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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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erhoben, dann wärt Ihr hier jetzt als einer unserer Untertanen herzlich willkommen. Dann würden wir jetzt über unsere Handelsbeziehungen und über die Eintreibung der Steuern beraten - statt über die näheren Umstände Eurer Hinrichtung und das weitere Schicksal Eurer Familie.«
    Caradoc neigte den Kopf. Mit vollendeter Höflichkeit erwiderte er: »Und dann würde ich nicht nur meine Blutsverwandten, sondern ein gesamtes Volk in die ungeliebte Sklaverei zwingen.«
    »Aber Ihr wärt frei, und die Steuereinnahmen würden Euch reich machen.«
    »Ich war auch zuvor frei, und mein Reichtum war unermesslich, ohne dass ich Steuern hätte erheben müssen, um andere in das Gold unserer Vorfahren zu kleiden.« Caradoc ließ seinen Blick einmal über Agrippinas antike Goldkette wandern und über die mazedonischen Münzen, die in ihre Ohrringe eingearbeitet waren. In den drei Jahrhunderten, die seit der Prägung dieser Münzen vergangen waren, hatte Rom eindeutig an Macht gewonnen.
    Plötzlich schossen die grünen Augen der Kaiserin zornige Blitze. Agrippina, die ihre frühen Erwachsenenjahre im Exil außerhalb Mauretaniens verbracht hatte und dort auf Befehl Caligulas nach Schwämmen tauchen musste, hakte ein kleines Perlengebinde von einem ihrer Ohren ab. Sie hob das Schmuckstück hoch in die Luft und sagte: »Zweimal am Tag bin ich auf der Suche nach diesen und anderen Perlen tauchen gegangen. Und bei der Suche nach ihnen, zwischen den scharfkantigen Blättern des Seegrases und den dunklen Höhlen unterhalb des Meeresspiegels, wären mir beinahe die Lungen geplatzt. Diese Perlen hier sind nicht das Produkt von irgendjemandes Steuern. Ich glaube, ich hab mir das Recht, sie zu tragen, voll und ganz verdient.«
    Es waren kleine, etwas unregelmäßig geformte Perlen, in einer Anordnung arrangiert, die an eine Weintraube erinnerte. Sie waren das einzige Accessoire an Agrippinas Aufmachung, das nicht ganz perfekt war. Die Kaiserin strich einmal mit dem Finger darüber, ließ die Perlen das aus dem Garten hereinströmende Licht reflektieren und schleuderte sie schließlich in hohem Bogen von sich.
    Trotz des Gewichts der Ketten hob Caradoc blitzschnell die Hände und fing den Ohrring auf. Blut tropfte von seinen Handgelenken und hinterließ auf dem Porphyr kleine, dunkle Flecken. Cunomar erschauderte und musste sich auf die Lippen beißen, um auch weiterhin Stillschweigen zu bewahren. Vom anderen Ende des Raums her hörte man Nero kurz aufstöhnen.
    Caradoc jedoch ignorierte beide, hielt die Perlen hoch ins Licht empor und sagte: »Sie sind wunderschön, Eure Majestät. Und ich stelle Euer Recht, sie zu tragen, nicht in Frage.«
    »Aber mein Recht an meinem Gold stellt Ihr schon in Frage.«
    Die Kaiserin war wütend, sann aber offenbar noch nicht auf eine Bestrafung Caradocs. Von allen menschlichen Eigenschaften, so sagte man von ihr, bewunderte sie den Mut am meisten; Speichelleckerei dagegen verabscheute sie. Caradoc sprach im Stillen ein Stoßgebet an seine offenbar verstummten Götter, dass diese Gerüchte auch der Wahrheit entsprachen, und entgegnete: »In meinem Volk bezeichnen wir Gold als das Heim der Götter. Man kann es weder essen noch darauf reiten, und es spendet einem auch keinerlei Wärme zum Schutz vor der Kälte des Winters. Wir opfern unser Gold also in erster Linie den Göttern, und nur das, was dann noch übrig ist, tragen wir ihnen zu Ehren als Schmuck. Nicht aber, um uns selbst zu ehren.«
    Agrippina war von wachem Verstand und begriff sehr rasch, was Caradoc unausgesprochen gelassen hatte. Sie zog eine ihrer mit Farbe nachgezogenen Brauen hoch. »Und darum sollte man nicht die Götter berauben, indem man die Menschen zwingt, ihr Gold in die Steuerkassen zu stecken?«
    »Ich denke, nein. Und es sind ja nicht bloß die Götter, die leiden, sondern auch die Menschen. Unser Land war das unsere, und mit der Gnade der Götter haben wir es bestellt, wir haben unsere Pferde und Hunde gezüchtet, sind auf die Jagd gegangen, haben unser Blei und unser Zinn abgebaut, unser Silber und unser Gold, und wir haben als freie Menschen gelebt. Warum sollten wir uns nach nur einer verlorenen Schlacht in die Sklaverei ergeben und damit anderen durch unsere Arbeit zu Reichtum verhelfen?«
    »Das ist nun einmal die Strafe, wenn man einen Krieg verliert.«
    »Aber wir haben den Krieg noch nicht verloren.«
    Mit einem verkniffenen Zug um den Mund widersprach Agrippina: »Wenn Ihr sterbt, werdet Ihr das bestimmt nicht mehr

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