Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)
Reifeprozess vom
root beer
, der Wurzelsaftbrause, zum Stout vollzogen haben, und er würde ohne Bedenken den nächsten halben Liter bestellen können.
»Du hast dir ein Schwein zugelegt, wie man hört«, begann Francis.
»Ach, na ja.« Aaron, der sich schon wunderte, woher Francis sein Name bekannt war, war noch mehr erstaunt zu erfahren, dass sein mühevolles Unterfangen bereits die Runde gemacht hatte. Und wenn jetzt alle Welt von dem Schwein wusste, was wusste man von Declan Tovey? War es möglich, dass Toveys Knochen – die weit größere Bedeutung hatten – der Aufmerksamkeit irgendeines Allwissenden entgangen waren, der sein allsehendes Auge unverwandt auf die Begebenheiten des Ortes richtete, seien sie groß oder klein? Aaron wollte schon ein paar Fragen stellen, die Francis entlocken sollten, was er eigentlich wusste, besann sich aber eines Besseren. Sowie er nämlich eine Andeutung machte, würde er in Francis den Reportertrieb wecken, und Aaron würde sich einer Befragung aussetzen, die unweigerlich ein seine Tante belastendes Eingeständnis erzwingen und damit das grinsende Skelett des niedergemachtenDachdeckers in die Hände der
gardaí
liefern würde. Demzufolge beschloss Aaron, diesmal völlig den Mund zu halten. Schließlich war er aus ganz anderen Gründen hier, nicht, um über ein widerborstiges Schwein zu reden und den ausgegrabenen Leichnam eines ermordeten Landstreichers. Er hoffte, man würde seine selbstverordnete Absonderung von den anderen Gästen respektieren und er könnte sich nun zum Stelldichein mit der sich ihm entziehenden Phila Rambeaux begeben.
Francis legte beide Hände auf den Schanktisch, je eine neben Aarons Glas. »Lolly McKeever behauptet, es sei nicht ihrsch, aber so ohne weiteres glauben will ich das nicht. Das Tier ist alt, heischt es, und Lolly schämt sich deswegen. Trotzdem, ein Schwein zu verleugnen, dasch einem gehört!« Er schüttelte den Kopf.
»Willst du’s haben?«, fragte Aaron. »Kannst es haben, brauchst es bloß zu sagen.«
»Nein. Ich nicht. Ich arbeite doch abends und nachts, wie du weischt, das wäre nicht fair dem Schwein gegenüber.«
Aaron verzichtete darauf, dem tieferen Sinn dieser Feststellung nachzugehen. Stattdessen nahm er langsam mehrere Schlucke von dem Stout und hoffte, Francis würde die Gesprächspause zu lange dauern und er würde hinter dem Tresen zu anderen Gästen gehen und sich lieber mit denen unterhalten, die sich keinem Schmerz hinzugeben, sich keines Kummers zu erfreuen hatten. Doch während er trank, sah er über den Rand seines Glases im Spiegel hinter der Bar Lolly McKeever hereinkommen, die, wie es schien, die bloße Nennung ihres Namens heraufbeschworen hatte. In ihrer Begleitung war ein Mann, größer als Lolly, aber kleiner als Aaron. Er trug einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd mit einer dünnen Strickkrawatte, und, wenn Aaron sich nicht täuschte, hatte er ungeputzte Schuhe mit dicken Sohlen an. Sein dunkles Haar war glatt zurückgestrichen und verlieh ihm das Aussehen natürlicher Mannhaftigkeit, einAussehen, um das sich Aaron seit langem bemühte, das ihm aber bislang nicht geglückt war. Die Geste, mit der der Mann auf einen Tisch in der Nähe der Tür wies, bestärkte Aarons Eindruck. Sie wirkte wie eine selbstverständliche Anweisung, wie sie nur jemand gab, der nie Ärger bereitet oder enttäuscht hatte. Ohne zu zögern, glitt Lolly auf einen Stuhl an der Wand, und stützte, sich vorbeugend, die Ellbogen auf den Tisch.
Sie trug enganliegende, rehbraune Hosen und einen Wollpullover von den Aran-Inseln. Offensichtlich hatte sie sich das Haar schneiden lassen; in dem wechselnden Licht im Raum wirkte es dunkler und strenger. Sie war nicht ganz so attraktiv, wie er sie in Erinnerung hatte, doch der Mann an ihrer Seite bewies, dass sie begehrenswerter war, als er geglaubt hatte.
Der Mann hatte sich nicht neben sie gesetzt, sondern rückte den Stuhl ihr gegenüber zurecht. Er ließ ein wenig die Schultern sinken und legte die Hände auf den Tisch. Lolly redete. Sie hatten sich schon beim Hereinkommen unterhalten und setzten ihr Gespräch fort, das offenbar genug Stoff bot, um die Pause zwischen Platznehmen und Bestellen der Getränke auszufüllen. Jetzt beugte sich der Mann vor, daraufhin lehnte sich Lolly zurück, nahm jedoch nicht die Augen von den Händen des Mannes. Sie neigte den Kopf nach links, vielleicht, um sich skeptisch zu geben, wahrscheinlicher aber war, um ihm interessierter zu folgen. Nun war sie es,
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