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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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kleinen Raum hinein. Er war von recht zierlicher Statur und besaß ein schmales Gesicht mit künstlich roten Lippen. Sein Haar war vollkommen weiß, jedoch war nicht ersichtlich, ob dies von Geburt an so gewesen war, eine Folge des Alters oder gar eine Laune der Natur. Callistus’ Augen waren blutunterlaufen, und wenn sie überhaupt eine Farbe besaßen, so war diese wegen der riesengroßen Pupillen jedenfalls nicht zu erkennen. Wie Narcissus, so war auch Callistus von Panik erfasst, und in Panik geratene Menschen waren ebenso gefährlich wie Pferde, die beim Anblick von Feuer durchgingen. »Aber Claudius darf jetzt nicht sterben, er darf einfach nicht! Und darum erzählst du uns jetzt auch, wie eure barbarischen Wahrsager an Scapula herangekommen sind und wie wir sie davon abhalten können, auf die gleiche Weise auch noch über unseren Kaiser herzufallen. Und das alles erzählst du uns entweder aus eigenen freien Stücken oder unter ärgstem Zwang, aber erzählen wirst du es uns!«
    Das Warten hatte also ein Ende - so einfach und nahezu ohne Vorwarnung war schon der Höhepunkt der psychischen Folter erreicht. Zugleich aber verspürte Dubornos eine gewisse Erleichterung. Ihm wurde schwindelig. Dann fing er an zu lachen. Die Männer starrten ihn an: ein Geistesgestörter oder ein hirnloser Trottel. Das Versprechen körperlicher Qualen überzog Dubornos’ Haut bereits jetzt wie mit kleinen Nadelstichen. Er ließ die Schultern kreisen und vergegenwärtigte sich noch einmal das raue Kratzen der Tunika, wie sie über seinen Rücken, seine Brust und seine Arme scheuerte. Die von den Eisenketten verursachten Quetschwunden an seinen Handgelenken schienen ihm plötzlich warm und vertraut, ein bekannter und kalkulierbarer Schmerz. Von Kopf bis Fuß durchrauschte ihn das Blut; mit einem Mal war Dubornos sich jedes einzelnen Teiles seines Körpers vollkommen bewusst. Zum ersten Mal seit zweiunddreißig Jahren fühlte er sich in seinem Körper zu Hause, und ausgerechnet jetzt sollte er ihn schon wieder verlieren. Ganz so, wie Airmid es ihn geheißen hatte, stand Dubornos nun genau auf der Schwelle zwischen den Welten, hatte fest und sicher auf jedes der beiden Ufer des göttlichen Flusses einen Fuß gesetzt. Seine Gedanken strömten ganz ungehemmt und vollkommen frei von allen weltlichen Zwängen.
    »Wenn ihr wirklich glaubt, dass sie sich für Caradocs Verschleppung rächen wollen«, sagte er schließlich, »dann habt ihr doch ein sehr einfaches Gegenmittel. Lasst Caradoc frei, schickt ihn wieder zurück zu seiner Familie, in seine Heimat. Zieht eure Legionen aus unserem Land zurück. Dann wird der Kaiser noch ein hohes Alter erreichen, und ihr, die ihr dafür gesorgt habt, werdet als Helden bejubelt.«
    Narcissus, ein Mann, der gerade sein gesamtes Lebenswerk in Gefahr sah und der nicht davor zurückscheute, hunderttausend andere Leben zu opfern, um dieses Werk zu retten, starrte Dubornos lediglich wortlos an. »Wir können uns jetzt nicht mehr aus Britannien zurückziehen - und wir werden es auch nicht tun. Das würde das Ansehen, das der Kaiser beim Volk genießt, erschüttern.«
    Callistus sah die Sache mehr von der finanziellen Seite. »Wir haben schon zu viel investiert, um uns jetzt noch zurückziehen zu können. Allein die Ausgaben für die östlichen Stämme betragen bereits vierzig Millionen Sesterzen, die können wir doch gar nicht mehr rechtzeitig zurückholen. Es muss noch einen anderen Weg geben. Und du wirst ihn uns zeigen.«
    Bedauernd schüttelte Dubornos den Kopf. »Vielleicht gibt es tatsächlich noch einen anderen Weg«, sagte er, »aber ich bezweifle es. Und selbst wenn es da noch eine Möglichkeit gäbe, so könnte ich sie euch nicht verraten. Es stimmt schon, dass ich für einige Zeit auf Mona gelebt habe, aber ich bin kein Träumer, ich bin nicht in die Riten eingeweiht. Hätte ich jemals versucht, herauszufinden, wie diese Riten aussehen, dann hätte ich dafür sterben müssen. Und dieser Tod wäre noch weitaus schlimmer gewesen als alles, war ihr mir hier antun könnt.«
    Narcissus lächelte. »Das möchte ich doch stark bezweifeln.«
    »Ich nicht. Hätte ich die Zeremonien der Träumer beschmutzt, so wäre eine niemals endende Schande über mich gekommen. Hier aber ist die Schande allein die eure.«
    Narcissus starrte Dubornos einen Moment lang nachdenklich an. Hätte Callistus nicht bereits mit den Fingern geschnippt, so wäre in diesem Augenblick trotz der kulturellen Kluft zwischen ihnen vielleicht

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