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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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was ... was ich mit dem Blonden zu tun vorhatte ... Nach denselben Regeln ... Dieser Gedanke, Geralt, kommt mir irgendwie unschön vor. Als würde er dich und mich zum Eigentum machen. Du verstehst?«
    Wieder nickte er. Sie blickte ihn unter gesenkten Wimpern hervor an.
    »Du wirst nicht weggehen?«
    »Nein.«
    Sie schwieg eine Weile, bewegte unruhig die Schultern.
    »Bist du böse?«
    »Nein.«
    »Na, dann komm, setzen wir uns irgendwo hin, abseits von diesem Getümmel, und reden wir ein Weilchen. Denn weißt du, ich freue mich über diese Begegnung. Wirklich. Lass uns eine Weile beisammensitzen. Gut?«
    »Gut, Yen.«
    Sie gingen ins Dunkel, weiter auf die Heide, zur schwarzen Wand des Waldes, im Bogen um umschlungene Paare herum. Um einen Platz für sich allein zu finden, mussten sie weit gehen. Ein trockenes Hügelchen, mit Wacholderbüschen bewachsen, dunkel wie Zypressen.
    Die Zauberin löste die Brosche des Umhangs, schüttelte ihn, breitete ihn auf dem Boden aus. Er setzte sich neben sie. Er hätte sehr gern den Arm um sie gelegt, doch zum Trotz tat er es nicht. Yennefer rückte die tief ausgeschnittene Bluse zurecht, sah ihn durchdringend an, seufzte und umarmte ihn. Er hätte es erwarten können. Um Gedanken zu lesen, musste sie sich anstrengen, doch Absichten spürte sie instinktiv.
    Sie schwiegen.
    »Ach, verdammt«, sagte sie plötzlich und rückte ab. Sie hob die Hand, rief einen Spruch. Über ihren Köpfen flogen rote und grüne Kugeln hoch, zerstoben weit oben in der Luft und bildeten bunte, gefiederte Blumen. Von den Feuern wurden Gelächter und Freudenrufe herangetragen.
    »Belleteyn«, sagte sie bitter. »Die Mainacht ... Der Zyklus wiederholt sich. Sollen sie sich vergnügen ... wenn sie können.«
    In der Gegend waren noch andere Zauberer. In der Ferne schossen drei goldgelbe Blitze in die Höhe, und auf der anderen Seite, aus dem Wald hervor, explodierte förmlich ein Geysir von regenbogenfarbenen, wirbelnden Meteoren. Die Leute an den Feuern machten laut Ah und Oh, begannen zu rufen. Geralt nahm sich zusammen, strich Yennefer über die Locken, atmete den Duft von Flieder und Stachelbeeren ein, den sie verströmten. Wenn ich zu heftig nach ihr verlange, dachte er, spürt sie das sofort. Sie wird stutzig, igelt sich ein und stößt mich weg. Ich werde ruhig fragen, was es bei ihr Neues gibt ...
    »Bei mir gibt’s nichts Neues«, sagte sie, und in ihrer Stimme begann etwas zu zittern. »Nichts, das zu erzählen sich lohnen würde.«
    »Mach das nicht mit mir, Yen. Lies mich nicht. Das macht mich wütend.«
    »Entschuldige. Die Gewohnheit. Und bei dir, Geralt, was gibt’s Neues?«
    »Nichts. Nichts, was zu erzählen sich lohnen würde.«
    Sie schwiegen.
    »Belleteyn!«, rief sie plötzlich aus, und er fühlte, wie ihr Arm, gegen seine Brust gedrückt, kräftiger und elastischer wurde. »Sie vergnügen sich. Sie feiern den ewigen Zyklus der wiedergeborenen Natur. Und wir? Was tun wir hier? Wir Überbleibsel, zum Aussterben verurteilt, zu Vernichtung und Vergessenheit? Die Natur wird wiedergeboren, der Zyklus wiederholt sich. Aber wir nicht, Geralt. Wir können uns nicht wiederholen. Diese Möglichkeit ist uns genommen. Wir haben die Möglichkeit erhalten, mit der Natur ungewöhnliche Dinge zu tun, mitunter sogar ihr geradezu widersprechende. Und zugleich ist uns verboten, was in der Natur am einfachsten und natürlichsten ist. Was nützt es, dass wir länger leben als sie? Auf unseren Winter folgt kein Frühling, wir werden nicht wiedergeboren, das, was zu Ende geht, geht zusammen mit uns zu Ende. Und doch zieht es dich, zieht es mich zu diesen Feuern, obwohl unsere Anwesenheit hier ein böser und lästerlicher Hohn auf diese Welt ist.«
    Er schwieg. Er mochte es nicht, wenn sie in solch eine Stimmung verfiel, deren Ursprung er nur zu gut kannte. Wieder, dachte er, wieder beginnt es sie zu quälen. Es gab eine Zeit, da schien sie es vergessen zu haben, schien sich wie die anderen abgefunden zu haben. Er umarmte sie, drückte sie an sich, wiegte sie leicht wie ein Kind. Sie ließ es geschehen. Er wunderte sich nicht. Er wusste, dass sie das nötig hatte.
    »Weißt du, Geralt«, sagte sie plötzlich, schon ruhig. »Am meisten hat mir dein Schweigen gefehlt.«
    Er berührte mit dem Mund ihre Haare, das Ohr. Ich will dich, Yen, dachte er, ich will dich, du weißt doch. Du weißt es doch, Yen.
    »Ich weiß«, flüsterte sie.
    »Yen ...«
    Sie seufzte abermals.
    »Nur heute«, sagte sie und schaute ihn

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