Das Schwert der Keltin
ihre Kampfgenossen sich über die äußere Erhebung des Wehrs verteilten. Die Leitern an der Innenseite erlaubten ihnen einen leichten Abstieg, und für einen kurzen Augenblick hörte das Abschlachten in dem überfüllten Tal auf. Beide Seiten legten eine Kampfpause ein, schöpften Luft und Wasser und verzehrten einige Hand voll in Malz eingelegter Getreidekörner oder ein paar Streifen Dörrfleisch. Auf der römischen Seite übermittelten erhobene beziehungsweise nach unten geneigte Standarten komplexe Botschaften an die eng zusammengedrängten, durchnässten Reihen der Soldaten, und die noch am unverbrauchtesten erscheinenden Legionssoldaten wechselten nach vorn an die Frontlinie. An den Flügeln des römischen Heeres stiegen die Kavalleristen von ihren Pferden ab. Alles ereignete sich genau so, wie es sich auch schon im Land der Eceni ereignet hatte, nur diesmal in einem etwas größeren Rahmen. Und für den Fall, dass Scapula die Falle entdeckt haben sollte, hielt er sich nun offenbar für ebenbürtig. Auf einem Felsvorsprung hoch oben über der Schlacht wandten in diesem Augenblick ein Krieger und ein Kind ihre Blicke nach Norden, suchten dort nach einem Anzeichen der versprochenen dreitausend Krieger. In weiter Ferne, auf dem Kamm eines Berges, sah Dubornos jedoch nur einen einzigen, kahlköpfigen Mann, der zu Fuß ging und sein Pferd am Zügel führte. Ganz leicht huschte ein Gefühl der Vorahnung eines grauenvollen Desasters durch seine Brust.
Los!
Der Befehl wurde auf Lateinisch ausgesprochen oder auf Eceni, vielleicht aber auch einfach nur in Gedanken. Sein Echo aber ließ die Höhenzüge der Berge förmlich erbeben und schoss regelrecht durch den Engpass hindurch. Die anschließende kurze Pause war erfüllt von einem kollektiven Einatmen, und das darauf folgende ohrenbetäubende Gebrüll der Legionstruppen enthielt nur noch eine einzige Nachricht: Wir sind die Macht Roms, siegreich und lebendig. Niemand kann sich uns widersetzen!
Die Bären im Wald unterbrachen ihre Streifzüge abrupt und horchten auf das Tosen im Tal, die Hirschbullen hielten mitten in ihren Brunftkämpfen inne. Über den höchsten Berggipfeln kreisten die Adler, schlugen mit ihren Schwingen gegen einen Wind an, der ihnen nicht von den Göttern gesandt worden war. In dem von Felsgeröll übersäten Tal schlugen Tausende von Legionssoldaten mit ihren Schwertern in donnernder Kakophonie auf ihre Schilde ein, und begleitet von einem Hagel von Steinen, Speeren und Wurfgeschossen begann die Schlacht um den Festungswall.
Die Römer erhoben ihre Schilde wie Dachziegel und kauerten sich unter ihnen zusammen. Mit bloßen Händen klammerten sie sich an den Felsblöcken fest und hieben ihre Klingen in die Eichenstämme hinein. Viele von ihnen starben, doch diese wurden von ebenso vielen Nachrückenden ersetzt. In Scapulas Armee galt ein Mann so viel wie jeder andere, waren alle gleichwertig, von gleicher Bedeutung. Schließlich, obwohl mit deutlichem Widerstreben, zogen sich die Krieger immer weiter zurück, während die römische Infanterie sich in ihr Tal ergoss, zuerst nur wie einzelne Tropfen, doch dann, als der Damm brach, wie eine regelrechte Flut. Die Falle hatte funktioniert, alles, was es jetzt noch brauchte, war ein Hammer, um sie wieder zu schließen. Drüben, auf dem weit entfernten Bergkamm, schwang sich ein Reiter auf sein Pferd, horchte noch einmal aufmerksam auf die Schreie der Sterbenden und ritt dann den Bergpfad hinab.
Felsbrocken wurden aus ihrer Verankerung gerissen und mitten in die dichtesten Ansammlungen der Feinde geschleudert. Andere Krieger warfen kleinere Steine und Speere von ihren höher gelegenen Standpunkten aus und kletterten anschließend hinunter, um sich in den Kampf zu stürzen. Die Legionssoldaten drängten in das Tal hinein, unterwarfen es sich. Ihr Rücken war ungeschützt, und sie hatten keine Nachhut, die sie auch in die entgegengesetzte Richtung verteidigte, doch der erwartete Hammer kam nicht. Es kamen keine dreitausend Speere der Briganter und der Selgovaer geflogen. Kein Venutios war da, der die Lachsfalle zuschnappen ließ. Und selbst der einzelne Kundschafter war nun wieder hinter dem Kamm der Hügelkette verschwunden.
Wenn Venutios uns im Stich lässt, dann töten wir noch so viele, wie wir nur können, und fliehen dann!
Das hatte Caradoc im Vertrauen zu Breaca gesagt, und dann, nach und nach, auch noch einmal zu denjenigen, die die einzelnen Untergruppierungen des Sturmes anführten. Jeder der
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