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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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graubraunen Hengstfohlen um die Wette rannte; das Aufblitzen von sonnenbeschienener Bronze, als trinovantische Reiter ihre Schilde erhoben und die Eceni, geschult von einem Römer, gegen sie antraten. Alle diese Erinnerungen konnten ganz plötzlich und ohne Vorwarnung auf Valerius einstürmen, und sie zermürbten ihn derart, dass er wütend und gereizt reagierte und automatisch nach etwas oder jemandem suchte, den er anschreien konnte.
    Wenn er ausreichend Schlaf bekam und nicht von quälenden Träumen heimgesucht wurde, konnte er seinen Zorn einigermaßen zügeln und so die schlimmsten Exzesse verhindern, aber die ständige Gegenwart des Geistes seiner Mutter und die Urteile, die sie über ihn fällte, hatten langsam, aber sicher sein inneres Gleichgewicht untergraben. Die ersten paar Monate nach der Invasion waren chaotisch gewesen, und alle hatten mit sehr wenig Schlaf auskommen müssen, so dass die allgemeine Stimmung ziemlich gereizt gewesen war. Die längeren, wärmeren Tage des Frühlings hatten den meisten Männern wieder eine bessere Laune beschert; es war lediglich Valerius, der seinen Zorn auch weiterhin an jedem ausließ, der gerade in Reichweite kam. Die Männer mochten ihn zunehmend weniger und fürchteten ihn dafür umso mehr, und obwohl es höchstwahrscheinlich dies war, was ihm die Beförderung zum Duplikarius eingebracht hatte, hatte sie doch keineswegs seinen Seelenfrieden wiederhergestellt.
    Letztendlich war jedoch Corvus derjenige, der das Schlimmste ertrug und es doch am allerwenigsten verdient hatte. Es war auf Valerius’ eigenen Wunsch hin geschehen, dass sein Zimmer in Corvus’ Haus für andere Zwecke bestimmt und der Duplikarius stattdessen bei den anderen rangniederen Offizieren seiner Truppe einquartiert worden war. Zu jener Zeit hatte Valerius geglaubt, dass die Umquartierung nur eine vorübergehende Notwendigkeit war und dass er handelte, um sowohl sich selbst als auch einen Mann, dem er allermindestens noch immer die größte Hochachtung entgegenbrachte, vor seinen eigenen unberechenbaren, unverzeihlichen, unkontrollierbaren und zunehmend schlimmer werdenden Launen und Wutausbrüchen zu schützen. Selbst jetzt, zwei Jahre später, glaubte Valerius nach wie vor, er könnte vielleicht eines Tages zu Corvus zurückkehren.
     
    Erst zweimal, nachdem das Haus erbaut worden war, hatte Valerius Corvus dort einen Besuch abgestattet, beide Male während des ersten Monats nach seiner Umquartierung. Und immer war eine im Türeingang hängende brennende Lampe ein Zeichen dafür gewesen, dass Corvus allein war und sich über Gesellschaft freuen würde. Es schien ziemlich wahrscheinlich, dass das jetzt dort brennende Licht die gleiche Bedeutung hatte. Und es bestand die - wenn auch wohl nur sehr geringe - Möglichkeit, dass diese Lampe für Valerius angezündet worden war und dass er, wenn er dies vorzog, unangemeldet hineingehen und einfach der vertrauten Reihe von in Wandhaltern flackernden Kerzen zu den Privaträumen des Präfekten folgen konnte. Er entschied sich jedoch für den offiziellen Weg.
    Corvus’ Haushalt war morgens immer zuerst auf den Beinen, und die Bediensteten hatten sich bereits um die Vorkommnisse der Nacht gekümmert. Der Schnee vor den Türen war weggeschaufelt worden, und es war ein breiter, vom Haus zur Straße verlaufender Korridor freigelegt worden, der den Passanten auf der Hauptstraße das Vorankommen erleichterte. Es war eine hilfreiche Geste, die darüber hinaus wirksam verhinderte, dass jemand die Spur eines einzelnen Paares von Stiefelabdrücken von den mehreren anderen, die sich die Straße entlangzogen, zu diesem speziellen Hauseingang verfolgen konnte.
    Gefrorener Kies knirschte unter Valerius’ Füßen, als er zur Haustür ging. Auf der einen Seite des Eingangs stand eine Bronzeschale, darüber hing ein kleiner Holzhammer. Valerius schlug leicht mit dem Hammer gegen die Schale und wartete, während das Geräusch in der Dunkelheit nachhallte. Alles um ihn herum war weiß. Selbst die Wände dieses Hauses waren schlicht weiß gekalkt, was ihm ein nüchternes, geradezu karges Aussehen verlieh, so dass es sich augenfällig von den prachtvollen, mit bunten Fliesen und Malereien geschmückten Häusern der Legionstribune in der Nachbarschaft abhob. Andere hatten zu Anfang häufig kritische Bemerkungen darüber fallen lassen, dass Corvus aus seinem Heim bei weitem nicht so viel machte, wie er könnte, und er hatte daraufhin beharrlich - obgleich niemals mit ganz so

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