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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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passiert und du keine Vernunft zeigst, beschützen werde.«
    »Nur keine Angst.« Er lächelte. »Wir, dass heißt die Hexer und die willenlosen Golems, handeln immer vernünftig. Schließlich sind die Grenzen des Möglichen, zwischen denen wir uns bewegen können, eindeutig und deutlich abgesteckt.«
    »Na, sieh einer an.« Yennefer schaute ihn an, noch immer blass. »Du bist beleidigt wie ein Fräulein, dem man Mangel an Tugend vorwirft. Du bist Hexer, daran kannst du nichts ändern. Deine Berufung ...«
    »Hör auf mit dieser Berufung, Yen, mir wird allmählich schon übel.«
    »Nenn mich nicht so, hab ich dir gesagt. Und deine Übelkeit kümmert mich wenig. Wie auch die übrigen Reaktionen aus dem beschränkten Reaktionsvorrat eines Hexers.«
    »Trotzdem wirst du einige davon erleben, wenn du nicht aufhörst, mich mit dem Gerede von höherer Bestimmung und dem Kampf ums Wohl der Menschen zu bedenken. Und von den Drachen als schrecklichen Feinden des Menschengeschlechts. Ich weiß es besser.«
    »So?« Die Zauberin blinzelte. »Und was weißt du denn, Hexer?«
    »Beispielsweise« – Geralt ignorierte das heftige warnende Zucken des Medaillons an seinem Hals –, »dass, wenn die Drachen keine Schätze hätten, sich kein Schwein für sie interessieren würde, und erst recht kein Zauberer. Eigenartig, dass bei jeder Drachenjagd irgendein Zauberer dabei ist, der enge Beziehungen zur Juweliersgilde hat. So wie du. Und obwohl anschließend eine Flut von Steinen auf den Markt strömen müsste, kommt es irgendwie nicht dazu, und die Preise sinken nicht. Erzähl mir also nichts von Berufung und vom Kampf ums Überleben der menschlichen Rasse. Dazu kenne ich dich zu gut und zu lange.«
    »Zu lange«, wiederholte sie, den Mund böse verzogen. »Leider. Aber denk bloß nicht, dass du mich gut kennst, du Hundesohn. Verdammt, wie dumm ich war ... Ach, geh zum Teufel! Ich kann dich nicht mehr sehen!«
    Sie gab dem Rappen mit einem Schrei die Sporen, galoppierte scharf nach vorn. Der Hexer hielt sein Reitpferd an und ließ den Wagen der Zwerge vorbei, die brüllten, fluchten, auf Knochenpfeifen pfiffen. Zwischen ihnen lag auf Hafersäcken ausgestreckt Rittersporn und klimperte auf der Laute.
    »He!«, schrie Yarpen Zigrin, der auf dem Bock saß, und zeigte auf Yennefer. »Was ist das Schwarze da auf dem Weg? Was ist es wohl? Sieht aus wie ’ne Stute!«
    »Ohne Zweifel!«, erwiderte Rittersporn und schob sich das pflaumenblaue Hütchen auf den Hinterkopf. »Es ist eine Stute! Und reitet auf einem Wallach! Unglaublich!«
    Yarpens Jungs ließen in vielstimmig dröhnendem Gelächter die Bärte wackeln. Yennefer tat, als hörte sie nichts.
    Geralt hielt weiter sein Pferd zurück, ließ Niedamirs berittene Bogenschützen vorbei. In einigem Abstand hinter ihnen kam langsam Borch geritten, und hinter ihm die Serrikanerinnen, die die Nachhut der Kolonne bildeten. Geralt wartete, bis sie heran waren, und lenkte die Stute neben Borchs Pferd. Schweigend ritten sie nebeneinander her.
    »Hexer«, ließ sich Drei Dohlen plötzlich vernehmen. »Ich will dir eine Frage stellen.«
    »Stell sie.«
    »Warum kehrst du nicht um?«
    Der Hexer schaute ihn einen Augenblick lang schweigend an. »Willst du es wirklich wissen?«
    »Will ich«, sagte Drei Dohlen und wandte ihm das Gesicht zu.
    »Ich reite hier mit, weil ich ein Golem ohne eigenen Willen bin. Weil ich ein Büschel Werg bin, das der Wind die Straße entlangtreibt. Sag mir, wohin soll ich reiten? Und wozu? Hier sind wenigstens Leute beisammen, mit denen ich reden kann. Die nicht das Gespräch unterbrechen, wenn ich hinzutrete. Die sogar dann, wenn sie mich nicht leiden können, es mir ins Gesicht sagen, statt aus dem Hinterhalt Steine zu werfen. Ich reite mit ihnen aus demselben Grunde, aus dem ich mit dir in die Flößer-Herberge geritten bin. Weil mir alles egal ist. Ich habe keinen Ort, dem ich zustreben könnte. Ich habe kein Ziel, das sich am Ende des Weges befinden müsste.«
    Drei Dohlen räusperte sich. »Ein Ziel, das am Ende des Weges liegt. Das hat jeder. Sogar du, obwohl es dir scheint, dass du so verschieden seist.«
    »Jetzt werde ich dir eine Frage stellen.«
    »Stell sie.«
    »Hast du ein Ziel, das am Ende des Weges liegt?«
    »Ja.«
    »Glückspilz.«
    »Das ist keine Frage des Glücks, Geralt. Es hängt davon ab, woran du glaubst und welcher Sache du dich widmest. Das sollte niemand besser wissen als ... als ein Hexer.«
    »Heute höre ich andauernd was von Berufung«,

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