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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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nichts versteht und naiv ist. Das ist mein unumstößlicher Entschluss, Calanthe von Cintra.«
    Die Königin stand auf. Sie lächelte. Er konnte nicht erraten, was sich hinter diesem Lächeln verbarg.
    »So soll es denn sein, Geralt von Riva. Vielleicht war es dir gerade vorherbestimmt, zu entsagen und zu verzichten? Ich glaube, genauso war es. Denn du sollst wissen: Wenn du gewählt hättest, wenn du den Regeln gemäß gewählt hättest, dann hätte die Vorsehung, der du spottest, sich einen grausamen Scherz mit dir gemacht.«
    Er schaute in ihre giftgrünen Augen. Sie lächelte. Er konnte dieses Lächeln nicht entziffern.
    Neben der Laube wuchs ein Rosenstrauch. Er brach einen Stängel, pflückte die Rose, kniete nieder, bot sie ihr dar, den Kopf gesenkt.
    »Schade, dass ich dir nicht früher begegnet bin, Weißhaariger«, murmelte sie, während sie die Rose aus seiner Hand nahm. »Steh auf.«
    Er stand auf.
    »Wenn du deine Meinung änderst«, sagte sie und hob die Rose an ihr Gesicht, »wenn du dich entschließt ... Komm wieder nach Cintra. Ich werde warten. Und auch deine Vorherbestimmung wird warten. Vielleicht nicht endlos, aber gewiss noch einige Zeit.«
    »Leb wohl, Calanthe.«
    »Leb wohl, Hexer. Gib auf dich acht. Ich habe ... Eben hatte ich ein Vorgefühl ... Eine seltsame Ahnung ... dass ich dich zum letzten Mal sehe.«
    »Leb wohl, Königin.«

V
    Er erwachte und stellte erstaunt fest, dass der im Schenkel bohrende Schmerz verschwunden war, auch die pochende, die Haut spannende Schwellung schien ihn nicht mehr zu belästigen. Er wollte mit der Hand hinfassen, konnte sich aber nicht bewegen. Ehe er erfasste, dass nur die Last der Felle, mit denen er zugedeckt war, seine Bewegungsfreiheit einschränkte, strömte ihm ein widerwärtiges Erstaunen in den Bauch, bohrte sich ihm wie Sperberkrallen in die Eingeweide. Er schloss und öffnete die Hand, langsam, und wiederholte in Gedanken: Nein, nein, ich bin nicht ...
    Gelähmt.
    »Du bist erwacht.«
    Eine Feststellung, keine Frage. Eine leise, aber deutliche, weiche Stimme. Eine Frau. Eine junge sicherlich. Er hob den Kopf, stöhnte bei dem Versuch, sich zu erheben.
    »Beweg dich nicht. Jedenfalls nicht so heftig. Tut es weh?«
    »Nnn ...« Die zusammengeklebten Lippen öffneten sich. »Nnein. Die Wunde nicht ... Der Rücken ...«
    »Wundgelegen.« Eine leidenschaftslose, kalte Feststellung, die nicht zu dieser weichen Altstimme passte. »Das kriegen wir hin. Da, trink das aus. Langsam, in kleinen Schlucken.«
    In der Flüssigkeit herrschten Geruch und Geschmack von Wacholder vor. Eine alte Methode, dachte er. Wacholder oder Minze, beides Zutaten ohne Bedeutung, nur dazu da, die wahre Zusammensetzung zu verdecken. Außerdem erkannte er Nadelblättling, vielleicht Wundfuß. Ja, bestimmt ist das Wundfuß, mit Wundfuß neutralisiert man Toxine, reinigt das von einem Gangrän oder einer Vergiftung verdorbene Blut.
    »Trink. Alles. Langsamer, sonst verschluckst du dich.«
    Das Medaillon an seinem Hals begann leicht zu vibrieren. Magie war also auch in dem Trank. Mit Anstrengung weitete er die Pupillen. Nun, da sie seinen Kopf anhob, konnte er sie genauer betrachten. Sie war von feingliedriger Statur. Sie trug Männerkleidung. Ihr Gesicht war klein und blass in der Dunkelheit.
    »Wo sind wir?«
    »Auf einer Lichtung von Teerbrennern.«
    In der Tat, in der Luft lag der Geruch von Holzkohle. Er hörte Stimmen, die vom Feuer herüberdrangen. Jemand warf gerade Reisig hinein, die Flamme schoss knisternd in die Höhe. Er schaute abermals hin, da es hell war. Ihre Haare wurden von einem Band aus Schlangenhaut gehalten. Die Haare ...
    Atemberaubender Schmerz in Kehle und Brustbein. Hände, krampfhaft gegen die Brust gedrückt.
    Sie hatte rote Haare, feuerrote, im Feuerschein wirkten sie zinnoberrot.
    »Tut es weh?« Sie nahm seine Gefühle wahr, missdeutete sie aber. »Einen Augenblick ...«
    Er spürte einen plötzlichen Strom von Wärme aus ihrer Hand, der sich über den Rücken ausbreitete und hinab zum Gesäß floss.
    »Wir werden dich umdrehen«, sagte sie. »Versuch es nicht selber. Du bist sehr geschwächt. He, könnte mir jemand helfen?«
    Schritte vom Feuer her, Schatten, Umrisse. Jemand beugte sich über ihn. Yurga.
    »Wie fühlt Ihr Euch, Herr? Ist Euch besser?«
    »Helft mir, ihn auf den Bauch zu drehen«, sagte die Frau. »Vorsichtig, langsam. So, ja ... Gut. Danke.«
    Er brauchte sie nicht mehr anzuschauen. Auf dem Bauch liegend, brauchte er nicht mehr zu

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