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Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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muss das Meer entscheiden.«
    »Ich kehre um, sowie die Flut steigt, machen Sie sich keine Sorgen.«
    »Nein, die werd ich mir nicht machen. Das mit dem Sorgenmachen hat sich erledigt. Und Sie sind nicht schlimmer als Ihre Tante. Niemand kann schlimmer sein als Ihre Tante.«
    »Wie das?«
    »Das sage ich, weil es mich traurig macht, nicht als Anklage. Es ist eine Feststellung, jeder der sie kennt, sieht das genauso. Auch Zorn ist dabei, sie hat mehr wider den Stachel gelöckt, als ein Mensch ertragen kann.«
    Sweeny hatte sich abgewendet und schaute aufs Meer hinaus. Gegen die tosenden Wogen wirkte er einsam und verlassen. Seine Worte verloren sich in ihnen. »Einen Menschen zu ermorden, ist eine schlimme Sache«, sagte er. »Zumindest seh ich es so. Etwas Schreckliches, das man nicht ungeschehen machen kann. Der Mann ist tot, und sie hat’s getan und wird es nicht mehr los. Und nun hat sie ihn dort bei sich im Haus. Jede andere Frau würde es zum Wahnsinn treiben, aber nicht Ihre Tante. Die nicht.«
    Aaron blickte hinunter zu seinen Socken und wackelte mit den Zehen. Eine riesige Woge, ziemlich nahe am Ufer, brach sich und fiel, das Wasser peitschend, in sich zusammen. Er sah zu Sweeney auf. Sweeney, der immer noch aufs Meer starrte, als hielte er Ausschau nach einem Segel, vondem er wusste, dass es nie auftauchen würde, hob seinen Kopf höher. Ernste Trauer überschattete sein Gesicht.
    Aarons starrte weiter auf seine Füße. »Meine Tante sagt, Lolly McKeever war es. Lolly sagt, Sie waren es, und Sie sagen – meine Tante. Wissen Sie, was ich denke?«
    »Sie denken, ich war’s.« Aaron regte sich nicht, und Sweeney fuhr fort: »Von mir aus können Sie das denken. Es ändert so und so nichts.« Er drehte sich zu ihm, sah Aaron an, streckte die Hand aus und nahm ihn beim Arm. »Kommen Sie«, sagte er, »ich kann Sie nicht hier an der Grenze zur Ewigkeit stehen lassen. Ich begleite Sie zurück.«
    »Danke, aber ich gehe in die andere Richtung.«
    »Nein. Das lasse ich nicht zu.«
    »Aber eigens deshalb bin ich hergekommen. Um spazieren zu gehen. Hier. Am Ufer. Allein.«
    »Ja«, sagte Sweeney. »Wir wandern am Strand und schauen auf die Steine und tun dem Meer gegenüber so, als wüssten wir nicht, dass es da ist. Wir wandern und lassen uns von den Sorgen treiben. Wir lassen das Meer für uns wüten, damit wir in unserem Leiden mit uns selbst sanft umgehen können. Wir überlassen unser Sehnen und Verlangen dem Meer.« Er senkte den Kopf. »Also gut. Gehen Sie. Es ist ein gewaltiges Grab, das Sie erwartet, und eine beachtliche Gesellschaft, wenn vielleicht nicht von Heiligen, so doch von angenagten Toten. Das Fischmaul ist allemal besser als der Mund eines Wurms und macht es auch nicht so geräuschvoll, heißt es.«
    Er ließ Aaron stehen, hielt aber nach zwei Schritten inne. Ohne sich umzuwenden, fragte er: »Ist es Ihre Ehefrau, die Sie verloren haben, oder was?«
    »Eine Frau.«
    »Schön?«
    »Nicht unbedingt.«
    »Und Sie haben geglaubt, sie würde dankbar sein, einen so großartigen Mann zu bekommen.«
    »Ja.«
    »Aber sie war nicht dankbar.«
    »Nein.«
    Sweeney nickte. »Undank ist der Welt Lohn. Die haben keine Ahnung, was ihnen entgeht.«
    »Treibt Sie der gleiche Grund hierher?«
    »Undankbare Menschen. Vielleicht nicht alle. Aber eine von ihnen, deren Namen ich nicht nennen werde, ist es.«
    »Ist es ein Name, den ich kenne?«
    »Niemand kennt die Namen, die ich für sie habe.«
    »Aber weiß diese Frau, weiß sie um die Gefühle, die Sie für sie hegen?«
    »Niemand weiß, was ich fühle.«
    »Ahnt sie etwas?«
    »Ahnen? Wie denn? Es ist jenseits aller Vorstellungskraft.«
    »Vielleicht könnten Sie ihr einen kleinen Hinweis geben.«
    »Und was würde das bringen?«
    »Sie könnte es für eine großartige Sache halten.«
    »Nein, nicht sie. Niemals.«
    »Aber warum?«
    »Weil es keine großartige Sache ist. Es ist Wahnsinn.«
    »Aber warum?«
    »Von Geburt an ist sie meine Feindin. Und ich bin ihr Feind. Wir wurden in eine Welt hineingeboren, die uns eine Feindschaft aus alten Zeiten aufzwang. Unsere heiligen Taufschwüre sind nichts im Vergleich zu dem Gelübde, das wir mit dem ersten Wahrnehmen von Licht auf dieser Erde ablegen, mit dem ersten Schrei. Und es ist kein Gelübde, das mit Wasser bekräftigt wurde, sondern mit Blut. Längst vergessenem Blut. Einzig und allein die Feindschaft ist geblieben. Sagen Sie nicht, dass sie nicht da wäre. Sie ist da. Ich trage sie in mir. Sie trägt sie in sich.

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