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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Schlachten der Invasion hatte er so viele Männer um eines so lächerlichen Resultats willen sterben sehen. In Anbetracht des grausamen Tötens dämmerte ihm allmählich, dass es das hier war, was die vogeläugige Großmutter gemeint hatte. Du bist verflucht... du bist dazu verdammt, ein nutzloses, leeres, armseliges Leben zu führen, dazu verdammt, weder wirkliche Angst noch wahre Liebe, weder Freude noch Kameradschaft zu kennen, dazu verdammt, gleichgültig und gedankenlos zu töten... Die ganzen Schlachten seiner Vergangenheit hindurch hatten ihn panische Angst und das Bedürfnis, am Leben zu bleiben, angestachelt, und danach hatte er sein Gewissen stets mit der Entschuldigung beruhigt, dass er ja schließlich kämpfte, um zu überleben. Jetzt, in seiner ersten wirklichen Schlacht unter dem Schutze Mithras’, brauchte er auf einmal kein Gewissen mehr zu beruhigen. Er kämpfte im Nahkampf gegen Männer und Frauen, deren Gesichter ihn in seinen Träumen verfolgten und deren zu gellenden Schlachtrufen erhobene Stimmen einst, in seiner Jugend, prickelnde Erregung und Sehnsucht in ihm geweckt hatten - und er empfand doch nicht das Geringste. Er kreuzte seine Klinge mit Kriegerinnen und Kriegern, die nicht nur um ihre Ehre und ihre Freiheit kämpften, sondern auch, um Rache zu üben für ein unsägliches Unrecht, und er spürte, wie sich ihr Zorn über ihn entlud, während der seine schlummerte. Er sah, wie Regulus in eine Falle tappte, sah, wie vier auf der Lauer liegende Krieger über den Dekurio herfielen und ihm den Kopf von den Schultern schlugen, und dennoch empfand er weder Genugtuung noch Betrübnis noch Angst, dass er selbst mit jedem Schritt vorwärts Gefahr lief, auf die gleiche Art zu sterben.
    Nicht lange nach Regulus’ Tod drängten sich die Überreste der Quinta Gallorum - weniger als drei Viertel des Flügels - zwischen den Bäumen hindurch. Die Linie des Feindes wich zurück. Vom Wald her kamen noch weitere Soldaten der Hilfstruppen herbeigerannt, und zu ihnen gesellten sich wenig später nassbeinige Thraker, die ungehindert von der Marsch herüberstürmten. Auf der Fläche hinter der Barriere, die kurz zuvor noch mit Kriegern vom Stamm der Coritani und der Eceni gefüllt gewesen war, wimmelte es nun plötzlich von polierten Kettenpanzern und blanken Helmen, farbenprächtigen Federbüschen und runden weißen Schilden. Es schien ganz so, als ob der Sieg ihrer wäre. Soldaten, die sich schon rettungslos verloren geglaubt hatten, fühlten sich, als sei ihnen das Leben plötzlich neu geschenkt worden. Schwerter hämmerten in jubelndem Triumph auf Schildbuckel ein, und Marcus Ostorius’ Name ertönte in einem ohrenbetäubenden Sprechchor, der sich über die hastig den Rückzug antretenden Krieger ergoss, so wie sich eine Welle über Strandgut am Meeressaum ergießt.
    Aus dem Nichts und aus keinem ersichtlichen Grund fiel Valerius plötzlich wieder eine Geschichte aus Kindheitstagen ein, in der es um eine Fischfalle ging. In dieser Geschichte wurde erzählt, wie ein Bär laichende Lachse in den Teich hinter einem Biberstaudamm gelockt hatte, aus dem dann das Wasser abgeleitet wurde, so dass die hilflos zappelnden Fische als leichte Beute für den Bären zurückblieben. Eigentlich hatte es eine Geschichte für Kinder sein sollen, um ihnen das Jagen beizubringen, aber die in dieser Geschichte enthaltene Lehre ließ sich auch ebenso gut auf Krieg führende Erwachsene anwenden. In seiner gottverfluchten geistigen Klarheit sah Valerius plötzlich die blitzenden Schuppen der Legionarspanzer in blutigen Spiralen über die Barriere wirbeln - und dann sah er die Krieger einer gewaltigen Flutwelle gleich zurückkehren, um eine kleine, schlecht geführte Truppe zu zerschlagen, die gegen ein unüberwindliches Hindernis aus massivem Holz zurückgedrängt worden war und nun hilflos in einer Falle saß, aus der es kein Entrinnen mehr gab. Schon hatten die ersten Krieger wieder kehrtgemacht und griffen nun die Soldaten in ihrer unmittelbaren Reichweite an.
    »Es ist eine Falle!«, schrie Valerius Corvus zu, der in seiner Nähe kämpfte; er hatte ihn die ganze Zeit über nicht aus den Augen gelassen. »Schlag dich irgendwie zu dem Tribun durch! Sag ihm, dass wir in ihre Falle geschwommen sind!«
    Die Krieger griffen jetzt in immer größerer Zahl an. Corvus, der arge Mühe hatte, einfach nur am Leben zu bleiben, lachte. »Dann sieh zu, dass du einen Weg zum anderen Ende findest, auf dem wir wieder rausschwimmen können.

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