nicht durch ihre Hand war er gestorben. Auch nicht durch die Hand von …
    Schon hielt sie inne mit ihren Beteuerungen. Bei der Totenwache hatte ihr nunmehriger Gatte damit geprahlt, er selber hätte den Mann erschlagen, hätte ihm mit dem Klopfbrett, dem gewichtigsten Werkzeug der Dachdecker, eins über den Schädel gezogen. Kieran war dabei gewesen, wie Declan Tovey sie –
sie, Kitty McCloud
– als blöde Kuh beschimpft hatte. Diese Mordtat konnte man nur allzu gut verstehen. Kieran hatte allem Anschein nach den lästerlichen Dachdecker niedergestreckt. Sie hatte damals gewisse Zweifel an der Echtheit seines Geständnisses gehabt, doch nun näherte sich der Echtheitsbeweis ihrem Burghof. Declan war gekommen, seinen Mörder heimzusuchen.
    Aber gleich peinigte sie ein anderer Gedanke. Wenn ihr Gatte den Mann tatsächlich ermordet hatte, warum konnte sie,Kitty, Declans Geist sehen? Natürlich, sie selbst hatte ja auch gestanden, ihn umgebracht zu haben, aber damit hatte sie nur ihre Freundin Lolly in Schutz nehmen wollen, die, wie Kitty überzeugt war, die Tat wirklich begangen hatte. Grund dazu hatte Lolly ja. Hatte Declan nicht sie selbst, also Kitty, der weniger attraktiven Lolly vorgezogen? Und hatte Lolly nicht Kittys Verdacht bestätigt, indem sie selber ein Geständnis ablegte? Schließlich hatten alle drei – Kitty, Kieran und Lolly –, einer nach dem anderen, behauptet, dem Kerl die wohlverdiente Strafe erteilt zu haben. Mit dem Ergebnis, dass sich wohl nie feststellen lassen würde, wer zu Recht Anspruch darauf hatte, Richter und Henker gewesen zu sein. Das erklärte aber noch lange nicht, warum die unschuldige Kitty bloß wegen eines fälschlich abgelegten Schuldgeständnisses plötzlich in den Genuss dieses dubiosen Privilegs kam.
    Kitty versuchte sich aller weiteren Spekulationen zu enthalten. Sie würde die Dinge hinnehmen, wie sie nun einmal waren, würde sich nicht bemühen, sie zu verstehen, würde auch keinerlei Erklärungen verlangen. Doch bevor sie sich noch, wenn auch zögernd, damit abgefunden hatte, kam es zu einer zusätzlichen Verwirrung ihrer Gefühle. Über den Weidegrund hinter den Schuppen auf dem Burggelände sah sie ihren Mann kommen. Durcheinander wie sie war, blieb ihr dennoch Zeit, sich darüber zu ärgern, dass er über seinen Alltags-Manchesterhosen und dem schäbigen Arbeitshemd die Jacke trug, die zu seinem Sonntagsstaat gehörte. Außerdem hatte sie ihn in der Spülküche vermutet – in weniger anspruchsvollen Wohnverhältnissen sagte man schlicht Küche dazu – und gehofft, er sei dabei, wie üblich die Abendmahlzeit vorzubereiten. Auch verwunderte es sie, dass er Handschuhe anhatte, mit denen er ein Bund Grünzeug hielt, begriff aber gleich, dass es Brennnesseln sein mussten, weshalb denn sonst die Handschuhe? Sobald sich die gegenwärtige Situation entspannt hatte,

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