Das Schwert der Keltin
Zurück können wir nicht mehr.«
Es gab auch kein Vorwärtskommen mehr, bis Valerius ganz plötzlich das Zeichen des Fuchses entdeckte. Es war nicht etwa auf den Schild eines Kriegers aufgemalt, so wie er es erwartet hatte, sondern vielmehr mit rotem Ocker auf die Stirn eines Sängers gezeichnet, oberhalb eines schmalen Stirnbandes aus Pferdeleder, welches erkennen ließ, dass sein Träger den höchsten Rang bekleidete. Der Mann hatte einen simplen Streifen Fuchsfell um seinen Oberarm geschlungen, trug im Übrigen aber keinerlei Schmuck. Auf einem Schlachtfeld voller Krieger, die stets in prächtiger Aufmachung in den Kampf zu reiten pflegten - behängt mit emailliertem Goldschmuck und geschmückt mit Kriegerfedern und allen möglichen Traumsymbolen und Rangabzeichen -, fiel dieser eine durch sein nüchternes, fast karges Äußeres auf. Dennoch hatte er die Kontrolle über die Krieger und über den Fluss der Schlacht. Er stand ein Stück abseits von dem Kampfgetümmel auf einer kleinen Anhöhe, und wenige Schritte von ihm entfernt hatte sich ein Knäuel von in blaue Umhänge gehüllten Kriegern versammelt, um ihn zu schützen und zugleich darauf zu warten, seine Befehle an ihre Kameraden weiterzuleiten. Um ihn herum erhob sich ein leichter Wind, der an seinem dünnen, roten Haar zerrte, und er drehte sich ein wenig, so dass er im Profil zu sehen war.
» Dubornos!«
Dieser Name hatte schon eine ganze Weile in Valerius’ Hinterkopf herumgespukt, ohne dass er sich wirklich darauf hätte besinnen können, schon seit dem Augenblick, in dem sie den Kundschafter mit dem in die Brust eingeritzten Zeichen des Fuchses im Wald gefunden hatten. Jetzt zischte Valerius den Namen vor sich hin, und er sah, wie der Sänger abrupt den Kopf hob, so als ob er ihn laut gerufen hätte. In diesem Moment fühlte Valerius sich, ungeachtet des Fluches, plötzlich doch von dem Gott durchdrungen, und er empfand etwas - nicht blinden Mut oder die fieberhafte Erregung der Schlacht, sondern ein Körnchen reiner, ungetrübter Freude, ein Fünkchen Hoffnung in dem endlosen Dunkel, eine wundervolle Gewissheit, dass er diesen einen Mann als den Einzigen von allen Eceni töten konnte, ohne Angst haben zu müssen, dass sein Geist zurückkehren würde, um ihn in seinen Träumen zu quälen.
Er riss sein Schwert hoch, schrie: »Hier! Der Fuchs ist hier! Tötet ihn, und wir durchbrechen die Falle!«, und stürmte vorwärts.
Er hätte dabei leicht den Tod finden können. Eingehüllt in den roten Nebel der Schlacht, kämpfte Valerius sich einen Hügel hinauf, um es ganz allein mit einer wahren Wand von blauen Umhängen, durchsetzt mit den grün gestreiften Umhängen der Coritani, aufzunehmen. Aber dann tauchten plötzlich Umbricius und Sabinius neben ihm auf und kämpften gemeinsam mit ihm. Aeternus, der junge Helvetier, gesellte sich zu ihnen und außerdem sein Cousin, der aber verwundet worden war und schnell niedergemetzelt wurde. Zu viert setzten sie ihren erbitterten Kampf fort und bekamen wenig später noch Verstärkung durch Longinus, der noch andere Männer aus dem thrakischen Flügel mitbrachte. Der Gott lächelte ihnen zu, und sie formierten sich zu einer Linie, ihre großen ovalen Schilde Kante an Kante ineinandergreifend, während sie mit ihren Schwertern durch die Lücken schlugen, genau so, wie sie es in der mehrmonatigen Probezeit, bevor sie in die Kavallerie aufgenommen worden waren, immer wieder geübt hatten. Und genau so konnten sie überleben, konnten sie kämpfen, um zu siegen, konnten sie über die Körper der toten und sterbenden Krieger hinweg vorwärtsdrängen - um dann schließlich feststellen zu müssen, dass all ihre Anstrengungen umsonst gewesen waren.
Mit vereinten Kräften war es ihnen zwar gelungen, die Anhöhe zu erstürmen, aber der Fuchsträumer war nicht dageblieben, um sich ihnen zu stellen. Auf der anderen Seite des Hügels, am Fuße des sanft abfallenden Hanges, waren angespitzte, senkrecht nach oben zeigende Pfähle in den Boden gerammt worden, um Menschen und Pferde gleichermaßen abzuschrecken, und die Krieger hatten sich hinter diese Barrikade zurückgezogen und ihre Sänger mitgenommen. Jenseits des Sumpflandes lag dichter Wald, in den nur Krieger gefahrlos hineingelangen konnten.
Frustriert wandte Valerius sich um. Hinter ihnen, an der eichenen Barriere, tobte noch immer der Kampf. Die Falle war zugeschnappt, und die Krieger waren prompt zurückgekehrt, um die ums Überleben kämpfenden Legionssoldaten und
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