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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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der Hand, die Finger ausgestreckt, schrie etwas Unverständliches. Die Steine, die auf die plötzlich über ihren Köpfen entstandene bläuliche Sphäre trafen, verschwanden wie Wassertropfen auf einem glühenden Blech.
    »Auf die Brücke, Geralt!«, rief die Zauberin. »Bleib in meiner Nähe!«
    Sie liefen, holten Dorregaray und ein paar rennende Bogenschützen ein. Die Brücke wogte und krachte, die Balken bogen sich nach allen Seiten und warfen sie zwischen den Geländern hin und her.
    »Schneller!«
    Plötzlich senkte sich mit durchdringendem Krachen die Brücke, die Hälfte, die sie schon hinter sich gebracht hatten, stürzte donnernd in den Abgrund, zusammen mit dem Wagen der Zwerge, der unter dem wahnsinnigen Wiehern der Pferde an den Felsvorsprüngen zerschellte. Der Teil, auf dem sie sich befanden, hielt, doch plötzlich kam Geralt zu Bewusstsein, dass sie jetzt eine rasch immer steiler werdende Schräge hinaufliefen. Yennefer stieß schwer atmend einen Fluch aus.
    »Hinlegen, Yen! Festhalten!«
    Der Rest der Brücke knarrte laut, krachte und sackte ab. Sie warfen sich hin, die Finger in die Ritzen zwischen den Balken gekrallt. Yennefer fand keinen Halt. Sie kreischte auf und rutschte hinab. Mit einer Hand festgeklammert, zog Geralt das Stilett, hieb die Klinge zwischen zwei Balken, packte mit beiden Händen den Griff. Seine Ellenbogengelenke knirschten, als Yennefer Riemen und Scheide des auf seinem Rücken hängenden Schwertes zu fassen bekam und sich daran festhielt. Die Brücke knarrte abermals und senkte sich noch weiter, fast lotrecht.
    »Yen«, presste der Hexer hervor. »Mach was ... Verdammt, einen Zauberspruch!«
    »Wie denn?«, hörte er sie wütend knurren. »Ich hänge doch!«
    »Mach eine Hand frei!«
    »Ich kann nicht ...«
    »He!«, schrie von oben her Rittersporn. »Könnt ihr euch halten? He!«
    Geralt hielt es nicht für angebracht, das zu bejahen.
    »Ein Seil her!«, verlangte Rittersporn. »Schnell, verdammich!«
    Neben dem Troubadour erschienen die Haudegen, die Zwerge und Gyllenstiern. Geralt hörte Boholt leise sagen: »Wart ab, Sänger. Gleich fällt sie runter. Dann ziehen wir den Hexer rauf.«
    Yennefer zischte wie eine Schlange und wand sich auf den Schultern des Hexers. Der Riemen schnitt ihm schmerzhaft in die Brust.
    »Yen? Kannst du einen Halt finden? Mit den Füßen? Kannst du was mit den Füßen machen?«
    »Ja«, stöhnte sie. »Zappeln.«
    Geralt schaute hinab zu dem Fluss, der inmitten scharfer Felsen brodelte, gegen die es ein paar herumwirbelnde Brückenbalken, ein Pferd und einen Leichnam in den grellen Farben Caingorns geschleudert hatte. Jenseits der Felsen bemerkte er im smaragdgrünen, klaren Wasser die Körper großer Forellen, die träge durch die Strömung glitten.
    »Hältst du dich, Yen?«
    »Ja ... noch ...«
    »Zieh dich hoch. Du musst einen Halt zu fassen kriegen ...«
    »Ich ... kann nicht ...«
    »Ein Seil her!«, brüllte Rittersporn. »Seid ihr denn ganz verblödet? Sie werden beide fallen!«
    »Ist vielleicht auch besser so?«, gab der unsichtbare Gyllenstiern zu bedenken.
    Die Brücke knarrte und senkte sich noch weiter. Geralt begann das Gefühl in den Fingern zu verlieren, die den Griff des Stiletts umklammerten.
    »Yen ...«
    »Sei still ... und hör auf zu nerven ...«
    »Yen?«
    »Red nicht so mit mir ...«
    »Hältst du’s noch aus?«
    »Nein«, sagte sie kalt. Sie kämpfte nicht mehr, hing ihm als tote, kraftlose Last an den Schultern.
    »Yen?«
    »Sei still.«
    »Yen. Verzeih mir.«
    »Nein. Niemals.«
    Etwas kam über die Balken nach unten gekrochen. Schnell. Wie eine Schlange.
    Ein Seil, das kaltes Licht ausstrahlte, sich bog und wand wie lebendig, glitt mit dem beweglichen Ende über Geralts Nacken, unter den Achseln hindurch, schlang sich zu einem lockeren Knoten. Die Zauberin unter ihm stöhnte, holte geräuschvoll Luft. Er war sicher, dass sie zu schluchzen beginnen würde. Er irrte sich.
    »Achtung!«, rief von oben her Rittersporn. »Wir ziehen euch hoch! Neuntöter! Kennet! Hoch mit ihnen! Zieht!«
    Ein Ruck, der schmerzhafte, einschnürende Druck des straff gespannten Seils. Yennefer seufzte laut auf. Sie glitten aufwärts, rasch, mit den Bäuchen über die rauen Planken scheuernd.
    Oben stand Yennefer als Erste auf.

VII
    »Vom ganzen Tross«, sagte Gyllenstiern, »ist ein Wagen übriggeblieben, König, nicht gerechnet den Wagen der Haudegen. Von der Truppe sind sieben Bogenschützen übrig. Auf der anderen Seite der Schlucht

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