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Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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verdanken, dass er seine Leiden hintangestellt hatte. Es hatte ihm angenehme Stunden bereitet und ihm begeisterte Anhänger verschafft. Jetzt war es gekommen, um ihn nach Hause zu bringen.
    Ohne zu zögern, trappelte das Schwein über die Dielen, seine Hufe klackten wie die hochhackigen Schuhe von Partygirls, die als Pärchen auf die Tanzfläche schritten. Mitten im Raum blieb es stehen und fuhr mit der Schnauze an einer Ritze in den Holzplanken entlang. Ehe Aaron noch irgendeinen Gedanken fassen konnte, machte er sich Sorgen, dass es sich einen Splitter einreißen konnte. Vielleicht sollte er das Schwein zu sich rufen. Doch es hätte nichts genützt. Es hatte ja keinen Namen, und dass es aufs Wort hörte, konnte man ihm nicht nachsagen. Aaron wusste, was er tun musste. Da gab es keine Alternative, keine andere Möglichkeit. Er stellte das Glas auf dem Tresen ab, und ohne nach rechts oder links zu blicken, ohne den Kumpanen, die ihn so begeistert aufgenommen hatten, auch nur zuzuwinken, strebte er der noch offenstehenden Tür zu. Hinter sich hörte er das Klappern der gespaltenen Hufe. Er trat hinaus und ging die Straße hinunter. Das Klappern hielt an, das
tippity-tapp-tapp
wurde eine Begleitung, die seinem Gang einen steten Rhythmus verlieh.
    Er drehte sich nicht um, das brauchte er auch nicht. Mit der ersehnten Selbstvergessenheit war es vorbei, mit der gesuchten Einsamkeit nicht minder. Die Sterne halfen ihm nicht weiter, der Mond war nur eine zweckmäßige Vorrichtung, die ihm den Weg erhellte, die Winde mit ihrem melodischen Säuseln kamen nicht an gegen das entschiedene, wie ein Metronom Takt schlagende Klopfen der hohen Hacken, das ihn verfolgte, ihn aber auch leitete, ihn hindrängte, trotz seines Torkelns, zu einem Geschick, das sich erst noch offenbaren sollte, das unwiderstehlich war und dem man sich nicht entziehen konnte.
    Schicksalsergeben hob Aaron den Kopf, das Herz, dieStimme und sang nach der Melodie »For He’s a Jolly Good Fellow«
    Wie kam denn das Schwein in den Pub rein,
    Wie kam denn das Schwein in den Pub rein,
    Wie kam denn das Schwein in den Pub rei-hein,
    Und irisch ist’s allemal!
     
    Sooft er auch stolperte, sooft er auch hinfiel, Aaron ging ziemlich geradenwegs dem entgegen, das ihn erwartete, und das
tippity-tapp-tapp
, das Klack und das Klopp folgten ihm getreulich nach.

Kapitel 6
     
    Am nächsten Morgen gedachte Aaron in das bergige Umland zu wandern, in die niedrige Bergwelt, die sich im Osten oberhalb der Stadt erhob, wo die Anziehungskraft des Mondes mit seinem Einfluss auf die Gezeiten ihm keine zeitlichen Einschränkungen auferlegen und ihn nicht zwingen würde, des Tages Leiden früher als von ihm gewollt zu beenden. Von den Anhöhen aus gesehen, würde sich die Welt zu seinen Füßen ausbreiten, würde er einen Blick auf die mit Steinwällen eingegrenzten Weideflächen an den Abhängen genießen können, die sich bis zu den Feldern unten an den Landspitzen hinzogen.
    Allerdings gab es einen Nachteil bei der Sache. Die Berge als solche boten nicht die ersehnte Ruhe. Seine Großtante Molly hatte ihn hin und wieder zum höchsten Gipfel mitgenommen, wo sie allein mit den Schafen gewesen waren, begutachteten, wie die Wolle wuchs, von welcher Beschaffenheit sie war und welchen Ertrag die Schur bringen würde. Die Berge und Tante Molly gehörten zusammen. Nicht einmal Phila würde gegen sie ankommen. Tante Molly war allgegenwärtig. Schon der bloße Gedanke am Morgen – noch ehe er aufgestanden war, noch ehe er an Phila dachte, noch ehe ihn die Irrungen und Wirrungen mit Declan Tovey einholten –, allein die Vorstellung, über Weideland bergan zu klettern, durch Heidekraut und Stechginster und Felsgestein, auf matschigen Trampelpfaden hinauf zu den lockenden Höhen, hatte in ihm das Bild seiner Großtante heraufbeschworen, groß, unbezwingbar, auf dem Gipfel thronend, mit ausgestrecktem Arm, dessen ausladende Geste die Ländereien unten umschloss, und wie sie zu ihm sprach in Worten, die sich in sein Inneres eingrubenund ihn für alle Zeiten irisch prägten, egal, wem er späterhin Treue schwören würde.
    »Ganz bestimmt war es hier oben«, hatte Tante Molly gesagt, »genau an diesen Fleck hier oben hat der Teufel die überheblichen Mächtigen von England gebracht und hat ihnen verheißen: ›All dies will ich euch geben‹« – und hier kam die erwähnte Geste –, »›all dies will ich euch geben, wenn ihr niederfallt und mich anbetet.‹ Kaum hatte der Teufel seine

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