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Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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Dem Neuen in der Runde wurde sein Drink gereicht, ein Glas Rotwein, worüber sich zu Aarons Verdruss niemand erregte. Nachdem man sich entsprechend zugeprostet hatte, entschied sich der Neuling für die blauen Darts, und ein nächstes Spiel begann – nur eine Runde – zwischen ihm und Aaron.
    Während er wartete, bis er dran war, glaubte Aaron aus einem Augenwinkel zu erkennen, dass Lolly in seine Richtung blickte. Er wollte sich schon umdrehen, um sich zu vergewissern, doch sein Gegner hatte den Schweinemenschen in Aufregung versetzt, weil er im ersten Durchgang gleich 140 Punkte erreichte, zweimal die Triple-20 und eine Single-20. Sofort wurde noch eine Lage bestellt. Das Spiel kam barmherzigerweise zu Ende, als der Mann mit einer Double-9 abschloss.
    Aaron wollte die rotbefiederten Pfeile gerade einem Gast am Ende der Bar anbieten, einem Burschen, dessen auffallendes Merkmal gelbe Hosenträger waren, da sah er Lollys Begleiter auf sich zukommen. Aaron zögerte, hielt dann aber seine Darts doch dem Mann mit den Hosenträgern hin. Der Bursche schaute verwundert auf die Pfeile, wusstenicht recht etwas damit anzufangen und nahm sie schließlich mit einer Miene, die verriet, dass er sich ungern auf etwas einließ, das sich in guter Gesellschaft eigentlich nicht schickte. Aaron stellte sich an die Bar, leerte sein Halbliter-Glas und nickte Francis zu, was einer Aufforderung gleichkam. Francis verstand und flüsterte: »Beschscher du nimmst die Gelben nächstes Mal. Liegen beschscher in der Hand.«
    Ehe sich Aaron für den Ratschlag bedanken konnte, ging Francis, um seine Neutralität und sein Desinteresse zu demonstrieren, ans andere Ende der Bar und hörte einem Teenager zu, der sich darüber ausließ, wie ungehörig es sei, eine Frau in ein öffentliches Amt zu wählen. Meisterlicher Barkeeper, der er war, folgte er den Ausführungen, ohne eine Meinung erkennen zu lassen; ein gelegentlicher Augenaufschlag, ein Kopfnicken oder Anheben des Kinns waren alles.
    Links von ihm sah Aaron die Darts fliegen, manche in gerader Linie, andere in aufsteigender und sich elegant neigender Flugbahn, wieder andere eierten etwas im Flug. Der Schweinemann bildete eine Mannschaft mit dem Zuschauer und spielte gegen Lollys Freund und dem Burschen mit den gelben Hosenträgern. Aaron konnte deutlich die Farben ausmachen – rot, blau, gelb und grün. Hinter sich hörte er es grunzen, glucksen, stöhnen und Rufe wie »Pech gehabt« und »Prima Wurf«. Immer wieder schwirrten die Pfeile vorüber wie Kolibris. Er sollte sich besser auf sein Bier konzentrieren, in seinem Inneren den dort verborgenen Kummer aufspüren. Er wollte Phila geben, was sie verdiente, die volle Ladung an Eifersucht und Seelenqual, bis an die Grenzen wollte er gehen, wenn möglich, sogar darüber hinaus. Jetzt wollte er wissen, wie viel er erdulden konnte, ohne das Bewusstsein zu verlieren; zumindest ließe sich testen, wie weit er es treiben durfte, ohne den Sinn für Stil und Anstand zu verletzen, wenn bittere Tränen tropften, sein Stoutverwässerten und das auf der Bieroberfläche entstandene Lilienmuster störten.
    Er nahm einen besonders kräftigen Schluck. Das Muster wandelte sich, glich an der Steilküste aufschäumenden und zurückweichenden Wassern. Nach einem weiteren Schluck sah er die Handfläche einer Frau mit langer Lebenslinie, doch die Liebeslinie war so gut wie nicht vorhanden. Geräuschlos atmete er tief durch die Nase aus, trank wieder. Er stellte das Glas ab, prüfte nicht, welches Muster entstanden war, und blickte stattdessen in den Spiegel.
    Lolly verfolgte von ihrem Tisch aus voller Hingabe das Dartspiel. Um zu sehen, wo ihr Begleiter jetzt sein könnte, bewegte Aaron zuerst den Kopf und dann die Füße, gewann so einen anderen Blickwinkel für die Beobachtung im Spiegel. Da stand der Mensch, das Haar fiel ihm jetzt in die Stirn, der Knoten seiner Krawatte war gelockert, der oberste Knopf des Hemds offen. Er zielte mit dem gelbbefiederten Pfeil und warf ihn mit einer knappen Bewegung aus dem Handgelenk. Keinerlei Reaktion zeigte sich auf seinem Gesicht, nichts deutete Erfolg oder Misslingen an. Aaron leerte das Glas, hob die Hand, um Francis ein Zeichen zu geben. Als Francis den Wink nicht wahrnahm, fuhr er sich mit dem Handrücken über die Lippen, damit die Geste nicht vergeblich war.
    Er schaute ins leere Glas, tauchte den Finger hinein, wischte den Schaum vom Inneren des Glases und steckte den Finger in den Mund. Er überlegte, ob er den

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