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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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die maßlose Verwunderung, das unausweichliche Hinnehmen des eigenen Todes, womit er auf ewig aus dem Land seiner Jugend verstoßen war. Vielleicht betrauerte er sogar sich selbst. Das Leid von Taddy und Brid war nichts gegen das, was Tod und unvollendete Wiederauferstehung diesem Mann angetan hatten, der einst unbezwingbar über der von ihm beherrschten Welt gestanden hatte.
    Eine nächste Mitleidswelle drohte Kitty in den ihr wohlbekannten Abgrund zu stürzen. Es war noch gar nicht lange her, dass sie sich der gefährlichen Zuneigung hingegeben hatte, die Taddys trauervoller Geist in ihr erweckt hatte. Und nun wurde sie wieder von einer Idiotie bedrängt, die der eben erst überwundenen ähnlich war. Sie liebte ihren Mann. In seiner ganzen Herrlichkeit. Es konnte gar kein Bedürfnis nach etwas anderem geben. Närrisch mochte sie sein, aber verrückt? Das glücklose Opfer jedes bedürftigen Gespensts, das sich einfand, um in ihrer Burg herumzuspuken? Das durfte nicht sein. Das konnte sie nicht zulassen. Es reichte schon, dass sie dieser Heimsuchungvon Gespenstern ausgesetzt war. Es reichte schon, dass sie das Vorhandensein von Geistern hatte akzeptieren müssen, dass sie sich mit ihrer Gegenwart hatte abfinden müssen. Trotz allem hatte sie sich ihren gesunden Menschenverstand bewahrt. Noch einmal würde sie sich all dem nicht freiwillig aussetzen.
    Falls Declan Tovey durch das Wirken irgendeines unerklärlichen Tricks erlaubt worden war, wiederum Irlands heiligen Boden zu betreten, dann sollte sein Herumspuken auf den Ort seines Begräbnisses beschränkt bleiben, auf die Klippen und den Strand, über dem das Haus gestanden hatte. Dort war ja auch sein Grab gewesen. Und wenn das nicht ging, dann musste er eben in das Grab zurück, das ihm bereitet worden und das nun Sediment auf dem Meeresgrund geworden war. Auch die Gastfreundschaft Kerrys hatte ihre Grenzen – Grenzen, die, wie jedermann wusste, ins Unermessliche reichten, sogar darüber hinaus.
    Declan jedoch, der in ein Reich entsandt worden, das nicht von dieser Welt war, konnte nicht länger beanspruchen, hier willkommen zu sein. Kitty hatte bereits zwei Geister – drei sogar, wenn sie das geschlachtete Schwein mitzählte, jenes Schwein, das mit seinem unbeherrschten Rüssel Declans begrabene sterbliche Überreste hochgewühlt hatte. Ihr von dem hübschen Taddy verursachtes Leiden hätte ihr eigentlich Immunität gegen wiederholte Ansteckung geben müssen. Sie wurde ungeduldig, genug des grausamen Spiels, mehr konnte sie nicht verkraften. »Geh doch selbst dorthin«, sagte sie. »Geh dorthin, wo das Haus stand. Und wo der Garten gedieh. Geh runter bis zum Saum des Wassers am Fuß der Klippe und schau selbst nach, ob da was liegt. Das Meer ist eigensinnig. Man kann nie wissen, was es heute oder morgen freigibt. Nur wer hingeht und sucht, bekommt es heraus.«
    Kieran, der entweder beherzter oder närrischer als seine Frau war, fragte geradezu: »Suchst du was Besonderes? Hast du etwas verloren, was du jetzt brauchst?«
    »Nein, das nicht. Nein. Wirklich nicht. Ich bin nur vorbeigekommen,um zu sagen, dass es mir leid tut, dass nun alles hin ist. Ich bin eine Weile weg gewesen. Ein schönes Anwesen hast du gehabt und all die McClouds vor dir. Und nun ist es verschwunden – verschluckt von der See. Aber immerhin ein ehrenvoller Abgang, wie es sich für Kerry gehört, stimmt’s?« Er schob den Lederbeutel von der rechten Hand wieder in die linke, ein Zeichen, dass er nicht mehr sagen wollte. Und doch sagte er noch: »Aber … ich … wenn du jemals was findest … Nein. Nein. Lassen wir das.«
    Zum Glück senkte er die Augen mit dem seelenvollen Trauerblick, so konnte Kitty nur ahnen, dass darin eine noch dunklere Tiefe schlummerte, als sie zuvor wahrgenommen hatte. Hätte sie ihre Sprache in der Gewalt gehabt, hätte sie ihn inständig gebeten zu verschwinden oder einfach zu gehen, und zwar schnell.
    »Wie wär’s, wenn du reinkommst und mit uns zu Abend isst?«, fragte Kieran. »Wenn du Brennnesselsuppe magst, die macht keiner besser als meine Frau.«
    Am liebsten hätte Kitty ihren Mann umgebracht, aber rasche Einsicht hielt sie davon ab: Geister essen nicht. Kieran, klug wie er war, stellte Declan auf die Probe. Wenn er die Einladung annahm, wenn er sich wirklich mit ihnen zu Tisch setzte und aß …
    Es blieb Kitty erspart, den Gedanken weiter auszuspinnen. Über Declans Züge glitt ein schwaches Lächeln. »Nein. Vielen Dank, nein. Ich muss den Weg

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