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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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ohne Gefahr durchmachen könnte?«
    »Wir glauben, dass bei einem solchen Kind keine Proben erforderlich wären.«
    »Eine Frage, Geralt. Ziemlich persönlich. Du erlaubst?«
    Er nickte.
    »Es gibt bekanntlich keine bessere Methode, Eigenschaften zu vererben, als die natürliche. Du hast die Proben durchgemacht und überlebt. Wenn dir also an einem Kind gelegen ist, das bestimmte Eigenschaften und Widerstandskräfte hat ... Warum suchst du dir keine Frau, die ... Ich bin taktlos, was? Aber anscheinend habe ich es erraten?«
    »Wie immer« – er lächelte traurig – »bist du unfehlbar in deinen Schlussfolgerungen, Calanthe. Du hast es erraten, natürlich. Das, wovon du sprichst, ist mir verwehrt.«
    »Entschuldige«, sagte sie, und das Lächeln verschwand von ihrem Gesicht. »Nun ja, das ist menschlich.«
    »Das ist nicht menschlich.«
    »Ach ... Also kann kein Hexer ...«
    »Keiner. Die Kräuterprobe, Calanthe, ist schrecklich. Und was mit den Jungen während der Umwandlungen geschieht, ist noch schlimmer. Und unumkehrbar.«
    »Werd nur nicht rührselig«, murmelte sie. »Denn das passt nicht zu dir. Egal, was mit dir gemacht worden ist. Ich sehe das Ergebnis. Für meinen Geschmack durchaus zufriedenstellend. Wenn ich Grund zu der Annahme hätte, dass Pavettas Kind eines Tages dir ähnlich würde, würde ich keinen Augenblick zögern.«
    »Das Risiko ist zu groß«, sagte er rasch. »Wie du gesagt hast. Es überleben höchstens vier von zehn.«
    »Zum Teufel, ist denn nur die Kräuterprobe riskant? Gehen nur die künftigen Hexer ein Risiko ein? Das Leben ist voller Risiken, im Leben findet auch ständig eine Auslese statt, Geralt. Ein unglücklicher Zufall, eine Krankheit, ein Krieg. Sich dem Schicksal zu widersetzen kann ebenso riskant sein, wie sich ihm anzuvertrauen. Geralt ... Ich würde dir dieses Kind geben. Aber ... Ich habe auch Angst.«
    »Ich würde das Kind nicht nehmen. Ich könnte die Verantwortung nicht auf mich nehmen. Ich wäre nicht bereit, sie dir aufzubürden. Ich möchte nicht, dass dieses Kind eines Tages an dich denkt wie ... Wie ich ...«
    »Hasst du diese Frau, Geralt?«
    »Meine Mutter? Nein, Calanthe. Ich kann mir denken, dass sie vor der Wahl stand ... Vielleicht blieb ihr keine Wahl? Nein, sie konnte wählen, du weißt ja, dass es nur einen passenden Zauberspruch oder ein Elixier braucht ... Die Wahl. Eine Wahl, die man achten muss, denn das ist das heilige und unanfechtbare Recht einer jeden Frau. Gefühle spielen da keine Rolle. Sie hatte das unanfechtbare Recht zur Entscheidung, sie hat sie getroffen. Aber ich denke, eine Begegnung mit ihr, das Gesicht, das sie jetzt machen würde ... Das würde mir eine Art perverses Vergnügen bereiten, wenn du weißt, was ich meine.«
    »Ich weiß genau, wovon du sprichst.« Sie lächelte. »Aber du wirst kaum Gelegenheit zu diesem Vergnügen haben. Ich kann dein Alter nicht schätzen, Hexer, aber ich nehme an, du bist weitaus älter, als dein Aussehen vermuten lässt. Damit muss jene Frau ...«
    »Jene Frau«, fiel er ihr kalt ins Wort, »wird gewiss weitaus jünger als ich aussehen.«
    »Eine Zauberin?«
    »Ja.«
    »Interessant. Ich dachte, Zauberinnen könnten keine ...«
    »Das dachte sie sicherlich auch.«
    »Sicherlich. Aber du hast recht, wir wollen das Recht der Frau auf die Entscheidung nicht diskutieren, denn diese Sache steht außer Diskussion. Kehren wir zu unserem Problem zurück. Du wirst das Kind nicht mitnehmen? Unwiderruflich?«
    »Unwiderruflich.«
    »Und wenn ... Wenn die Vorherbestimmung nicht durchweg ein Mythos ist? Wenn es sie wirklich gibt, ist da nicht zu befürchten, dass sie sich rächen kann?«
    »Wenn sie sich rächt, dann an mir«, sagte er ruhig. »Ich bin es, der sich ihr entgegenstellt. Du hast schließlich deinen Teil der Verpflichtung erfüllt. Wenn aber die Vorherbestimmung keine Legende ist, hätte ich unter den von dir bestimmten Kindern das richtige auswählen müssen. Ist Pavettas Kind also doch unter ihnen?«
    »Ja.« Calanthe nickte langsam. »Willst du es sehen? Willst du der Vorsehung ins Auge blicken?«
    »Nein. Ich will nicht. Ich verzichte, ich entsage. Ich entsage diesem Jungen. Ich will der Vorsehung nicht ins Auge blicken, denn ich glaube nicht an sie. Denn ich weiß, dass, um zwei Menschen zu verbinden, Vorherbestimmung allein nicht ausreicht. Es braucht etwas mehr als Vorherbestimmung. Ich spotte über die Vorsehung, ich werde ihr nicht folgen wie ein Blinder, den man an der Hand führt, der

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