Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)
in ihrem Überschwang einfiel, taten sie ihm reichlich an. Verdient hatte er es. Er drehte sich um, hob das Glas und grüßte seine neuerworbene Fangemeinde. Nur Lolly eilte zur Tür, sie allein. Ihr Freund blieb bei denen, die sich um ihn drängten, war fröhlich, feierte seine Niederlage mit unverhüllter Freude und einem erhobenen Glas. Aaron versuchte sich durch die Menge zu schieben, aber seine Mühe wurde als Versuch gewertet, sich bescheiden unter seine Anhänger zu mischen. Das Schulterklopfen und Armdrücken wurde mit zunehmender Aggressivität wiederholt, und das Mädchen mit dem pinkfarbenen T-Shirt zupfte ihn sogar am Ohr. Lolly war zur Tür hinaus. Aaron versuchte noch einmal, gegen die Menge anzukommen, bewirkte aber noch weniger. Ein Pint wurde ihm vor die Brust gestoßen, das Stout schwappte gegen sein Hemd, der Stoff blieb an der Haut kleben. Jetzt roch er nach saurem Kaffee. Der Jubel, mit dem das Missgeschick begrüßt wurde, ermunterte den Hosenträger-Mann, Aaron ein volles Glas über den Kopf zu kippen. Ein weiteres Glas folgte, dann sogar ein drittes, und alles inmitten größter Ausgelassenheit und Freude.
Durch die Kaskaden von Stout, die ihn fast blendeten, hielt Aaron Ausschau nach dem Schweinsköpfigen, erhoffte sich Hilfe von ihm, doch er sah ihn nirgends, nicht in der Menge, nicht an der Bar noch sonstwo in der Gaststätte.
Etwas abseits rechts neben ihm starrte Lollys Begleiter in dem dunklen Anzug unbeteiligt in sein Pint, ein selbstgefälliges Lächeln im Gesicht. Aaron sah auch den dünnen schwarzen Binder, der locker unter dem Adamsapfel geknotet war. Er konnte nicht umhin, die langen, kräftigen Finger wahrzunehmen, und erst recht fielen ihm die derben ungeputzten Schuhe auf. Aaron betrachtete den Kopf des Mannes etwas genauer, die wohlgeformte Nase mit der gefällig gerundeten Spitze, die schwellenden Lippen, die voller wirkten als seine eigenen, und die Wangen, die straff über den hohen Backenknochen gespannt waren. Strähnen, die sich aus dem geschniegelten Haar gelöst hatten, ließen die Stirn niedrig erscheinen. In seinem verwirrten und angetrunkenen Zustand glaubte Aaron, Declan Tovey vor sich zu haben. Mit dem Skelett hatte er ausreichend Bekanntschaft geschlossen; die ihm vertrauten Knochen mit Fleisch zu umkleiden, war ihm ein Leichtes. Der lässig getragene und gerade deshalb würdevolle Anzug hing nicht mehr schlaff an dem Gerippe. Den Kopf bedeckte eine ansehnliche Haarpracht, die Schuhe standen fest auf dem Boden, da das Gewicht des wiederhergestellten Körpers, durch den warm das Blut kreiste, auf ihnen ruhte. Die Arme und Beine waren nicht länger dürr und mager, sondern ließen harte Muskeln unter dem festen, strammen Fleisch vermuten.
Aaron begriff, weshalb der Mann lächelte. Er lächelte, weil ihm seine Wiederkehr gelungen war. Er lächelte, weil er wusste, dass sein Schicksal und das Schicksal von Lolly McKeever für alle Ewigkeit miteinander verbunden waren. Keine Beziehung zueinander konnte inniger sein als ihre: die des Ermordeten zur Mörderin. Keine Leidenschaftkonnte feuriger sein als die in den selbstvergessenen Momenten ihrer Verbindung; keine Liebe konnte sich messen mit der Intensität ihres Ineinanderverschmelzens. Dieser stillvergnügt vor sich hin lächelnde Mann, dieser Declan Tovey, würde durch die von ihr vollbrachte Tat, durch den Mord, Lolly für immer besitzen. Den Platz konnte ihm niemand streitig machen, niemand würde seine Vorrangstellung erreichen. Niemand würde das selbstzufriedene Lächeln von seinen Zügen wischen können.
Aaron stellte sein Glas ab, schob das Mädchen mit dem T-Shirt zu Seite, torkelte auf den Lächelnden zu und schlug ihm die Faust ins Gesicht. Ein zweiter Hieb, der ihn k. o. schlagen sollte, verfehlte sein Ziel, weil sich der Mann wegduckte, statt dessen traf Aaron den Hosenträgermann. Andere mischten sich ein, es kam zu einem Handgemenge. Aaron hatte einen weiteren Vorwand geliefert, grob behandelt zu werden, und die um ihn Versammelten nutzten das weidlich aus. Schläge hagelte es jetzt nicht bloß auf Aaron allein. Der Mann mit den Hosenträgern erhielt Knüffe und Püffe von dem T-Shirt-Mädchen, ein hagerer Mensch mit Bürstenhaarschnitt drosch auf jemand in einem grünen Pullover ein, der seinerseits wild mit den Armen um sich schlug. Dabei bekam eine robuste ältere Frau einiges ab, die ihr Glas dem hageren Kerl an den Kopf knallte.
Francis sprang hinter der Bar hervor und bahnte sich
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