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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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nicht, Herr. Ich muss Euch den Verband wechseln, denn die Wunde eitert, und das Bein schwillt Euch fürchterlich an. Götter, sieht das übel aus ... Wir müssen so schnell wie möglich einen Arzt finden ...«
    »Pfeif auf den Arzt«, stöhnte der Hexer. »Gib mein Köfferchen her, Yurga. Da, das Fläschchen. Gieß, direkt auf die Wunde. Oh, verdammt noch mal!!! Schon gut, gieß weiter ... Oooh!!! In Ordnung. Schraub fest zu und deck mich zu ...«
    »Der ganze Schenkel, Herr, ist angeschwollen. Und Fieber habt Ihr ...«
    »Pfeif auf das Fieber. Yurga?«
    »Ja, Herr?«
    »Ich hab vergessen, dir zu danken.«
    »Nicht Ihr habt zu danken, Herr, sondern ich. Ihr wart es, der mir das Leben gerettet hat, bei meiner Verteidigung habt Ihr Schaden genommen. Und ich? Was hab ich denn getan? Dass ich ’nen Verletzten, wie er bewusstlos war, verbunden hab, auf den Wagen gelegt, ihn nicht hab verrecken lassen? Das ist was ganz Gewöhnliches, Herr Hexer.«
    »So gewöhnlich nun auch wieder nicht, Yurga. Ich bin schon liegen gelassen worden ... in ähnlichen Situationen ... Wie ein Hund.«
    Der Kaufmann schwieg eine Weile mit gesenktem Kopf.
    »Na ja, was soll’s, eine widerwärtige Welt ist das ringsumher«, murmelte er schließlich. »Aber das ist kein Grund, dass wir auch widerwärtig sind. Güte brauchen wir. Das hat mich mein Vater gelehrt, und das werde ich meine Söhne lehren.«
    Der Hexer schwieg, betrachtete die Baumäste, die über die Straße hingen und weiterwanderten, als der Wagen vorankam. Der Schenkel wurde taub. Er spürte keinen Schmerz.
    »Wo sind wir?«
    »Wir haben die Furt durch die Trave durchquert, jetzt sind wir in den Blasenkirschwäldern. Das ist schon nicht mehr Temerien, sondern Sodden. Ihr habt die Grenze verschlafen, als die Zöllner auf dem Wagen herumgestöbert haben. Ich kann Euch sagen, die haben sich sehr über Euch gewundert. Aber ihr Anführer kannte Euch, er hat befohlen, uns unverzüglich durchzulassen.«
    »Er kannte mich?«
    »Ja doch, kein Zweifel. Geralt hat er Euch genannt. So hat er gesagt – Geralt von Riva. Das ist Euer Name?«
    »Ist es ...«
    »Dieser Zöllner hat versprochen, jemanden mit der Botschaft vorauszuschicken, dass ein Arzt gebraucht wird. Und ich hab ihm noch was in die Hand gedrückt, dass er’s nicht vergisst.«
    »Ich danke dir, Yurga.«
    »Nein, Herr Hexer. Wie ich schon gesagt hab, ich danke Euch. Und nicht nur das. Ich schulde Euch noch was. Wir haben abgemacht ... Was ist Euch, Herr? Ist Euch nicht gut?«
    »Yurga ... Das Fläschchen mit dem grünen Siegel ...«
    »Herr ... Ihr werdet wieder ... Ihr habt da so schrecklich im Schlafe geschrien ...«
    »Ich muss, Yurga.«
    »Wie Ihr wollt. Wartet, ich gieß es gleich in die Schale ... Bei den Göttern, einen Arzt brauchen wir, schleunigst, sonst ...«
    Der Hexer wandte den Kopf ab. Er hörte Kinder schreien, die im ausgetrockneten, inneren Graben spielten, der die Schlossgärten umgab. Es waren ungefähr zehn. Die Rotznasen machten einen ohrenbetäubenden Krach, überschrien einander mit dünnen, aufgekratzten, ins Falsett abrutschenden Stimmen. Sie liefen am Grunde des Grabens hin und her, erinnerten an einen Schwarm schneller Fische, die blitzschnell und unerwartet die Richtung wechselten, aber immer beisammenblieben. Wie üblich lief hinter den brüllenden Halbwüchsigen, die dürr waren wie Vogelscheuchen, ein atemloser Kleiner hinterher, ohne sie je einholen zu können.
    »Es sind eine Menge«, bemerkte der Hexer.
    Mäussack lächelte säuerlich, strich sich den Bart, zuckte mit den Schultern.
    »Ja, eine Menge.«
    »Und welcher von ihnen ... Welcher von diesen Burschen ist das berühmte Überraschungskind?«
    Der Druide wandte den Blick ab.
    »Geralt, ich darf nicht ...«
    »Calanthe?«
    »Natürlich. Du hast dir doch wohl nicht eingebildet, sie würde dir das Kind einfach so geben? Du hast sie doch kennengelernt. Das ist eine Frau von Eisen. Ich will dir etwas sagen, was ich nicht sagen sollte, in der Hoffnung, dass du verstehst. Ich zähle auch darauf, dass du mich ihr gegenüber nicht verrätst.«
    »Red.«
    »Als das Kind geboren wurde, vor sechs Jahren, hat sie mich rufen lassen und befohlen, ich sollte dich ausfindig machen. Und umbringen.«
    »Du hast abgelehnt.«
    »Calanthe schlägt man nichts ab«, sagte Mäussack ernst und schaute ihm gerade in die Augen. »Ich war schon bereit für den Weg, als sie mich abermals rufen ließ. Und den Befehl widerrief, ohne eine einzige Bemerkung. Sei vorsichtig,

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