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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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mach keinen Fehler, Geralt. Zwischen dir und mir ist überhaupt nichts mehr. Nichts, verstehst du? Und sei froh drüber, denn das bedeutet, dass ich gewisse Pläne aufgegeben habe, die ich noch unlängst in Bezug auf dich hegte. Aber das bedeutet keineswegs, dass ich dir verziehen hätte. Ich werde dir niemals verzeihen, Hexer. Niemals.«
    Sie drehte sich abrupt um, packte den Holzzuber, dass das Wasser herausspritzte, und verschwand hinter dem Wagen.
    Geralt verscheuchte eine an seinem Ohr summende Mücke, ging langsam auf das Lagerfeuer zu, wo Rittersporns Vortrag gerade mit spärlichem Beifall belohnt wurde. Er schaute auf den tiefblauen Himmel über der schwarzen Zackenreihe der Gipfel. Er hatte Lust zu lachen. Er wusste nicht, warum.

VI
    »Vorsichtig da! Obacht!«, rief Boholt und wandte sich auf dem Bock nach hinten um, der Kolonne zu. »Näher an die Felsen! Gebt Obacht!«
    Die Wagen holperten hintereinander über die Steine. Die Kutscher fluchten, schlugen die Pferde mit den Zügeln, beugten sich hinunter, äugten unruhig, ob die Räder noch weit genug vom Rande der Schlucht entfernt waren, an der die schmale, unebene Straße entlanglief. Unten im Abgrund brodelte mit weißem Schaum zwischen den Felsbrocken der Fluss Braa.
    Geralt zügelte das Pferd, drängte sich an die Felswand, die mit spärlichem braunen Moos und mit weißem Ausschlag bedeckt war, der wie Flechten aussah. Er ließ sich vom Packwagen der Haudegen überholen. Von der Spitze der Kolonne kam der Häcksler herangaloppiert, der zusammen mit den Kundschaftern aus Barfeld den Zug anführte.
    »In Ordnung!«, rief er. »Macht hin! Weiter vorn wird’s breiter!«
    König Niedamir und Gyllenstiern, beide zu Pferde, schlossen mit einigen berittenen Bogenschützen zu Geralt auf. Hinter ihnen rumpelten die Wagen des königlichen Lagers. Noch weiter hinten folgte der Wagen der Zwerge, von Yarpen Zigrin gelenkt, der unaufhörlich schimpfte.
    Niedamir, ein dürres und sommersprossiges Bürschchen in einem weißen Pelzmäntelchen, ritt am Hexer vorbei und ließ den geduldigen, aber sichtlich gelangweilten Blick über ihn gleiten. Gyllenstiern richtete sich auf, zügelte das Pferd.
    »Auf ein Wort, Herr Hexer«, sagte er gebieterisch.
    »Ich höre.« Geralt gab der Stute ein paar Püffe mit den Fersen, drängte sie langsam an die Seite des Kanzlers, hinter dem Wagen. Er wunderte sich, dass Gyllenstiern im Besitz eines derart imposanten Bauches lieber ritt, anstatt hübsch auf dem Wagen zu fahren.
    »Gestern« – Gyllenstiern zog leicht die mit goldenen Nieten besetzten Zügel an, schob den türkisfarbenen Mantel vom Oberarm zurück – »gestern habt Ihr gesagt, dass Euch der Drache nicht interessiert. Was interessiert Euch dann, Herr Hexer? Wozu reitet Ihr mit uns?«
    »Dies ist ein freies Land, Herr Kanzler.«
    »Gewiss. Aber bei diesem Zug, Herr Geralt, muss jeder wissen, wohin er gehört. Und die Rolle kennen, die er nach dem Willen König Niedamirs zu spielen hat. Versteht Ihr das?«
    »Worauf wollt Ihr hinaus, Herr Gyllenstiern?«
    »Ich will es Euch sagen. Ich habe gehört, dass in letzter Zeit schwer mit euch Hexern ins Reine zu kommen ist. Die Sache ist die, dass allzu oft, wenn man einem Hexer ein Ungeheuer weist, damit er es umbringt, der Hexer, statt das Schwert zu nehmen und dreinzuhauen, zu meditieren anfängt, ob sich das denn auch gehört, ob das nicht die Grenzen des Möglichen übersteigt, ob es nicht der Regel zuwiderläuft und ob denn das Ungeheuer tatsächlich ein Ungeheuer sei, als ob man das nicht auf den ersten Blick sähe. Mir scheint, es geht euch einfach zu gut. Zu meiner Zeit stanken die Hexer nicht nach Hochmut, sondern ausschließlich nach Fußlappen. Sie räsonierten nicht und hauten zusammen, was man ihnen auftrug, es war ihnen gleich, ob es nun ein Werwolf, ein Drache oder ein Steuereinnehmer war. Was zählte, war, ob er gut kleingehauen war. Was, Geralt?«
    »Habt Ihr einen Auftrag für mich, Gyllenstiern?«, fragte der Hexer trocken. »Dann sagt, worum es geht. Wir werden sehen. Und wenn Ihr keinen habt, dann ist es doch schade, sich den Mund fusselig zu reden, nicht wahr?«
    »Einen Auftrag?«, seufzte der Kanzler. »Nein, hab ich nicht. Hier geht es um einen Drachen, und das geht eindeutig über die Grenzen deiner Möglichkeiten, Hexer. Da sind mir die Haudegen schon lieber. Dir möchte ich nur einen Rat geben. Eine Warnung. Die Hexerflausen, wonach Ungeheuer in gute und böse zu unterscheiden sind, können ich und

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